Susanne Spieker Bedarf oder Bedürfnis?! Alternative (zur) Psychiatrie. PDF E-BookPDF E-Book, fixes Layout, 908 KB, 191 Seiten, ISBN 978-3-925931-67-3. Berlin / Lancaster: Peter Lehmann Antipsychiatrieverlag, Neuausgabe 2022 (auf Grundlage der vollständig überarbeiteten Ausgabe von 2004). € 9.99 / Preis in sFr / nur beim Antipsychiatrieverlag erhältlich / sofort lieferbarÜber die Autorin | Inhaltsverzeichnis | Vorwort | Leseprobe | Home Über das BuchAlternative Kriseneinrichtungen, Behandlungsvereinbarungen, Nutzerkontrolle, Psychiatriereform, Qualitätsbeurteilung, Qualitätssicherung, Psychiatrisches Testament, Psychoseseminare, Weglaufhäuser, Soteria ..... Alles, was in der gegenwärtigen Psychiatriediskussion eine Rolle spielt, wird von der Sozialwissenschaftlerin Susanne Spieker überschaubar dargestellt, ausgerichtet an den Interessen von Psychiatriebetroffenen. Mit Peter Lehmanns Grußwort zum Festakt »25 Jahre Psychiatrie-Enquete Bilanz und Perspektiven der Psychiatrie-Reform« und Dorothea Bucks Grußwort zur 12. Jahrestagung des BPE 2003. »Bedarf oder Bedürfnis?! Alternative (zur) Psychiatrie« erschien 2000 in erster Auflage im Antipsychiatrieverlag (ISBN 3-925931-17-1). 2004 folgte eine vollständig überarbeitete Neuausgabe (ISBN 978-3-925931-32-1), erweitert um die beiden Grußworte von Peter Lehmann und Dorothea Buck. AutorinGeboren 1959, Dipl.-Kauffrau und Dipl.-Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin (FH), arbeitet seit fast 20 Jahren in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie eines Krankenhauses. Lebt in einem Dorf in der Lüneburger Heide (Stand: 2016). InhaltsverzeichnisProlog1. Wie es begann
2. Umgang mit Betroffenen oder »Alternative wozu?«
3. Qualität psychiatrischer Versorgung
4. Bedarf oder Bedürfnis?!
5. Alternative (zur) Psychiatrie
6. Statt einer Schlussbemerkung Anhang
Literatur PrologEin entscheidender Motor für diese Arbeit war die zweijährige Zusammenarbeit mit Psychiatrie-Erfahrenen im »Psychose-Seminar Lüneburg«. Das Psychose-Seminar ist ein regelmäßiges Treffen von Psychiatrie-Erfahrenen, Angehörigen und anderen interessierten Menschen. »Ein Ort, wo ich reden kann, wie es mir ums Herz geht ohne, dass ich gleich Tabletten bekomme, oder eine Information an das LKH geht.« (Aussage einer Psychiatrie-Erfahrenen, Protokoll vom 25.8.95) (Als Teilnehmerin/Moderatorin und häufige Protokollschreiberin, erlaube ich mir, Auszüge aus den Protokollen in dieser Arbeit zu verwenden.) In den zwei Jahren hat sich meine Rolle von einer außenstehenden Beobachterin zu einer spezifischen Teilnehmerin, die weder Betroffene, noch Helferin, noch unbeteiligtes Subjekt ist, gewandelt. Auf meine Frage, welche Rolle ich ihrer Meinung nach im Psychose-Seminar einnehme, antwortete eine Betroffene scherzhaft: »Eine Allzweckrolle! Du machst und tust, organisierst, moderierst, hältst alles zusammen, bist da, wenn Du gebraucht wirst. Mich trennt nichts von Dir.« Die Betroffenen im Seminar und ich waren in einem Wechselspiel unserer Rollen der Forschenden und Mitforschenden (vgl. Holzkamp, 1996, S. 77). Ich erfuhr viel über psychisches Leid, begab mich auf die Suche nach Antworten auf verschiedenste Fragen. Grundsatz war hierbei immer die subjektive Sichtweise vom Standpunkt und aus der Perspektive der Betroffenen. Der Standort, von welchem aus ich diese subjektive Sicht in diese Arbeit habe einfließen lassen, ist nicht der einer wissenschaftlichen, vermeintlich objektiven, Außenansicht. Auch wenn ich keine Betroffene bin und somit nicht deren subjektive Sichtweise einnehmen kann, wage ich den Versuch, mich in die Situation einer Betroffenen hineinzuversetzen. Eigentlich brauche ich hierfür nur zu schauen, wie es mir gehen würde, wenn andere so mit mir umgingen, wie es viele Betroffene