Peter Lehmann

Schöne neue Psychiatrie (E-Books)

Pfeil Band 2: Wie Psychopharmaka den Körper verändern

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Über die beiden Bände

Aus zwei in sich abgeschlossenen Bänden (E-Books) bestehendes Werk, das die Gefahren aller im Jahr 1996 auf dem deutschsprachigen Markt befindlichen Psychopharmaka schonungslos und und auch für Nichtmediziner leicht verstehbar offenlegt. Mit Ratschlägen zum verantwortungsbewussten Absetzen. Originalausgabe 1996. (Neuere Antidepressiva und Neuroleptika finden Sie in dem Buch »Neue Antidepressiva, atypische Neuroleptika – Risiken, Placebo-Effekte, Niedrigdosierung und Alternativen. Mit einem Exkurs zur Wiederkehr des Elektroschocks« von Peter Lehmann, Volkmar Aderhold, Marc Rufer & Josef Zehentbauer. Moderne Varianten des Elektroschocks finden Sie in dem Buch »Der moderne Elektroschock. Wirkungsweise, Risiken, Schäden und Alternativen« von Peter Lehmann.)

Verlagsinfo

Wer Klarheit über die Risiken will, die mit der Verabreichung von psychiatrischen Psychopharmaka und von Elektroschocks verbunden sind, muss sich mit deren Wirkungsweise und Auswirkungen auseinandersetzen, erst recht, wenn ärztlicherseits das Interesse an einer umfassenden Aufklärung zu wünschen übrig lässt. Das Buch kann angesichts der Inhalte zugegebenermaßen keine leichte Lektüre sein. Umfassende und eindeutige Informationen, die in dieser Form den sogenannten Laien von den Ärzten und Psychiatern nach wie vor vorenthalten werden, sollen das psychiatrische Dilemma ("Schöne neue Psychiatrie") beim Namen nennen und dazu beitragen, das kritische Potenzial der Betroffenen und ihnen nahestehender Personen weiterhin zu schüren. Sie können so – sofern sie überhaupt die Chance haben – selbst wählen und sich eigenständig für oder gegen Psychopharmaka und Elektroschocks entscheiden. Ist bereits ein Schaden eingetreten, soll der Nachweis erleichtert werden, dass der Schaden auf die Behandlung zurückzuführen ist.

Tranquilizer (Lexotanil, Valium usw.), Lithium, Antidepressiva (Insidon, Saroten usw.), Neuroleptika (Haldol, Imap usw.), Phasenprophylaktika / Stimmungsstabilisatoren (Lithium, Tegretal, Timonil usw.) und Psychostimulanzien (Ritalin usw.) werden in wachsendem Ausmaß nicht nur in der Psychiatrie eingesetzt, sondern auch in der Allgemein- und Kindermedizin. Der Trend geht seit 1985 kontinuierlich weg von Tranquilizern und hin zu Antidepressiva und Neuroleptika.

1996 werden in Deutschland im Durchschnitt 70% aller Psychopharmaka an Frauen verschrieben, mit steigendem Alter in zunehmender Tendenz. Jede siebte Psychopille wird von Kindern unter zwölf Jahren geschluckt. 15% aller Kinder und Jugendlichen und 25% aller Erwachsenen gelten als psychisch gestört und kommen als potenzielle Konsumentinnen und Konsumenten in Frage. Es ist davon auszugehen, dass die Situation in der Schweiz und in Österreich nicht wesentlich anders ist.

Die Betroffenen werden in aller Regel nicht über die wahrscheinlichen, die möglichen und die nicht auszuschließenden Risiken aufgeklärt. Sie wissen nicht, dass manche Substanzen in bestimmten Ländern vom Markt genommen wurden, in anderen jedoch ohne Einschränkung verkauft werden: z. B. Penfluridol (Semap) wegen Krebsverdacht, Remoxiprid (Roxiam) wegen Blutbildschäden, Triazolam (Halcion) wegen Amnesien und Blackout-Handlungen.

Vorwort zur Neuausgabe als E-Book (2017)

Seit der Originalausgabe des Buches 1996 hat sich einiges geändert. Manche Psychopharmaka sind vom Markt genommen worden, neue kamen hinzu. Der Elektroschock wird zunehmend verabreicht. Nicht geändert hat sich der Anstieg der Verordnungszahlen von Antidepressiva und Neuroleptika, insbesondere der neuen, patentgeschützten, gewinnbringenden und deshalb massiv beworbenen Substanzen. Einige dieser Antidepressiva und Neuroleptika wurden schon 1996 oder zuvor eingeführt, sind also in diesem Buch enthalten. Bei den Neuroleptika sind dies Amisulprid, Clozapin, Risperidon und Sulpirid, bei den Antidepressiva Citalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Mirtazapin, Paroxetin, Sertralin und Venlafaxin.

Nach 1996 auf den Markt gekommene bzw. als neu geltende Substanzen finden Sie in dem Buch »Neue Antidepressiva, atypische Neuroleptika – Risiken, Placebo-Effekte, Niedrigdosierung und Alternativen« von Peter Lehmann, Volkmar Aderhold, Marc Rufer und Josef Zehentbauer.

