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des Antipsychiatrieverlags
Erklärung zur
PSYCHEX-Pressekonferenz
vom 7. Juni 1990. Korrigierte Fassung vom 18. Juli 2024 /
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Peter
Lehmann
Für ein Recht auf psychopharmakafreie Hilfe
Zwangspsychiatrisierung ist nicht der Zwang des Menschen zu seinem Glück, sondern in der Regel das Einsperren, das mit der Verabreichung neurotoxischer Psychodrogen einhergeht: In totalitären Staaten werden diese psychiatrischen Psychopharmaka zur Folter benutzt, in der Tiermedizin unter anderem zur Beruhigung von Schweinen auf Transporten; in der Psychiatrie sollen dieselben, stereotyp verabreichten und als »antipsychotische Medikamente« bezeichneten synthetischen Substanzen zur Heilbehandlung sogenannter Schizophrener und anderer solcherart Psychotiker dienen.
Zwangspsychiatrie heißt ohne informierte Zustimmung vollzogene
Verabreichung von Psychodrogen, von denen bekannt ist, dass sie
zu schweren körperlichen, geistigen und psychischen Schäden
führen können: unter anderem zu Leberschäden, zu
Geschwulstbildungen in den Brustdrüsen, zur Störung
des Hormonapparates (somit zu Impotenz, Sterilität und Ausbleiben
der Menstruation), zu Chromosomenschäden (somit zu Missbildungen,
wie sie auch Contergan [Wirkstoff Thalidomid] herbeiführt),
zum Abbau der geistigen Fähigkeiten, zu emotionaler Vereisung,
Apathie und Verzweiflung (bis hin zur Selbsttötung) sowie
insbesondere zu neurologischen Schäden wie Parkinsonoid und
bleibenden Nervenzellveränderungen, die eine erhöhte
Psychose-Anfälligkeit bewirken.
Ein Verbot der Zwangsbehandlung, wie es im medizinischen Bereich selbstverständlich ist, ist für die Psychiatrie überfällig. Ein möglicher Schritt auf dem Weg zum Schutz vor Zwangsbehandlung einem Schutz, der die Zwangspsychiatrie historisch überwinden könnte ist neben der Schaffung nicht-psychiatrischer Alternativen die rechtliche Sicherstellung des (in Westberlin seit zwei Jahren erfolgreich angewendeten) Psychiatrischen Testaments. Diese juristische Maßnahme beruht auf einem Vorschlag von Walter Block, den der US-amerikanische Psychiater Thomas S. Szasz publik machte: Per Vorausverfügung können Menschen wie Sie und ich jetzt im Zustand der nicht-angezweifelten Normalität festlegen, wie Sie später behandelt oder nicht-behandelt werden wollen, sollten andere sie als behandlungsbedürftig in die Anstalt verbringen. Vor psychiatrischer Zwangsbehandlung können wir uns schützen, wie wir uns auch vor AIDS schützen können: rechtzeitig, solange es noch nicht zu spät ist.
Ich würde mich freuen, wenn sich noch mehr Menschen für die Befreiung der wehrlosen Zwangsinternierten und Zwangsbehandelten einsetzen würden aus humanitären Gründen und um den für einen Staat mit demokratischem Anspruch zweifelhaften rechtsfreien Raum der Psychiatrie abzuschaffen.