erfahren haben. Anstatt in eine Außenansicht, begebe ich mich in eine Innenansicht. Mein Ziel ist es, den Stimmen Psychiatrie-Betroffener möglichst viel Raum zu geben. Insofern ist diese Arbeit eine parteiliche und keine objektive. Ausgangspunkt ist für mich die Betroffene mit ihren subjektiven Erfahrungen und Handlungsgründen. Aus diesem Grund enthalte ich mich oftmalig jedweden Kommentares. Ich maße es mir nicht an, Erfahrungen, Wünsche und Hoffnungen mit einem unnötigen Nachwort zu versehen. Nach meinem Empfinden sprechen viele Aussagen der verschiedenen Autorinnen für sich selbst. Eine Wertung oder Einschätzung hielt ich häufig für nicht angebracht. Die Parteilichkeit dieser Arbeit ist Resultat vieler Gespräche und mit viel Gefühl verbundenen Erlebnissen mit Psychiatrie-Erfahrenen. Eigene Erfahrungen und meine Antipathie gegenüber folgende Mitmenschen mögen auch eine Rolle dabei spielen: »Und wer kennt sie nicht die aufgeklärten Mitmenschen, die von Minderheitenschutz und Wir-sind-alle-normal reden und den psychisch Kranken, der daneben steht, dadurch verunsichern, dass sie ihm nicht in die Augen schauen, dass sie ihm ins Wort fallen oder über ihn hinwegreden; die ihn auf diese Art spüren lassen, wer hier eigentlich tausendmal überlegen ist und wer dankbar sein darf, neben einem so liberalen und spezialdemokratischen Bürger stehen zu dürfen.« (Bongartz / Goeb, 1981, S. 132) Mit dieser Arbeit verfolge ich auch ein persönliches Interesse. Ich will mich mit dem Phänomen »Psychiatrie« auseinandersetzen. Überlegungen um eine Alternative (zur) Psychiatrie kann ich erst beginnen, wenn ich weiß, wozu ich eine Alternative suche. Deshalb stellen sich im Kapitel »Alternative wozu?« folgende Fragen: Wie geht Psychiatrie mit Betroffenen um? Wie wird sie von Betroffenen erlebt? Welchen Zweck hat Psychiatrie? Wie ist sie organisiert? Birgt sie Gefahren in sich? Wie psychiatrische Psychopharmaka auf Körper und Seele wirken, warum sie auch »chemische Zwangsjacke« genannt werden, sind weitere Fragen. Auch das Kapitel zur »Qualität psychiatrischer Versorgung« hat seinen Hauptaugenmerk auf den Zustand der Psychiatrie. Die Psychiatrie- Reform ließ Änderungen der »elenden und menschenunwürdigen Zustände« erhoffen. Reformprozesse haben sich aber nicht zugunsten Psychiatrie- Betroffener entwickelt. Dies zeigt die Qualitätsbeurteilung der Psychiatrie durch Betroffene. Grundsätzliche Überlegungen zu Bedürfnissen eröffnen das Kapitel »Bedarf oder Bedürfnis«. Der Versuch einer Klärung des Verhältnisses zwischen den Bezeichnungen, wird durch einen Abstecher in den wirtschaftswissenschaftlichen Bereich unterstützt. Inwieweit die psychosoziale Versorgung sich an den Bedürfnissen Psychiatrie-Erfahrener orientiert, wird im nächsten Abschnitt des Kapitels diskutiert. »Bedürfnisorientierte Institutionen«, geschmiedet in den Händen von Profis, erheben nur allzu gern den Anspruch dem »objektiv erhobenem Bedarf« Psychiatrie-Betroffener zu entsprechen. Aber wer sagt denn, dass dieser Bedarf, der mir eher gemutmaßt zu sein scheint bzw. sich auf statistische Erhebungen begründet, auch den Bedürfnissen der Betroffenen entspricht? Wer hat denn schon Betroffenen selber die Frage gestellt: Was brauchst, wünschst, willst Du? Im Weiteren werden genau diese Forderungen und Wünsche Psychiatrie-Erfahrener benannt. In der Debatte um die Nutzerinnenkontrolle werden Möglichkeiten diskutiert, wie Psychiatrie-Betroffene unterschiedliche Behandlungsformen oder Institutionen hinsichtlich ihrer Nützlichkeit und der Befriedigung ihrer Bedürfnisse überprüfen können. Alternativen zur Psychiatrie, vom ersten Ansatz durch die »therapeutische Gemeinschaft« über die Entgegnung der Betroffenenbewegung zu Beispielen alternativer Ansätze schließen diese Arbeit ab. |