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(Unter Streichung des Kapitels »Moderne Sozialpsychiatrie« publizierter, nachträglich erweiterter und zuletzt am 5.12.2021 aktualisierter) Artikel in: Psychologie und Gesellschaftskritik, 18. Jg. (1992), Nr. 62, Heft 2 (»Euthanasie + Modernisierung 1939 bis 1945«), S. 69-79. English translation

Peter Lehmann (nicht verwandt mit J. F. Lehmann)

Fortgeschrittene Psychiatrie – Der J. F. Lehmanns Verlag als Wegbereiter der Sozialpsychiatrie im Faschismus

Wer kennt die Rolle, die J. F. Lehmann und sein Verlag beim Aufblühen der Sozialpsychiatrie im Faschismus und der Weiterentwicklung im heutigen Psychiatriewesen spielten? Welche Ideologie förderte dieser Mann, wer waren seine Freunde? Welche Ideologien sind heute noch wirksam? Viele Leserinnen und Leser werden mit diesen Fragen nichts anzufangen wissen, Verdienst von Medizin-Historikern, die – von Ausnahmen wie dem deutschen Psychologen Hans L. Siemen (1982, 1987) oder dem US-amerikanischen Psychiater Peter R. Breggin (1993b) abgesehen – die sozialpsychiatrischen Gräueltaten im deutschen Faschismus hauptsächlich Adolf Hitler und seinen Nazis anlasteten und somit wenig dazu beitrugen, die Ursprünge der Sozialpsychiatrie und ihre katalysatorische Wirkung und vielleicht entscheidende Bedingung der Möglichkeit für den Holocaust (Schmuhl 2008, S. 33) offenzulegen.

Über Sozialpsychiatrie

Selbstverständlich unterscheiden sich die rassenhygienisch orientierten frühen sozialpsychiatrischen Bestrebungen durchaus von der heutigen Ausprägung der Sozialpsychiatrie, verstanden als Organisationsebene der Psychiatrie, die sich schwerpunktmäßig mit Früherfassung von mikropolitisch Abweichenden, Registrierung und psychopharmakologischer Langzeitbehandlung befasst. Die Sozialpsychiatrie hat inzwischen ihr belastendes antisemitisches Gedankengut abgeworfen. An ihrem Ansatz der Vererbungslehre hält sie allerdings fest, auch wenn sie ihn zeitgemäß weniger stark betont. Versteckt im multifaktoriellen Gedankenkonstrukt der psychischen Krankheit, existiert der Glaube an die bestimmende Rolle der Genetik nach wie vor im psychiatrischen Denken und Handeln. Entsprechend dem Stand der Technik herrschen in sozialpsychiatrischer Praxis heute biochemische Substanzen vor, speziell Neuroleptika (›antipsychotische Medikamente‹); langfristig genug in ausreichender Dosis eingesetzt, entfaltet diese Chemobehandlung für die Zeit ihres Vollzugs aufgrund der eisprungunterdrückenden Wirkung der Psychopharmaka eine sterilisierende Wirkung (P. Lehmann 1996, S. 45-48, 56f.; Riecher-Rössler / Heck 2012, S. 83).

Äußerst progressiv gibt sich die Sozialpsychiatrie heute wie damals, zu Zeiten der Rassenhygiene, speziell in ihrer Kritik der Anstaltspsychiatrie, die den zeitgemäßen Erfordernissen von – zumindest kurzfristiger – Kostendämpfung nicht mehr nachkomme. Darüber hinaus bieten die neuentwickelten Langzeitpräparate die Möglichkeit, Psychiatriebetroffene über längere Zeiträume außerhalb der Anstalt in sozialpsychiatrisch überwachten (›beschützten‹) Einrichtungen zu halten und sie beispielsweise in Selbsthilfefirmen zuvor arbeitsloser Akademiker finanziell auszubeuten. Aber auch in nicht mehr arbeitsfähigem Zustand sind Psychiatriebetroffene von ökonomischen Wert für die Behandler und die Pharmafirmen, die die Psychopharmaka zur Ruhigstellung liefern, garantieren die Betroffenen doch zu ihren – wenn auch um durchschnittlich zwei bis drei Jahrzehnte verringerten (Weinmann et al. 2009; Aderhold 2010; Editorial 2011; Foley / Morley 2011; Lehmann 2012) – Lebzeiten die Finanzierung psychosozialer Stellen und den Absatz der Pharmaprodukte.

Die Betroffenen sind im Prinzip dieselben geblieben, Menschen mit störender und unbequemer Lebens- und Sinnesweise, die sich nicht in marktwirtschaftliche Lebens- und Verwertungszusammenhänge einordnen lassen (wollen), Menschen, deren Verzweiflung, Verweigerung von Kommunikation, Verfolgungsgefühle, Phantasien, Euphorie, Todeswünsche usw. einer zielgerichteten ›teuren Verständnislosigkeit‹ (Kempker 1991) zum Opfer fallen. Dass die moderne Sozialpsychiatrie mit den rassistischen, antisemitischen, militaristischen und nationalistischen Kreisen ihrer Entstehung durchaus etwas zu verschweigen hat, wird deutlich, wenn wir sehen, in welchem Umfeld der heute von Psychiatern weltweit geachtete Emil Kraepelin und seine Nachfolger ihr Programm der Sozialpsychiatrie entwickelten.

Die verlegerische Verkupplung von Sozialpsychiatrie und Faschismus

Das Zusammengehen der Psychiatrie der Weimarer Zeit mit einer politischen Bewegung wie dem Nationalsozialismus war programmiert. Überall, wo Menschen psychiatrisches Denken entfalteten, begannen sie, ›soziale‹, das heißt, sozialpolitisch motivierte Behandlungsmethoden zu entwickeln, unter anderem Sterilisation, Kastration und Ausmerzung. Dies war nicht nur eine deutsche oder Schweizer Erscheinung; auch England und die USA waren von diesen Entwicklungen betroffen, Produkte eines rationalistisch und patriarchalisch ausgerichteten Wissenschaftsverständnisses (Bergmann 1988). Allerdings stellte, so der US-amerikanische Psychiater Peter Breggin (1974, S. 151), in den 30er Jahren Deutschland das psychiatrisch fortgeschrittenste Land der Welt dar. Der Arzt Marc Rufer aus Zürich machte auf die Beteiligung von Schweizer Psychiatern wie August Forel und Eugen Bleuler am Zustandekommen der sozialpsychiatrischen Verbrechen im NS-Staat aufmerksam:

Im Jahre 1924 spricht sich Forel für die Ermordung von missgebildeten und ›oligophrenen‹ (›schwachsinnigen‹) Kindern aus. Er scheut sich nicht, die Beseitigung ›defekter Untermenschen‹ zu fordern. (...) Noch weiter als Forel geht Eugen Bleuler, der 1936 einem ärztlichen Kollegium das Recht, körperlich gesunde ›Geisteskranke‹ zu töten, zusprechen will. (1993, S. 140f.)

