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in: Peter Lehmann (Hg.): Psychopharmaka absetzen, 1. Auflage, Berlin: Antipsychiatrieverlag 1998, S. 299-309 (letzte Überarbeitung am 25.9.2001)

Franz Mayerhofer

Schlafstörungen durch Elektrosmog?

In seinem Nachschlagewerk "Gifte im Alltag" nennt der Münchner Internist und klinische Toxikologe Max Daunderer eine Reihe von Alltagsgiften, die Schlafstörungen bewirken können: Holz- und Pflanzenschutzmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel, Dioxine, Furane, Formaldehyd, Benzine, Schwermetalle, Amalgam, Blei, Schimmelpilze und vieles mehr. Dazu kommen noch elektromagnetische Felder und Psychopharmaka, ebenso Fehlernährung, Tag-Nacht-Rhythmusstörungen (zum Beispiel durch Schichtarbeit), Lärm, Stress usw.

Psychopharmaka können Schlafprobleme in zweierlei Weise herbeiführen: Ihre Wirkung kann sich in Schlafstörungen niederschlagen, ihr Absetzen kann Schlaflosigkeit auslösen. Nach Wegfall der "chemischen Dämpfung" kann es sich um Reboundphänomene handeln oder um erneut zum Vorschein kommende Schlafstörungen. Oft können diese gemildert werden, wenn störende Umweltbelastungen in ihrer Wirkung reduziert oder ausgeschaltet werden.

Dass solche technischen Herangehensweisen absetzbedingte Schlafstörungen reduzieren und so einen wesentlichen Beitrag zur Wiedergenesung leisten können, soll am Beispiel des Umgangs mit Elektrosmog (nichtionisierenden elektromagnetischen Immissionen) verdeutlicht werden, von dem elektrosensible Menschen besonders betroffen sind (Leitgeb 1990). Unter der – noch nicht ausreichend wissenschaftlich erforschten und anerkannten – "Elektrosensibilität" versteht man eine belastende Reizempfindlichkeit (Elektroallergie, Elektrostress) gegenüber schwachen niederfrequenten elektrischen und magnetischen sowie hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (›Elektrosmog‹) mit Reaktionen wie bei Allergien und stressbedingten Krankheitsbildern (Becker 1993; Braun-von Gladiß 1995; Hecht 1993, König 1986; König / Folkerts 1997; Maes 1998; Mayer-Tasch / Malunat 1995; Neitzke 1994; Popp 1989; Runow 1994; Steinig 1994; Varga 1995; Warnke 1997, 1998).

Die Untersuchungen des NEMESIS-Projekt 2000 an der ETH Zürich ergaben, dass Elektrosensibilität nichts mit psychischen und psychosomatischen Krankheitsbildern zu tun hat.

Vielfältige andere Umweltbelastungen wie Schwermetalle und Chemikalien wirken verstärkend. Als Folge von Elektrostress kann die Bildung des Hormons Melatonin in der Zirbeldrüse gehemmt werden. (Melatonin hat vielfältige Steuerungsfunktionen im Organismus: Es regelt den Schlaf-Wach-Rhythmus und weitere Hormonsynthesen und wirkt möglicherweise krebsverhütend.) Durch eine Störung dieser Funktionen wird das gesundheitliche Wohlbefinden empfindlich beeinflusst. Eine Verminderung von Elektrosmog bringt dem Vegetativum, dem Zentralnervensystem, der Zellkommunikation und der Psyche also eine wesentliche Entlastung.