Geändert hat sich auch die Rechtslage zumindest in Deutschland. Gemäß BGB § 1901a (Patientenverfügungsgesetz) können auch Menschen mit psychiatrischen Diagnosen einigermaßen rechtswirksam verfügen, wie sie zukünftig behandelt oder nicht behandelt werden wollen. Es ist ratsamer denn je, eine Psychosoziale Patientenverfügung zu verfassen (Lehmann, 2015).

Und es ist eine Bewegung entstanden zur kompetenten Begleitung beim Absetzen von Antidepressiva und Neuroleptika. Den aktuellen Stand der Entwicklung und Angebote zur Unterstützung beim Absetzen finden Sie im Internet unter www.absetzen.info.

Mittlerweile sind die Ausführungen in »Schöne neue Psychiatrie« zur verminderten Lebenserwartung psychiatrischer Patientinnen und Patienten vielfältig bestätigt worden. Fachintern diskutieren Psychiater, die ihre Augen nicht komplett vor der Wirklichkeit verschließen, in Deutschland (siehe Hoffmann, 2007; Aderhold, 2007) und international über die Ursachen der ca. zwei bis drei Jahrzehnte verminderten Lebenserwartung. 2006 wies beispielsweise Joe Parks, Vorsitzender des Beirats der Ärztlichen Leiter der US-amerikanischen National Association of State Mental Health Program Directors, auf die große Zahl früh sterbender Patientinnen und Patienten »mit schwerer psychischer Erkrankung« hin. Der Psychiater warnte:

»Es ist seit Jahren bekannt, dass Menschen mit schwerer psychischer Erkrankung früher sterben als die Durchschnittsbevölkerung. Allerdings zeigen jüngste Ergebnisse, dass sich die Rate für Anfälligkeiten (Krankheit) und Sterblichkeit (Tod) in diesem Personenkreis beschleunigt hat. Tatsächlich sterben Menschen mit schwerer psychischer Erkrankung nunmehr 25 Jahre früher als die Durchschnittsbevölkerung.« (Parks, 2006)

Gemeinsam mit Kollegen wies Parks auf den Zusammenhang des frühen Todes mit den Neuroleptika der neuen Generation hin:

»Allerdings sind mit zunehmender Zeit und Erfahrung die antipsychotischen Medikamente der zweiten Generation stärker mit Gewichtszunahme, Diabetes, Dyslipidemie (Fettstoffwechselstörung), Insulinresistenz und dem metabolischen Syndrom (Komplex aus Übergewicht, Störungen des Fettstoffwechsels, Bluthochdruck und Insulinresistenz) in Verbindung gebracht worden, die Überlegenheit des klinischen Ansprechverhaltens (außer für Clozapin) wurde bezweifelt. Andere psychotrope Medikationen, die ebenfalls mit Gewichtszunahme verbunden sind, können ebenso Anlass zur Sorge geben.« (Parks et al., 2006, S. 6)

Die steigenden Verordnungszahlen zeugen nicht gerade von großer Sorge unter Psychiatern.

Quellen im Buch

Über den Autor

Peter LehmannPeter Lehmann, Dr. phil. h.c., Dipl.-Pädagoge, heute selbstständiger Autor und Verleger in Berlin. 1991 Mitbegründer und bis 2010 langjähriges Vorstandsmitglied des Europäischen Netzwerks von Psychiatriebetroffenen (ENUSP). Seit 2020 Partner des International Institute for Withdrawal of Psychiatric Drugs (Internationales Institut zum Absetzen von Psychopharmaka). Seit 2022 Mitglied im Fachausschuss Psychopharmaka der Deutschen Gesellschaft für soziale Psychiatrie (DGSP). 2010 Verleihung der Ehrendoktorwürde in Anerkennung des »außerordentlichen wissenschaftlichen und humanitären Beitrags für die Durchsetzung der Rechte Psychiatriebetroffener« durch die Aristoteles-Universität Thessaloniki. 2011 Verleihung des Bundesverdienstkreuzes. Weitere Buchpublikationen: Psychopharmaka reduzieren und absetzen – Praxiskonzepte für Fachkräfte, Betroffene, Angehörige (2023, hg. gemeinsam mit Craig Newnes); Neue Antidepressiva, atypische Neuroleptika – Risiken, Placebo-Effekte, Niedrigdosierung und Alternativen. Mit einem Exkurs zur Wiederkehr des Elektroschocks (2017, gemeinsam mit Volkmar Aderhold, Marc Rufer und Josef Zehentbauer, E-Book 2023); Statt Psychiatrie 2 (2007, hg. gemeinsam mit Peter Stastny, E-Book 2022); Psychopharmaka absetzen – Erfolgreiches Absetzen von Neuroleptika, Antidepressiva, Phasenprophylaktika, Ritalin und Tranquilizern (1998; 5. Aufl. 2019, E-Book 2023); Der chemische Knebel – Warum Psychiater Neuroleptika verabreichen (1986; 6. Aufl. 2010; E-Book 2022) u.v.m. Mehr über Peter Lehmann