Bleuler hatte 1936 geschrieben:

Eine nicht so einfach zu beantwortende Frage ist die, ob es erlaubt sein sollte, objektiv »lebensunwertes Leben« anderer zu vernichten, ohne den ausdrücklichen Wunsch des Trägers. (...) Auch bei unheilbaren Geisteskranken, die unter Halluzinationen und melancholischen Depressionen schwer leiden und nicht handlungsfähig sind, würde ich einem ärztlichen Kollegium das Recht und in schweren Fällen die Pflicht zuschreiben, die Leiden abzukürzen – oft für viele Jahre. (S. 206)

In Zusammenhang mit der Verbreitung und Umsetzung sozialpsychiatrischer Ideen muss ein Mann besonders erwähnt werden: Julius Friedrich Lehmann.

Lange vor 1933 entwickelten Psychiater richtungweisende Ideen, die sie zielstrebig publizierten und speziellen Interessensträgern zur praktischen Anwendung weitertrugen. Unter all den Förderern sozialpsychiatrischer Interessen fällt immer wieder der Name J. F. Lehmann. Geboren 1864 in Zürich als viertes Kind des Dr. med. Friedrich Lehmann und dessen Frau Friederike, geborene Spatz, beide aus Deutschland stammend, machte sich J. F. Lehmann 1890 in München als Verleger selbstständig, gründete eine medizinische Buchhandlung und übernahm gleichzeitig die Herausgabe der Münchener Medizinischen Wochenschrift (MMW). J. F. Lehmann sorgte dafür, dass das ungeschriebene Gesetz der MMW erhalten blieb, »dass nie ein Jude in das Herausgeberkollegium aufgenommen werde« (»Jahre« 1940, S. 43), was offenbar keinen der angesehenen ›reinrassigen‹ Mediziner davon abhielt, diese Zeitschrift mit Beiträgen aufzuwerten.

J. F. Lehmann sah nicht nur seinen Verlag »im Schützengraben« stehen; er beteiligte sich auch persönlich aktiv am politischen Kampf. Hier seien einige der rassistischen und nationalistischen Organisationen genannt, in denen er mitarbeitete und gleichzeitig seine Verlagsprodukte verteilte: Thule-Gesellschaft, Gesellschaft für Rassenhygiene, Evangelischer Bund, Deutsch-Völkischer Schutz- und Trutzbund, Freikorps von Epp und schließlich NSDAP. Gary D. Stark aus Arlington, Texas, kommt in einer 1976 veröffentlichten Abhandlung zum Ergebnis, dass J. F. Lehmann in der einzigartigen Lage war,

... mit größtmöglicher Wirkung sowohl das verlegerische Medium als auch seinen persönlichen Einfluss und den innerhalb von Organisationen zu koordinieren – also persönliche, verlegerische und Gruppenaktivitäten in einer Weise zu verbinden, wie es keinem anderen Rassenideologen möglich war. (Stark 1976, Sp. 314)

Finanziell große Vorteile brachten J. F. Lehmann seine militaristischen Publikationen, die er ab 1906 herausbrachte, so zum Beispiel mit seinem Jahrbuch »Taschenbuch der Kriegsflotte«. Seine kriegsverherrlichenden Schriften wurden zum großen Teil durch die Münchener Reichswehrführung aufgekauft. 1917 brachte er die politische Kampfschrift Deutschlands Erneuerung heraus, die eine völkische Wiedergeburt »durch Hinwegfegen alles Volksfremden, Zerstörenden und Verräterischen« herbeiführen wollte und sich insbesondere »gegen die jüdisch-demokratische Vorherrschaft, gegen den Frieden von Versailles, gegen Pazifismus und Marxismus« wandte. Als »Bücher für das Wartezimmer« pries er nach dem Ersten Weltkrieg (unter anderem in seiner MMW) Bücher wie »Im Felde unbesiegt« oder »Auf See unbesiegt« an. Geld verdiente J. F. Lehmann auch mit der Herausgabe diverser medizinischer Bücher. Mit kaufmännischem und politischem Weitblick machte er zudem Autoren wie den Psychiater Alfred E. Hoche hoffähig; dieser schrieb später (1920 im Leipziger S. Meiner Verlag) mit Karl Binding das folgenreiche Buch »Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens«.

Seine reaktionären politischen Aktivitäten führten J. F. Lehmann zwei Mal kurzfristig ins Gefängnis – zuerst während der Münchener Räterepublik; gerade freigelassen schloss er sich den bewaffneten Freikorps an, die sich blutig an den Spartakisten und ihren tatsächlichen und vermeintlichen Anhängerinnen und Anhängern rächten. Erneut kurzfristig verhaftet wurde J. F. Lehmann wegen Umsturzverdachts dann unter der Regierung Kurt Eisner. Von der zuvorkommenden Behandlung im Gefängnis wenig abgeschreckt, ließ J. F. Lehmann in seinen Bestrebungen nicht locker. Schon 1920 schloss er sich als eines der ersten Mitglieder der Nazi-Partei an. Am 9. November 1923 stellte er Hitler für dessen Putschversuch das eigene Haus zur Verfügung, in das der spätere Führer-Stellvertreter Rudolf Heß gemeinsam mit 30 bis 40 Gesinnungsgenossen die amtierenden bayerischen Minister als Geiseln verschleppte. Mit Hitler war J. F. Lehmann schon in der ersten Jahren der ›Bewegung‹ in Berührung gekommen und hatte sofort dessen »Führerkraft« entdeckt. 1924 publizierte er Hitlers Putschbegründung; Hitler forderte hier die »Vernichtung auch des letzten Marxisten zur Rettung des Vaterlandes« (Hitler 1924). 1933 durfte sich J. F. Lehmann dann freuen, als das »Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses« von Gütt/Rüdin/Ruttke, das »Blutschutz- und Ehegesundheitsgesetz« von Gütt/Linden/Maßfeller und die »Richtlinien der Schwangerschaftsunterbrechung und Unfruchtbarmachung« der Reichsärztekammer, allesamt in seinem Verlag erschienen, sämtlichen deutschen Arztpraxen als Pflichtexemplare aufgenötigt wurden.