Je nach Einwirkungsdauer können als Folgen von Regulationsstörungen neurovegetative Erschöpfung und Immunschwäche bis hin zu schweren chronischen Erkrankungen auftreten. Zur Verbesserung der Schlafqualität kommt es deshalb darauf an, den Einfluss von fremd- und selbstverursachtem Elektrosmog soweit wie möglich zu verringern. Auf dem 6. Internationalen Symposium über Umweltkrankheiten 1988 in Dallas, Texas, wurde bei elektrosensiblen Personen die Schwelle für das Auftreten von belastenden Symptomen bei einer magnetischen Feldstärke ab 20 nT (Nanotesla) angesetzt. ("Nanotesla" ist ein milliardstel Tesla; "Tesla" ist die Maßeinheit für die magnetische Feldstärke.) Zum Vergleich: Hirnströme und der Kalziumhaushalt werden ab 10 nT frequenzabhängig verändert. Nach unseren Erfahrungen sowie Dr. H.-Peter Neitzke vom ECOLOG-Institut in Hannover sollte bei nicht abschirmbaren magnetischen Wechselfeldern an Arbeitsplätzen die halbe Computerarbeitsplatznorm (TCO) von 100 nT unterschritten werden.

Zum Schutz der Bevölkerung wurden nach der 26. Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz neue Grenzwerte beschlossen, die als "Elektromagnetische Umweltverträglichkeit" (EMVU-VO) seit dem 1. Januar 1997 in Kraft sind. Diese Grenzwerte sind nach den Erfahrungen der Selbsthilfegruppe Elektrosmog Bayreuth und vieler anderer Patienteninitiativen sowie kritischer Wissenschaftler zu hoch und werden dem verfassungsrechtlich beanspruchbaren Schutz ›leidender Menschen‹ nicht gerecht. Es ist deshalb Eigenvorsorge zu empfehlen, um sich soweit wie möglich und wirtschaftlich vertretbar ein "Elektrosmogarmes Erholungsklima" (E Ek) zu schaffen. Die schwedische Norm für Computerarbeitsplätze TCO mit internationalem Standard (200 nT) ist ein erster Ansatz.

Die Bedeutung und Auswirkungen der elektromagnetischen Felder natürlichen Ursprungs (nat. EMF) mit ihren sehr niedrigen Feldstärken und biologischen Informationswirkungen bzw. Steuerungen von Lebensvorgängen sind für biologische Systeme wie die des Menschen oder der Vegetation bislang noch unzureichend erforscht. Dies gilt auch bei Waldschäden durch Funkwellen. Genaue Kenntnisse hierüber wären notwendig, um den Einfluss technischer elektromagnetischer Felder erfassen zu können. In der Weltraumforschung zeigte sich, dass niederfrequente Felder (ca. 8 Hertz), die durch sogenannte Schumannwellengeneratoren in Raumschiffen erzeugt werden, für die körperlichen Regulationsvorgänge unentbehrlich sind. Bei starker Wetterstrahlung (Sferics bei 28 Kilohertz) sind vermehrte epileptische Anfälle nachgewiesen. (Sferics sind elektromagnetische Wellen, die von Gewitterfronten ausgehen und bei wetterfühligen Menschen Beschwerden auslösen.) Aufgrund dieser sowie weiterer internationaler Forschungsergebnisse muss allgemein davon ausgegangen werden, dass technisch erzeugte elektromagnetische Felder für den menschlichen Organismus auch unterhalb der Feldstärken die eine Temperatursteigerung bewirken (im sogenannten athermischen Bereich) biologische Wirkungen haben. Seit der Wiener EMF-Deklaration 1998 sind biologische Effekte im Niedrigdosisbereich wissenschaftlich gesichert. Dazu gehört auch die Studie "Gesundheitliche Auswirkungen des Kurzwellensenders Schwarzenburg" unter der Leitung von Prof. Theodor Abelin vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern. Hier wurde festgestellt, dass der Sender die Schlafqualität der am stärksten belasteten Personengruppen auch unter den gesetzlichen Grenzwerten nachhaltig beeinträchtigt (Altpeter u.a. 1995). Der Sender wurde zwischenzeitlich abgebaut. Auch hierzulande sind derartige Untersuchungen notwendig.