J. F. Lehmann und die Rassenhygiene

Neben den medizinischen und nationalistisch-militaristischen Schriften bildete die rassenhygienische Literatur den dritten Schwerpunkt des Verlags. Als erstes rassenpolitisches Buch veröffentlichte J. F. Lehmann 1909 die »Deutsche Rassepolitik und die Erziehung zu nationalem Ehrgefühl« von Eberhard Meinhold, einem Hauptmann a.D., der »weit vorausschauende Forderungen besonders für unsere Ostpolitik« aufstellte. Auf der Internationalen Hygiene-Ausstellung in Dresden im Jahre 1911 entstand unter der Leitung des Schweizer Psychiaters Ernst Rüdin und des Arztes und Zuchtvolk-Befürworters Max von Gruber eine besondere Abteilung für Rassenhygiene; der Ausstellungskatalog erschien unter dem Titel »Fortpflanzung, Vererbung, Rassenhygiene« im J. F. Lehmanns Verlag und bildete den Grundstein seiner rassenhygienischen Abteilung. Rüdin war nicht nur ein Protegé Kraepelins und Schüler Eugen Bleulers sowie Präsident der Gesellschaft deutscher Psychiater und Nervenärzte (GDPN), der Vorläuferorganisation der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie (DGPPN), sondern – wie auch Bleuler – Schüler August Forels, eines Schweizer Psychiaters und Hobbyameisenforschers und der Vorgänger Bleulers als Direktor der bekannten Anstalt Burghölzli. Sterilisationsgesetze bei vielen Psychiatern als vorbildlich. Internationale Anerkennung war Forel von Seiten seiner Kollegen widerfahren, nachdem er 1892 in seiner Anstalt die erste Sterilisation aus psychiatrischen Gründen durchführen hatte lassen (P. Lehmann 1993, S. 30). Außerdem hatte er stolz veröffentlicht, dass mehrere führende Persönlichkeiten der Pariser Kommune von 1871 in Schweizer Anstalten geendet hatten (Stelzner 1919, S. 395).

Die Interessen der Männer, die als Freunde, Autoren, Parteigenossen und Unterstützer J. F. Lehmanns im Laufe der Jahre auftauchen, stecken auch das Spektrum der frühen Sozialpsychiatrie ab. Seine Witwe Melanie Lehmann erinnert sich 1935 in ihrer Biographie an den Werdegang ihres Ehemanns; dieser habe sich im Schweizer Davos 1908/09 und 1910/11

... viel mit den Gedanken der Rassenhygiene beschäftigt und manches darüber gelesen. Der Gedanke, beim Heiraten ein Gesundheitszeugnis zu verlangen und die Fortpflanzung von körperlich oder geistig Kranken zu verhindern, wurde schon damals erwogen. Diese Bewegung, die ihn mit Gruber, Kraepelin, Rüdin und Ploetz, später mit Fritz Lenz, Baur und Fischer zusammenführte, hat bald sein wärmstes Interesse erregt. (M. Lehmann 1935, S. 36)

1914 stieß Grubers junger Mitarbeiter Fritz Lenz zu J. F. Lehmann und schrieb wiederholt Aufsätze zur Rassenhygiene und Bevölkerungspolitik für Deutschlands Erneuerung und andere Zeitschriften des Verlags. 1921 erschien bei J. F. Lehmann auf Anregung Erwin Baurs, des späteren Leiters des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Züchtungsforschung, ein Lehrbuch (Lenz 1921), an dem sich Fischer als Anthropologe und Lenz als Rassenhygieniker beteiligten und das zum »Standardwerk der deutschen Erbforschung und Rassenhygiene« wurde.

Mitbeteiligt an diesem Erfolg war wesentlich Eugen Bleuler, der sich schon Jahre zuvor als zuverlässiger Mitläufer ausgewiesen hatte, insbesondere nachdem in Burghölzli unter seiner Leitung Pazifisten und andere Gegner des Ersten Weltkriegs als »unverantwortliche Agitatoren« eingesperrt wurden. Wie sein Assistenzarzt Jörger schrieb, waren diese Individuen, aufgestachelt durch den Erfolg der Russischen Oktoberrevolution von 1917, zu psychisch ›kranken‹ Friedensaposteln und Kriegsgegnern durch »ein Scherzspiel der Natur« (Jörger 1918, S. 133) geworden. In einer Rezension zu Lenz' 1931 von J. F. Lehmann publiziertem Buch »Menschliche Auslese und Rassenhygiene (Eugenik)« [= Baur/Fischer/Lenz: »Menschliche Erblichkeitslehre und Rassenhygiene«, Band 2] lobte Bleuler:

Die praktischen Vorschläge des Verfassers in dieser schwierigen Materie rechnen mit den Menschen wie sie sind: ihre Durchführung ist nicht unmöglich: nur setzen sie voraus, dass das Verständnis für die Bedeutung der Rassenhygiene viel allgemeiner werde, wozu das Buch gewiss viel beitragen wird. (Bleuler 1931)

Schon 1923 hatte Bleuler in der Münchener Medizinischen Wochenschrift den rassenhygienischen Eifer von Lenz unterstützt und vor einer »Verpöbelung der Rasse« gewarnt, als er die 2. Auflage von dessen »Menschliche Auslese und Rassenhygiene« [= Baur/Fischer/Lenz: »Grundriss der menschlichen Erblichkeitslehre und Rassenhygiene«, Band 2, München 1923] mit den Worten anpries:

Klaren und mutigen Auges sucht Lenz all die Gefahren auf, die den Kulturvölkern drohen, nicht um zu verzweifeln, sondern um einzusehen, dass für eine Sache allerhöchsten Wertes zu kämpfen ist, und die Mittel zu suchen, wie in letzter Stunde das Verhängnis abgewendet werden kann. Und er kennt Mittel, wirkliche Mittel, die möglich sind, sogar bei dem traurigen Mangel an Rassegefühl in Mitteleuropa. (Bleuler 1923, S. 1489)

Eugen Bleuler

Mitgeholfen hatten Lenz bei seinen rassenhygienischen Ergüssen unter anderem Rüdin, Hoche, Muckermann, Ploetz und Bleuler. 1922 übernahm der J. F. Lehmanns Verlag das 1904 vom Rassenfanatiker Alfred Ploetz gegründete Sprachrohr der Deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene, das Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie. Groß sei die Zahl Ploetz' Freunde gewesen, schrieb 1940 (fünf Jahre nach J. F. Lehmanns Tod) Lehmanns ehemaliger Mitgesellschafter und Schwiegersohn Otto Spatz im Jubelwerk »50 Jahre J. F. Lehmanns Verlag«: Gruber, Kraepelin, Rüdin, Fischer, Baur, Lenz, Hitlers späterer Innenminister Arthur Gütt und selbstverständlich J. F. Lehmann zählten zu dieser illustren Gruppe (»Jahre« 1940, S. 70). 1926 kam erstmals die Zeitschrift Volk und Rasse im J. F. Lehmanns Verlag heraus; bald schon gehörten der spätere NSDAP-Landwirtschaftsminister Darré, Gütt, Himmler und andere ›Kapazitäten‹ der Schriftleitung dieses Blattes an.

Kraepelin, Diktatur und Sozialpsychiatrie

Schon 1918 forderte Kraepelin den rücksichtslosen Eingriff in die Lebensgewohnheiten der Menschen von Seiten eines Diktators:

Ein unumschränkter Herrscher, der, geleitet von unserem heutigen Wissen, rücksichtslos in die Lebensgewohnheiten der Menschen einzugreifen vermöchte, würde im Laufe weniger Jahrzehnte bestimmt eine entsprechende Abnahme des Irreseins erreichen können. (S. 270)

Zwei Jahre später forderte Kraepelin 1920 eine Ausweitung psychiatrischer Praxis: gegen alle möglichen Formen des Sittenverfalls, gegen das Abhandenkommen einer einheitlichen, bestimmten Richtung im Fühlen, Denken und Handeln und gegen den Internationalismus (Marxismus). Für diese Stoßrichtung prägte er am 9. November 1920 bei einem Vortrag vor der ›Deutschen Forschungsanstalt für Psychiatrie‹ den Begriff der »sozialen Psychiatrie« als Mittel zur inneren Kolonisation.

Sollte sich, was ich erwarte, zeigen, dass in der Tat der Entwurzelung eine gewisse Rolle für die ungünstige Entwicklung der seelischen Persönlichkeit zukommt, so wäre es unsere Aufgabe, nach Mitteln zu suchen, die dieser Schädigung entgegenzuwirken geeignet sind. Vor allem dürften hier Maßnahmen der inneren Kolonisation in Betracht kommen, die den Zusammenhalt der Familien festigen, die Möglichkeit der Siedelung auf eigenem Grund und Boden, ferner die Förderung der Familienforschung, der Familienstiftungen, die Begünstigung der Frühehe, die Erleichterung der Kinderaufzucht, um der Zersprengung der Familien entgegenzuwirken, das Verbot der Kinderarbeit, die Eindämmung des Kneipenwesens, endlich alle Mittel, die den zersetzenden Einflüssen des Internationalismus Einhalt gebieten und der Kräftigung des inneren Zusammenhaltes der Volksgenossen dienen. (...) Wenn alle diese Aufgaben auch weit, weit über das Gebiet der psychiatrischen Fachwissenschaft hinausreichen, so sollten doch psychiatrische Gesichtspunkte dabei nicht außer acht gelassen werden. Gerade die Frage der Entwurzelung ist daher neben so manchen anderen geeignet, uns Ausblicke auf die zukünftige Entwicklung einer Wissenschaft zu gewähren, die wir heute mehr ahnen als kennen, auf eine soziale Psychiatrie. (Kraepelin 1921, S. 7f.)

Die Notwendigkeit der Entwicklung einer Sozialpsychiatrie war in Deutschland den Psychiatern im Anschluss an den 1. Weltkrieg deutlich vor Augen getreten: Psychisch ›kranke‹ Soldaten (Kriegsunwillige, Disziplinlose) hatten die militärische Niederlage und den sogenannten Elendsfrieden von Versailles zu verantworten, psychisch ›kranke‹ Politiker (Erich Mühsam, Ernst Toller etc.), die zudem oft genug dem ›entarteten‹ jüdischen Volk mit dessen ›zersetzenden Kräften des Internationalismus‹ zuzuordnen waren, hatten den diagnostizierenden Psychiatern mit der Novemberrevolution und der Münchener Räterepublik 1918/19 die Gefahr einer ›seuchenartigen‹ Ausweitung solcherart psychischer ›Krankheiten‹ deutlich aufgezeigt (P. Lehmann 1993, S. 25ff.).

Wie wenig dazu gehört, einen Psychiater wie Kraepelin zu durchschauen, zeigte Ernst Toller in seiner Biographie »Eine Jugend in Deutschland«, als er 1924 seine Zeit zu Beginn des Jahres 1918 in Kraepelins Anstalt beschrieb:

Man soll nicht zu große Ansprüche an Ärzte stellen, ist einer schlau, hat er bald das Abrakadabra der guten alten weisen Frauen begriffen, und an Stelle von roten Schutzbändchen und magischen Sprüchlein liefert er das Seinige. Von dem, was den Menschen bedrückt, weiß er nichts, und wenn er es weiß, versteht er es nicht. Der Direktor der psychiatrischen Klinik ist jener berühmte Professor Kraepelin, der in einem Münchener Bierkeller einen Bund zur Niederkämpfung Englands gegründet hat.
– Herr, fährt er mich an, als ich ihm vorgeführt werde, wie können Sie es wagen, die berechtigten Machtansprüche Deutschlands zu leugnen, dieser Krieg wird gewonnen, Deutschland braucht neuen Lebensraum, Belgien und die baltischen Provinzen, Sie sind schuld, daß Paris noch nicht erobert ist, Sie verhindern den Siegfrieden, der Feind heißt England.
Das Gesicht des Herrn Professor rötet sich, mit dem Pathos des manischen Versammlungsredners sucht er mich von der Notwendigkeit alldeutscher Politik zu überzeugen, ich lerne, daß es zwei Arten Kranke gibt, die harmlosen liegen in vergitterten klinkenlosen Stuben und heißen Irre, die gefährlichen weisen nach, daß Hunger ein Volk erzieht und gründen Bünde zur Niederwerfung Englands, sie dürfen die harmlosen einsperren.
– Wir sprechen zwei Sprachen, Herr Professor, sage ich, ich verstehe vielleicht Ihre Sprache, aber meine Worte sind Ihnen fremder denn chinesisch. (Toller 1979, S. 106f)