In der Regel wissen nur sehr wenige Ärzte um die Gefahren durch Elektrosmog. Eine Ausnahme bilden einige engagierte Umweltmediziner. Bei Schulmedizinern hingegen ist das Risiko einer Fehldiagnose (zum Beispiel als "Psychose", "Depression" oder "psychovegetative Dystonie") und einer Fehlbehandlung durchaus gegeben (Bultmann 1996). Bei Bedarf empfiehlt es sich deshalb, in Zusammenarbeit mit einem umweltmedizinisch qualifizierten Arzt, der die Messergebnisse richtig interpretieren kann, eine elektro- bzw. baubiologische Messung durchzuführen. Dabei soll protokolliert werden, wie weit ein ›Elektrosmogarmes Erholungsklima‹ erreicht wird. Ebenso kann auch eine Messung nach den baubiologischen Richtwertempfehlungen IBN Neubeuern in Anspruch genommen werden, siehe hierzu Anhang des Buches "Stress durch Strom und Strahlung" von W. Maes. Soweit kein umweltmedizinisch orientierter Arzt erreichbar ist, besteht die Möglichkeit, fachkundige Informationen unter anderem beim Fachkrankenhaus für Umweltkrankheiten in Bredstedt/Nordfriesland (Chefarzt: Dr. med. Eberhard Schwarz), beim Institut für Umweltkrankheiten in Bad Emstal (ärztliche Leitung Klaus-Dietrich Runow) oder beim Umweltmedizinischen Gesundheitsinstitut in Bayreuth (ärztliche Leitung: Dr. med. Herbert Noppeney) zu bekommen.

Für die gesetzlichen Grenzwerte ist das Bundesamt für Strahlenschutz die zuständige Behörde. Die Überwachung der Grenzwerte und Hochfrequenzmessungen obliegt seit 1. Januar 1998 der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post in Bonn mit ihren Außenstellen. Die Ergebnisse von Hochfrequenzmessungen – auch weit unterhalb der Grenzwerte – sind wichtig, da experimentelle Studien von William Ross Adey von der kalifornischen Loma Linda University School of Medicine belegen, dass es ab einer Strahlungsdichte von 10 nW/cm² zu einer veränderten bzw. erhöhten Durchlässigkeit der Hirnzellenmembranen kommt, was zu Störungen der natürlichen Hirntätigkeit führen kann. Dieser Wert würde bei einem üblichen, 35 Watt starken Mobilfunksender erst nach einem Abstand von ca. 800 m ohne Sicherheitszuschlag unterschritten. Ab einer Strahlungsdichte von 30 nW/cm² kann ein erhöhter Spiegel von Hirnaminen (speziellen Neurotransmittern) auftreten. Neuere Forschungen von Prof. Dr. Peter Semm zeigten, dass die Nervenzellen von Vögeln neuronale Reaktionen bei 40 nW/cm² aufweisen, das ist das 20 000fache unter dem deutschen Grenzwert.

Im Rahmen der Selbsthilfegruppe Elektrosmog Bayreuth hatte ich bereits mehrmals Gelegenheit, unter anderem beim Absetzen von Psychopharmaka Hilfestellung zu geben. In den Schlafräumen der Betroffenen führte ich entsprechende Elektrosmogmessungen durch und empfahl praktikable Maßnahmen zum Abbau von Elektrostress.

Als elektrosmogverursachende Störfelder in der eigenen Wohnung kommen alle möglichen elektrischen Geräte und Einrichtungen in Frage: Fernseh- und Videoapparate insbesondere mit Stand-by-Schaltungen, Faxgeräte, Computer und vieles mehr. Wer möglicherweise unter elektrosmogbedingten Schlafstörungen leidet, sollte diese Geräte aus dem Schlafraum entfernen.

Beispiele für den Einfluss von Elektrostress

Fall A: Junger Mann mit chronischen Schlafstörungen

Bei einem jungen Mann traten nach Einnahme niederpotenter Neuroleptika, die als Schlafmittel verordnet waren, auch in der sogenannten symptomfreien Zeit erhebliche Einschlaf- und Durchschlafstörungen auf. Elektrobiologische Messungen in seiner Wohnung ergaben niederfrequente elektrische und magnetische Felder.

Niederfrequente elektrische Felder

In der Mitte des Schlafraums maß ich 130 V/m, an der Steckdose des Schlafplatzes (in Kopfnähe) dagegen eine erhöhte Feldstärke von 300 V/m. Allein durch Wegrücken des Bettes von der Steckdose an der Wand um nur einen halben Meter konnte ich die am Schlafplatz bestehende Feldstärke um über die Hälfte senken.

Starke elektrische Felder können ein Hinweis auf einen mangelnden Isolationswiderstand der in der Wand verlegten älteren Stegleitungen sein. Besser wären hier abgeschirmte Leitungen und Dosen. Dimmerschalter zur Helligkeitsregulierung, die durch impulsartigen Strom biologische Störungsrisiken verursachen, sollten zumindest nicht im Schlafzimmer verwendet werden. Ebenfalls zu meiden sind elektrische Heizdecken, die während des Schlafs sehr starke elektrische Felder abgeben. Auch Energiespar- und Leuchtstofflampen in Bettnähe bilden eine vermeidbare Belastung selbst in ausgeschaltetem Zustand. Die altbewährten Glühlampen sind außer den teueren "True Light"-Lampen nach wie vor am verträglichsten.

Die Beeinträchtigung des menschlichen Körpers durch elektrische Wechselfelder ist häufig anzutreffen und meistens sanierbar. Diese Felder lassen sich durch mein Hilfsmessverfahren am praktikabelsten feststellen, wie den "Zweiquadratmeter-Messflächendummy" (1 x 2 m große faltbare Alufolie, erhältlich in Baumärkten). Zur Messung, Minimierung und Kontrolle, welche der Stromkreise bzw. Sicherungen beim Abschalten das elektrische Feld am meisten absenken, wird der Dummy auf die Bettfläche gelegt und an ein geerdetes Multimeter angeschlossen. Ab einer Körperspannung von 20 Millivolt (entspricht etwa 1 V/m Freifeldmessung) entstehen Nervenreizungen. Bei der Messung ist darauf zu achten, dass die Messfolie, die am Eingang für elektrische Wechselspannung am Multimeter angeschlossen ist, keine Berührung mit Metallen an Bett und Wand hat. Für den Erdungsanschluss des Multimeters reicht eine gute Hauserdung bzw. der Schutzleiter der Steckdose aus.

In unserem Fall konnte ich Abhilfe schaffen durch den Einbau eines Netzfreischaltautomaten (NFA) im Sicherungsverteilerkasten, der die elektrischen Felder wesentlich reduzierte. Der NFA funktioniert wie folgt: Wenn der letzte Stromverbraucher, zum Beispiel eine Lampe, ausgeknipst wird, schaltet der NFA den Stromkreis des Schlafzimmers und eventuell angeschlossener Nebenräume so ab, als würde der belastende Stromkreis durch Herausdrehen oder Abschalten der Sicherung von Hand vom Stromnetz getrennt. Der NFA schaltet automatisch wieder zu, wenn die Lampe erneut angeknipst wird. Schon allein damit konnte die elektrische Feldstärke auf 20 V/m gesenkt werden.

Für die – über die üblichen Vorschriften hinausgehende – Sanierung (unter anderem Lieferung und Einbau des NFA) wurde ein Elektromeister mit elektrobiologischer Fortbildung und entsprechender messgerätetechnischer Ausrüstung in Anspruch genommen. Nähere Informationen hierzu gibt es beim ›Arbeitskreis Elektrobiologie München‹. Die marktüblichen Kosten eines gebräuchlichen Netzfreischaltautomaten bewegen sich um € 100,- je nach Ausführung ohne Einbau. Nicht vergessen werden sollte eine Kontrollglimmleuchte in einer gut sichtbaren Steckdose zur Überwachung, ob der NFA frei- bzw. abschaltet.