Im August 1919 hatte Kraepelins Anstaltskollege Eugen Kahn, dem es wie Kraepelin vergönnt war, die Führungspersönlichkeiten der politisch-sozialen Umwälzungen zu untersuchen, die Frage aufgeworfen, wie die makro- und mikropolitischen Machtverhältnisse vor dem Wirken von ›Geisteskranken‹ geschützt werden können; dazu führte Kahn in J. F. Lehmanns MMW aus:

Der Beantwortung dieser Frage ist das Eingeständnis vorauszuschicken, dass die Psychiatrie bis jetzt so gut wie gar nicht in der Lage ist, die psychopathische Veranlagung therapeutisch zu beeinflussen. Es lässt sich wohl denken, dass späterhin eine Ertüchtigung der Psychopathen bis zu einem gewissen Grade, eine Sozialisierung in dem Sinne, dass gute Fähigkeiten entwickelt, antisoziale Eigenschaften unterdrückt werden, durch frühzeitiges Einsetzen einer Heilerziehung in besonderen Anstalten erstrebt werden kann. Einrichtungen für diesen Zweck sind eine unabweisbare Notwendigkeit. (Kahn 1919, S. 969)

Gefordert war die vorbeugende Psychiatrie, die die psychisch ›kranke Veranlagung‹ ›therapeutisch‹ so weit wie möglich beeinflusst und, soweit diese Beeinflussung an der Schwere der psychischen ›Krankheit‹ scheitert, die Weitergabe und das Ausleben der ›kranken Veranlagung‹ (›Entartung‹) verhindert.

Die diversen sozialpsychiatrischen Bestrebungen waren der deutschen Großindustrie natürlich nicht verborgen geblieben; so unterstützte beispielsweise Krupp von Bohlen und Halbach durch private Spenden die (auf Vorschlag Kraepelins) von Rüdin geleitete erwähnte Forschungsanstalt (Labisch / Tennstedt 1985, S. 169). Mit Fritz Thyssen taucht in diesem Umfeld ein anderer Großindustrieller auf; nachdem Lenz nach 1933 Mitglied des ›Sachverständigenausschusses für Bevölkerungs- und Rassenpolitik‹ geworden war, trat der einschlägig interessierte Thyssen ebenfalls diesem ›Experten‹-Gremium bei, dem mit Ploetz, Rüdin und Himmler psychiatrisch und rassenhygienisch erfahrene Mitstreiter angehörten.

Eines der von Lenz bereits 1921 vorgeschlagenen rassenhygienischen Mittel war die Konzentration auf die ›jüdische Rasse‹, nach seiner Meinung biologisch bedingte »geborene Schauspieler, geborene Redner und Demagogen«, die es auszuschalten gelte. Ein anderes Mittel zur Gesunderhaltung der ›Rasse‹ glaubte der von J. F. Lehmann gesponserte Lenz in der Abschottung Deutschlands gegenüber Einwanderern aus östlich gelegenen Ländern und der Ausdehnung des deutschen ›Kulturvolkes‹ nach Osten ausgemacht zu haben. In der (erstmals 1916) von J. F. Lehmann verlegten Zeitschrift Osteuropäische Zukunft begeisterte er sich für die ›nordische Rasse‹, wozu das deutsche Volk gehöre; dieses werde, wenn es keine geeigneten Maßnahmen ergreife, von der ›turanischen Rasse‹, das heißt, von aus Nord- und Zentralasien stammenden Menschen verdrängt, denn dieser Menschentypus

... lebt in den Tag hinein und vermehrt sich sorglos. Der turanischen Rasse wird daher die Zukunft Europas gehören, wenn die nordische Rasse nicht noch in letzter Stunde ihre Gefahr erkennt und ihre ewige Sendung. (Lenz 1917, S. 22)

Im Osten allein lägen wirkliche Zukunftsmöglichkeiten für das deutsche Volk, und es sei besser, dass jährlich dorthin eine Million Deutscher auswandere, als dass diese Million ungeboren bleibe, so Lenz. Ein Jahr später forderte er in Deutschlands Erneuerung aus rassenhygienischen Gründen die Ausdehnung deutscher Bauernsiedlungen in den Osten als »eine der dringendsten Lebensfragen unseres Volkes«.

Lenz' Kamerad Bleuler starb im Juli 1939, kurz vor dem zweiten Aufbruch der ›nordischen Rasse‹ in Richtung Osten und vor der industriellen, von Sozialpsychiatern an Anstaltsinsassen erprobten Ermordung in Gaskammern (Lapon 1986). In ihrem Nachruf dankten ihm Rüdin (als Vorsitzender der Gesellschaft Deutscher Neurologen und Psychiater) und sein Kollege Hans Roemer (im Namen der Allgemeinen Zeitschrift für Psychiatrie und ihre Grenzgebiete) für die Schöpfung des Begriffs »Schizophrenie«, den regen und ›fruchtbaren‹ Austausch zwischen der Schweizer und der deutschen Psychiatrie sowie für seine bahnbrechenden Forschungen (Rüdin / Roemer 1940).

Moderne Sozialpsychiatrie

Wer heutzutage Kritik an sozialpsychiatrischen Positionen äußert, hat es schwer, Gehör zu finden, auch und gerade im linksliberalen Lager. Noch nicht einmal die Tatsache, dass die modernen Sozialpsychiater nach wie vor am Elektroschock festhalten, einer von dem Mussolini-Vertrauten und Kraepelin-Schüler Ugo Cerletti im italienischen Faschismus entwickelten Maßnahme, die zu massiven Langzeitschäden im Gehirn führt (Breggin 1980), mindert das progressive Image ›kritischer‹ Psychiater. Der Behandlungserfolg, die durch den Stromstoß gesetzte Traumatisierung des Gehirns, wirke sich auf ›Psychosen‹ günstig aus und gehe

... auf Kosten einer, wenn auch noch so harmlos erscheinenden Krampfschädigung der Hirnsubstanz im weitesten Sinne, deren Auswirkungen auch neuropathologisch nachgewiesen werden konnten. Diese mussten und konnten in Kauf genommen werden... (Harlfinger / Schulte 1967, S. 327),

so zwei Psychiater im »Almanach für Neurologie und Psychiatrie«, erschienen 1967 im ..... J. F. Lehmanns Verlag. Ähnlich auf den ersten Blick kritisch, aber dennoch durch und durch zustimmend zu dieser barbarischen Behandlungsmethode, äußern sich an anderer Stelle führende ›fortschrittliche‹ Sozialpsychiater, Wulff (1986, S. 15) oder Dörner. Letzterer, empfiehlt für den Fall, dass der ›Therapeut‹ »unfähig zu einer ausreichend wirksamen therapeutischen Beziehung« sei, den Vollzug des Elektroschocks, um »den seelisch leidenden vorübergehend in einen hirnorganisch kranken Menschen« zu verwandeln, schließlich fühle sich »der Patient nach der EKT (Elektrokrampf-›Therapie‹, P.L.) fast immer kurzfristig freier und selbständiger«; die Stromschläge entzögen ihm die Aufmerksamkeit für sein ›psychotisches Handeln‹; Dörner-Originalton: »Lebens- oder Körperangst kann psychotische Angst erübrigen.« (Dörner / Plog 1992, S. 545f.)