Der junge Mann konnte bereits aufgrund der beschriebenen Sanierung erheblich besser schlafen. Die Einschlafstörungen hörten fast vollständig auf.

Niederfrequente magnetische Felder

Das bei dem jungen Mann gemessene magnetische Wechselfeld von 10 nT entsprach einem ›Elektrosmogarmen Erholungsklima‹. In ähnlichen Fällen war es wegen der hohen Störfelder (wie zum Beispiel unter einer Hochspannungsleitung) notwendig, dass das noch vorhandene Elektroradio mit Wecker vom Netzbetrieb ganz entfernt und durch einen Batteriewecker bzw. ein Batterieradio in über 1 m Abstand vom Bett ersetzt wurde. Eine ähnliche Störwirkung können übrigens Trafos für Niederspannungslampen und Ladegeräte haben. Für den sicheren Abstand von elektrotechnischen Geräten einschließlich Lautsprecherboxen zum Bett werden 2 m empfohlen. Auf Kopfhörer ist wegen der unmittelbaren Nähe der elektromagnetischen Felder zum Gehirn möglichst zu verzichten. Beim Telefon und Handy können solche Felder durch Freisprecheinrichtungen vermieden werden. Steckdosenleisten mit doppelpoliger Abschaltung ersetzen das nächtliche Herausziehen der Stecker von Geräten und Lampen. Dies ist notwendig, da viele Geräte oft noch im ausgeschalteten Zustand Elektrosmog verursachen.

Erdmagnetfeldverzerrungen durch magnetisierte Eisenteile treten im Schlafzimmer am häufigsten bei Matratzen mit Metallfederkern oder bei Stahlträgern in Betondecken auf. Sie stören das natürliche Magnetfeld der Erde am Schlafplatz. Dies lässt sich am einfachsten mit einem Kompass feststellen. Das Abweichen der Magnetnadel von ihrer normalen Nordrichtung erfordert Abhilfe. Metallteile haben zusätzlich noch eine Antennenwirkung, bei der elektromagnetische Felder in Resonanz geraten können. Die Sanierung erfordert, dass die Metallfederkernmatratze durch eine metallfreie Matratze aus reinen Naturmaterialen ausgetauscht wird, zum Beispiel aus Schafschurwolle, Rosshaar, Kapok, Stroh, Kokos, Baumwolle, Dinkelspelz, Naturlatex usw. Diese Materialien fördern einen gesunden und erholsamen Schlaf. Bei Stahlträgern in Betondecken sollte das Bett mindestens so weit weggerückt werden, bis das störende Magnetfeld die Kompassnadel nicht mehr verändert.

Die Benutzung eines Mobilfunk-Handys wurde bei dem jungen Mann auf Notfälle mit kurzer Gesprächsdauer reduziert.

Fall B: Schlafstörungen mit Erschöpfung

Bei einem Mann im Rentenalter – er hatte Psychopharmaka ohne Erfolg genommen – ergaben sich neben den Ein- und Durchschlafstörungen nach dem morgendlichen Erwachen besonders starke vegetative Stresssymptome ähnlich wie bei einem Alkoholkater, nämlich totale Erschöpfung, Konzentrations- und Merkstörungen, Anlaufschwierigkeiten, Schweißausbrüche, inneres angespanntes Zittern und abwechselnd aggressive und depressive Stimmung. Um mögliche Ursachen zu ermitteln, wurden elektrobiologische Messungen durchgeführt (niederfrequente elektrische und magnetische sowie hochfrequente elektromagnetische Felder).

Niederfrequente elektrische Felder

Im Schlaf- und Wohnraum in der fünften Etage war eine elektrische Feldstärke von 80 V/m vorhanden. Durch den Einbau eines NFA konnte der Wert unter 10 V/m gesenkt werden. Der verbleibende Rest kam durch die Wand aus der Nachbarwohnung.

Niederfrequente magnetische Felder

Am Bett sollten möglichst wenig Metallteile vorhanden sein. Deshalb entfernte ich in diesem Fall einen vorhandenen Motor zur Matratzenverstellung wegen seiner erheblichen magnetischen Störfelder. Danach ergab die Messung immerhin noch 120 nT, bedingt durch die Erdkabelversorgung benachbarter Wohnungen (obwohl Erdkabel wesentlich geringer belasten als ein Freileitungsanschluss). Weitere Verbesserungen hätte ich hier noch durch sehr kostenaufwendige Erdkabel mit Eisenabschirmung, Kompensation, Minimierung ungleicher Phasenbelastung und Stich- statt Ringleitung erreichen können.

Hochfrequente elektromagnetische Felder

Im Schlafzimmer zeigten sich starke Sendereinwirkungen durch Rundfunk und Fernsehen mit einer Strahlungsdichte von 100 nW/cm². Im Wohnzimmer, das im Funkschatten lag, habe ich ein Drittel der Strahlung gemessen. Die Verlegung des Schlafplatzes ins Wohnzimmer führte bereits zu einer spürbaren Verbesserung, jedoch noch nicht zu ausreichendem Wohlbefinden. Durch Probeschlafen des Betroffenen an verschiedenen, weit auseinanderliegenden Orten in derselben Gegend stellte sich heraus, dass gerade der in der Nähe des Wohnorts stationierte amplitudenmodulierte Mittelwellensender eine erhebliche zusätzliche Funkwellenbelastung bewirkte. Diese bestand in der tonfrequenzabhängigen Feldstärkenänderung der Hochfrequenzträgerwelle. Eine weitere, direkt leider nicht mehr beeinflussbare Beeinträchtigung ging auf eine Richtfunkstrecke mit ›biologisch resonanzfähigen Mikrowellen‹ zurück, die mit einem scheinwerferähnlichen Sendestrahl zum Beispiel Telefongespräche durch die Luft über große Entfernungen übertragen.

Speziell beim Handy ist Folgendes zu beachten: Messungen an einem digitalen Handytelefon ergaben, dass aufgrund der periodischen Stromentnahme aus der Batterie zusätzlich zur Hochfrequenzabstrahlung auch belastende niederfrequent gepulste Magnetfelder von über 7000 nT mit einer Frequenz von 217 Hertz an der Handyoberfläche entstehen. Weiteres bei Lebrecht von Klitzing (1996). Es sollte, soweit nicht darauf verzichtet werden kann, beim Kauf wenigstens auf eine minimale hochfrequente Strahlungsabgabe in Richtung Kopf geachtet werden (spezifische Absorptionsrate [SAR-Wert] von kleiner als 0,2 Watt/kg). Ausgezogene Antennen haben eine geringere Belastung für das Gehirn als eingeschobene oder Stummelantennen. Im Auto sollte kein Handy benutzt werden, es sei denn mit Sendeantenne nur auf dem Autodach und eingebauter Freisprechanlage. Die modernen Schnurlostelefone (DECT-Standard) strahlen dauernd. Soweit nicht darauf verzichtet werden kann, sollte es gegen ein ungepulstes analoges Telefon, das nur sendet, wenn telefoniert wird (CT1+-Standard), ausgetauscht werden. Zum Aufsuchen störender Dauerstrahler eignet sich eine Handy-Anrufleuchte als Schlüsselanhänger für ca. € 6.-.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Erfahrungsgemäß reagieren Personen mit Schlafstörungen individuell unterschiedlich empfindlich auf Elektrosmog (Frequenzen, Feldstärken, Einwirkungsdauer, Modulation und Pulsung), der beim Transport und Verbrauch technisch erzeugter elektrischer Energie auftritt und die nächtliche Erholung einschränken kann. Durch umsichtige Maßnahmen kann den Betroffenen geholfen werden, elektrosmogbedingte Schlafstörungen zu reduzieren und ihnen im Falle zusätzlicher, durch Psychopharmakaentzug bedingter, Schlafstörungen zum notwendigen Schlaf zu verhelfen.