Wie gering die Konsequenzen aus den psychiatrischen Massenmorden während des deutschen Faschismus ausfielen, zeigt sich im ungebrochenen Fortbestehen des J. F. Lehmanns Verlags, nach 1945 weiterhin Publikationsmedium von Anstalts- und Sozialpsychiatern. Der US-Amerikaner Wolf Wolfensberger wunderte sich 1993,

... dass der Lehmanns Verlag nach dem Zweiten Weltkrieg als den Nazis nahestehende Organisation aufgelöst, durch einen anderen Verlag mit neuer Leitung übernommen, aber mit dem selben Namen weiterbetrieben wurde. Tatsächlich führten alle offiziellen Buchhandlungen der bundesrepublikanischen Medizinervereinigung (die die Veröffentlichungen ihrer Vereinigung sowie andere medizinnahe Publikationen verkauften) den Namenszug J. F. Lehmann fort ... (Wolfensberger 1993, S. 312)

In derselben 1967er Ausgabe des »Almanachs« finden sich beispielsweise ein Artikel des T4-Gutachters Friedrich Mauz sowie eine Abhandlung des Sozialpsychiaters Gerhard Irle; dieser darf sich über das ›ubiquitäre Schizophrenie-Vorkommen‹ auslassen (Irle 1967), stützt er sich doch auf den J. F.Lehmann-Kameraden Kraepelin und dessen abstruse Forschungsergebnisse im kolonialen Java an den dortigen, zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Irrenanstalt Buitenzorg einsitzenden ›Eingeborenen‹, an denen er seine Theorie des weltweit einheitlichen Auftretens der (später Schizophrenie genannten) ›Dementia praecox‹ entwickelte (Kraepelin 1904). Uwe Henrik Peters, Präsident der DGPPN, seit 2010 als dessen Beiratsmitglied Berater in ethischen grundsatzpolitischen Fragen und einer der vielen Bewunderer Kraepelins, schreibt über die die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts,

... daß dieser Zeitraum bis zur Nazizeit hin das zweite geniale Zeitalter der deutschen Psychiatrie umschließt (...). Nur um die Fülle der in dieser Zeit von Deutschland ausgegangenen Neuerungen in Erinnerung zu bringen, seien einige schlagwortartig aufgezählt. Es entstanden: die Dementia praecox und Kraepelins ganzes nosologisches System (1899-1915), Bleulers Begriff und Systematik der Schizophrenie (1908-1911) (...). Rüdin ist in ausgesprochener Weise ein Protegé von Kraepelin gewesen. Kraepelin hatte Rüdin (1900) das Thema zu seiner Dissertation gegeben, hatte ihn trotz unzureichender Voraussetzungen (1909) zur Habilitation geführt und hatte ihn sogleich nach Gründung der Deutschen Forschungsanstalt für Psychiatrie, deren Leitung er sich selbst vorbehalten hatte, zum Leiter einer der Abteilungen gemacht (1918). Man steht daher vor der (befremdenden) Tatsache, daß sich der Kopf der Nazipsychiatrie im Schoße der Kraepelinschen Institutionen und unter seinem Schutz heranbildete. (Peters, 1996, S. 336/338)

Die Umsetzung der Ideen Kraepelins haben mit diesem Mann und seinen Theorien offenbar nichts zu tun und sind für viele heuzutage schlicht befremdend.

An Reaktionen auf den »Chemischen Knebel«, der u.a. den direkten Zusammenhang von Rassenhygiene / Sozialpsychiatrie und Faschismus anhand historischer Belege thematisierte, kam speziell von den Medizinhistorikern im Umfeld der organisierten Sozialpsychiatrie einzig Schweigen. Kein Wunder, schwelgt der Chefideologe der Deutschen Gesellschaft für Sozialpsychiatrie (DGSP), Dörner, nach wie vor in seinem Buch »Irren ist menschlich« in Dankbarkeit gegenüber seinem Ausbilder: dem früheren SA-Mann Hans Bürger alias Bürger-Prinz, für die ›vielen praktischen und theoretischen Erfahrungen vom Menschen‹ (Dörner / Plog 1992, S. 21). Dabei veröffentlichte der Hamburger Arzt und Medizinhistoriker Karl Heinz Roth schon 1984 die ungeschminkte Biographie Bürgers, in der Roth »ein wahres Schreckensregiment gegen alle ›Kriegsneurotiker‹« (mittels Elektro- und Insulinschocks) und »Verschärfung der psychiatrischen Foltermaßnahmen« fand sowie ein zur Verzweiflung treibendes »unendliches Leid, das Bürger-Prinz Tausenden von Patienten zugefügt hat« (Roth 1984). Roth und Götz Aly klagten Dörner an, er nehme in seinen Publikationen

... den Hamburger Psychiater Bürger-Prinz von der Mitverantwortung an den Massentötungen nicht nur aus, sondern billigt ihm zusätzlich eine oppositionelle Haltung zu. Neuere Dokumente zeigen, dass Bürger-Prinz von Anfang an in die Psychiatriemorde eingeweiht war, von ihnen zu profitieren suchte und in der Nachkriegszeit einen der Hauptakteure, den in Kiel tätigen Prof. Heyde (alias Sawade), wissentlich deckte. (Roth / Aly 1984, S. 117)

Wolfensberger beschreibt in seinem Buch »Der neue Genozid an den Benachteiligten, Alten und Behinderten« die Hintergründe des vielfältigen direkten und indirekten »Totmachens« durch Täter, die subjektiv nicht glauben, dass sie Menschen töten, und durch Methoden, perfekter und umfassender als die der Nationalsozialisten. Vor allem bewusstseinsverändernde psychiatrische ›Medikamente‹ schwächen vitale Funktionen; trete schließlich als Endglied einer ›unschuldigen‹ Ereigniskette der Tod ein, würde, wie dies häufig vorkomme, die Todesursache als unerklärlich definiert. Wolfensberger:
Man steht fassungslos davor, in welchem Ausmaß alltäglich getötet werden kann, ohne dass jemand auch nur auf die Idee kommt, dass dies Töten sei. (Wolfensberger 1991, S. 63)

In seiner Rezension des »Chemischen Knebels« stieß sich Gerald Schmidt von der Schweizer Psychiatriestiftung Pro Mente Sana an der Titulierung Hitlers als »sozialpsychiatrischen Gesinnungsgenossen«. Auch dass das Bild Hitlers in einer Reihe mit Kraepelin und Bleuler abgedruckt war, fand Resonanz; Schmidts Worte: »Für mich ist das ein furchtbares (Miss?)Verständnis.« (Schmidt 1987)

Emit Kraepelin, Adolf Hitler, Eugen Bleuler

Furchtbar für mich aus Autor dieses Artikels ist hingegen, dass nach den Verbrechen, die während des Faschismus begangen wurden, auch von Psychiatern, erst jetzt die Aufarbeitung der Wurzeln beider Strömungen beginnt, besonders der rassenhygienisch-sozialpsychiatrischen. Nur wenn die Gefährlichkeit der Sozialpsychiatrie offen vor aller Augen liegt, nur wenn es gelingt, das damalige Wirken der speziellen Seilschaft Bleuler- Goebbels- Himmler- Hitler- Hoche- Kraepelin- Krupp-J. F.Lehmann- Ploetz- Rüdin- Thyssen transparent zu machen, nur dann ist es möglich, der modernen Sozialpsychiatrie angemessen politisch entgegenzutreten. Von ihrer prinzipiellen Gefährlichkeit hat sie wenig verloren, denken wir an die elektronischen Registrierungssysteme, an die Langzeitpsychopharmaka, die in die Körper der ›behandlungsbedürftigen‹ Menschen implantiert werden sollen, an die Suche nach den vorbeugend einzusetzenden genetischen Behandlungsmaßnahmen in der Psychiatrie, an den weitgehend rechtsfreien Raum der Psychiatrie, an die von der Mainstreampsychiatrie wie selbstverständlich hingenommenen – im Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung – durchschnittlich um 20 bis 30 Jahre verminderten Lebenserwartung von Menschen mit »schweren psychiatrischen Störungen« (Patientinnen und Patienten mit den Diagnosen »Psychose«, »Schizophrenie«, »Depression«, »bipolare Störung« – allesamt Objekte der Behandlung mit potenziell toxischen psychiatrischen Psychopharmaka).

Und auch die Frage der Ausschaltung ›lebensunwerten‹ Lebens ist infolge der weiterentwickelten medizinisch-gentechnologischen Forschungsmethoden sowie der Schwangerschaftsfrühuntersuchungen aktueller denn je (Rufer 1993). Im Einklang mit den Anstrengungen für den Aufbau einer umfassenden, ›vollversorgenden‹ Gemeindepsychiatrie aller Schattierungen schreitet derzeit der vorbeugend-sozialpsychiatrische Einsatz von Neuroleptika voran. Auf der Konferenz der WHO (Weltgesundheitsorganisation) »Changing Mental Health Care in the Cities of Europe« im April 1991 in Amsterdam klagten Psychiatrie-betroffene Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus unterschiedlichen Ländern einmütig eine stetige Verschlechterung der Situation Psychiatrie-Betroffener an. Diese dienten verstärkt als Ausbeutungsobjekte für Pharmamultis, für arbeitssuchende Psychiater, Mediziner, Sozialwissenschaftler, Behindertenwerkstätten etc. Gerade die sozialpsychiatrische Ausweitung der Psychiatrie in Form der Kontaktbereichspsychiatrie (Gemeinde-, kommunale Psychiatrie) lasse die meisten Betroffenen kaum noch einen Ausweg aus der Drehtürpsychiatrie finden (Wehde 1991, S. 13). Vor dem Hintergrund seines Erfahrungsbereiches, einer ›diagnostisch‹ gesicherten Verabreichungspraxis von Neuroleptika, benennt der Psychiater Gerald L. Klerman von der US-amerikanischen Harvard-Universität Cambridge, Massachusetts, das Verdienst, das Kraepelin aufgrund seiner historischen Vorarbeiten für die neuere Psychiatrie-Entwicklung zuzuschreiben ist:

Die amerikanische, britische und kanadische Psychiatrie befindet sich derzeit inmitten einer kraepelianischen Renaissance, die entscheidenden Einfluss auf die Forschungs- und akademischen Führer ausübt. (Klerman 1982, S. 7)

Dies gilt auch für Europa. Noch besser als Klerman konnte die Richtung der modernen Psychiatrie ein anderer Psychiater einschätzen, und zwar Eugen Kahn, der bereits erwähnte Kollege Kraepelins aus den gemeinsamen Kampfzeiten gegen die Münchener Räterepublik. So gedenkt Kahn im Oktober 1956, damals in der Universitätsanstalt Houston, Texas, tätig, im American Journal of Psychiatry Kraepelins 30. Todestag:

Emil Kraepelin starb vor 30 Jahren. Der Einfluss seiner Arbeit auf die Psychiatrie hält an; er ist vielleicht größer, als wir es uns bewusst sind ... (Kahn 1956, S. 289)

Sein Klassifizierungs-Verhalten unnormierten Handelns und Fühlens und die von ihm propagierte ›soziale‹ Psychiatrie kreierten Lehrmeinungen, an denen sich moderne psychiatrisch Tätige nach wie vor orientieren. Kraepelin und der Schizophrenie-Bleuler, die beiden weltweit von obrigkeitsorientierten Psychiatern anerkannten Mitglieder der J. F.Lehmann-Seilschaft, haben für ein System psychiatrischer Lehre und Praxis gesorgt, das nach wie vor großes Leid unter Psychiatrie-Betroffenen hervorruft.

Der J. F. Lehmanns Verlag nach 1945

1996 existiert der J. F. Lehmanns Verlag nicht mehr. Laut Auskunft der J. F. Lehmanns Med. Buchhandlung GmbH ist er in den Besitz des Springer Verlags (Heidelberg / New York / Tokio) übergegangen, der weltweit Gedankengut der biologischen Sozialpsychiatrie verbreitet. Die Münchener Medizinische Wochenschrift publiziert nach wie vor, und um Allgemeinmedizinern verstärkt sozialpsychiatrisch-biologische Inhalte zu lehren, hat sie 1985 eine Taschenbuchreihe gegründet, in welcher die einzelnen MMW-Sonderteile »Psychiatrie für die Praxis« (zum Beispiel über die erbliche Bedingtheit psychischer »Krankheit«, den »therapeutischen« Nutzen des Elektroschocks, die »Alternativlosigkeit« der Zwangsbehandlung oder der Dauerbehandlung mit Neuroleptika) zusammengefasst werden (Helmchen / Hippius 1985, S. 11).

Herausgeber der ersten Bände dieser Reihe sind mit Hanns Hippius und Hanfried Helmchen zwei einflussreiche Psychiater mit prominenten Lehrern. Während zu Helmchens Ausbildern (nach 1945) der unter Hitler exponierte Massensterilisator Felix von Mikulicz-Radecki gehörte, kann Kollege Hippius – nach 1945 – mit Helmut Selbach ebenso einen Lehrer mit hervorragender Stellung vorweisen: dieser Mann war während der nationalsozialistischen Diktatur immerhin Oberarzt unter Max de Crinis, dem Organisator des T4-Massenmords. Selbach und Hippius waren Leiter der Berliner Psychiatrischen Universitätsanstalt (Eschenallee), Helmchen war einer ihrer Nachfolger.

Die Tatsache, dass die sozialpsychiatrischen Lehren nach der Befreiung vom Faschismus ungestört weitervermittelt werden konnten, ist sicherlich die maßgebende Ursache dafür, dass wir uns heute, zu Beginn der 1990er Jahre, in einer gefährlichen Phase des Wiedererstarkens der Psychiatrie befinden; nach Meinung Peter Breggins ähnelt die Entwicklung der vor dem Zweiten Weltkrieg:

Derzeit erlebt zum Beispiel der Elektroschock weltweit eine Renaissance. Wir haben Medikamente entwickelt, die weit giftiger sind als jene, die vor dem Krieg eingesetzt wurden. Wir wissen heute, dass Neuroleptika bei bis zu 50% der Langzeit-»Patienten« und -»Patientinnen« einen bleibenden Hirnschaden verursachen. Diese Schädigung heißt tardive Dyskinesie (oft bleibende, nicht behandelbare veitstanzartige Muskelstörung); wenn Neuroleptika über einen Zeitraum von sechs Monaten bis zu zwei Jahren verabreicht wurden, stellt sie sich in bis zu 20% aller Fälle ein. Bei anderen Betroffenen verursachen die Psychopharmaka eine tardive Dystonie mit schmerzhaften Muskelkrämpfen oder eine tardive Akathisie (oft bleibende innere Unruhe in den Extremitäten, die zu Bewegungen drängt, aber keine Erleichterung schafft) mit Angstgefühlen und starkem Bewegungszwang. In meinem Buch über psychiatrische Psychopharmaka habe ich außerdem zum ersten Mal den Begriff der tardiven Demenz entwickelt. Diese bringt den Verlust aller geistiger Fähigkeiten in verschiedenem Ausmaß mit sich. Schließlich können Neuroleptika auch noch eine dauerhafte tardive Psychose verursachen. Für all die genannten Schädigungen gibt es keine Heilungsmöglichkeit. Doch damit nicht genug. Man diskutiert auch wieder solche genetischen Theorien, die schon einmal zu Sterilisationsgesetzen geführt haben. Und im Zusammenhang mit der Kostenfrage bei »psychisch kranken Chronikern« rückt der Gedanke an Euthanasie oder Ermordung kranker Menschen mehr und mehr in den Vordergrund. Ich habe gehört, dass in Deutschland vereinzelt über eine erneute Einführung von Sterilisationsgesetzen nachgedacht wird. Und in den Niederlanden versucht man, die Lobotomie wieder zu etablieren. Die moderne Psychiatrie unterscheidet sich grundsätzlich nicht von der Vorkriegspsychiatrie, die zum Holocaust führte. (Breggin 1993a, S. 396)

Für Erwin Pape, der als einer der ersten den psychiatrischen Massenmord während des Faschismus beim Namen nannte, war dies kein Zufall:

Die Psychiatrie 12 Jahre vorher und 12 Jahre nachher unterschied sich terminologisch und teleologisch (zweckbestimmt) nicht von der 12 Jahre dauernden Psychiatrie des Dritten Reiches (höchstens graduell in der Praktizierung). Der Nationalsozialismus war nicht spiritus rector und Motor des Massenmords, sondern nur – mehrfach relativ enttäuschende – Gelegenheit dazu, in den die Psychiatrie entsprechende Wünsche und Hoffnungen hineingetragen hatte. (Pape 1980, S. 2 – Hervorhebung im Original)

Update

Der Name der Kette der J. F. Lehmanns Buchhandlungen sei vor der Jahrtausendwende geändert worden, meldet 2011 das »Historische Lexikon Bayerns«:

Nachdem der politisch vorbelastete Name wiederholt für Schlagzeilen sorgte, wurden zur Jahreswende 1997/98 die Buchhandlungen in »Lehmanns Fachbuchhandlung« umbenannt. (Heilder, 2011)

Der Screenshot einer Google-Suchanfrage vom 4. August 2011 zeigt allerdings, dass diese Aussage, so läppisch ihr Inhalt ist, nicht der Realität entspricht und die J.F.Lehmanns-Buchhandlungen weiterhin in Treue zu ihrem Namensgebers stehen:

J.F. Lehmanns Buchhandlungen

Eine Suchanfrage bei Google im September 2012 zeigt keine Änderung. Eine weitere vom Oktober 2014 ergibt, dass das »J.F.« vor »Lehmanns Fachbuchhandlung« tatsächlich verschwunden ist. Die Treue zum Name "Lehmann" blieb erhalten. Manche Lehmann-Buchhandlungen bekennen weiterhin, welchen »Lehmann« sie meinen, und stehen in Treue zu ihrem J.F. Lehmann, siehe der Screenshot vom 8. Juli 2015:

J.F. Lehmanns Fachbuchhandlung

Schriften des J.F. Lehmann Verlags, die den psychiatrischen Massenmord, die Zwangssterilisierungen und andere psychiatrische Verbrechen begründeten, stehen nach wie vor – Lehrmaterial für den Psychiaternachwuchs – in psychiatrischen Universitätsbibliotheken.

Quellen

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  • Bleuler, Eugen: Rezension, in: Münchener Medizinische Wochenschrift, 78. Jg. (1931), Nr. 20, S. 847

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