Außerdem erkannten Umweltmediziner ein Zusammenwirken von Elektrosmog und Umweltschadstoffen bzw. -chemikalien bei einigen MCS-Patienten (Multiple Chemical Sensitivity, das ist eine körperlich bedingte vielfache Chemikalienunverträglichkeit bereits bei niedrigster Dosis). Der Gouverneur des US-Bundesstaats Connecticut machte 1998 durch eine "MCS-Awareness-(Bewusstseins-)Woche" die Bevölkerung auf die Ursachen dieser chronischen Krankheit und die Notwendigkeit von Rücksichtnahme im sozialen Umfeld aufmerksam. Das internationale Programm für Chemikaliensicherheit (IPCS) hat 1996 darauf hingewiesen, dass eine chemische Sensibilität im Sinne einer MCS nicht zu psychisch oder psychiatrisch bedingten Krankheitsbildern gehört. Daraufhin erklärte die deutsche Bundesregierung 1997 (Drucksache 13/7463), dass MCS-Patienten nicht psychiatrisiert werden dürfen. Das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und das Umweltbundesamt empfahlen 1996 MCS-Patienten "Vermeidungsstrategien" hinsichtlich gas- und staubförmiger symptomauslösender Chemikalien. Die Patienten bedürften professioneller ärztlicher Hilfe, eine soziale Isolation sei zu vermeiden (Kuklinski 1994; Maschewsky 1996). Wir fordern für Elektrosmogbetroffene dasselbe, was die Bundesregierung zumindest auf dem Papier für MCS-Patienten zum Ausdruck brachte: Anerkennung und Hilfestellung auch für elektrosensible Menschen. In der Praxis ist eine solche Unterstützung bisher ausgeblieben.

Politische Maßnahmen sind dringend erforderlich. Die "Salzburger Vorsorgewerte" für den Mobilfunkbereich mit 100 nW/cm² sind bereits überholt. Anzustreben sind die strengeren Forderungen der Bürgerresolution 1999, siehe Internet: www.buergerwelle.de/de/, die einem elektrosmogarmen Erholungsklima nahekommen. Weitgehend sollten Sendeanlagen zumindest nachts für sechs Stunden abgeschaltet werden. Richtfunkstrecken sind durch "leitungsgebundene Datenübertragung", wie Glasfaserkabel, zu ersetzen, die leistungsfähiger und emissionsfrei sind. Unsere Empfehlung, fremdverursachte Funkwellen zu reduzieren, sollte von den verantwortlichen Stellen dringend ernstgenommen werden.

Um nicht ewig warten zu müssen, bleibt Elektrosmogbetroffenen nichts anderes übrig, als Sofortmaßnahmen in Selbsthilfe vorzunehmen. Wer unter entzugsbedingten Schlafstörungen leidet, sollte sich nicht ausschließlich auf naturheilkundliche oder sonstige schlaffördernde Maßnahmen konzentrieren. Die Reduzierung von Elektrosmog kann ebenfalls dazu beitragen, zu einem gesunden Schlaf zu kommen. Hilfesuchende können sich an unabhängige Beratungsstellen wenden.

Adressen (Stand von 2001)

Bundesverband gegen Elektrosmog e. V.
Am Freudenberg 4 b
D-42119 Wuppertal
Tel. 02 02 / 4 08 50 77
Fax 02 02 / 4 08 50 78
www.risiko-elektrosmog.de/Organisationen/verbaende/verbaende.htm

Institut für Holistische Medizin
Franz-Wüllner-Straße 39
D-81247 München
Tel. 0 89 / 88 52 22
Fax 0 89 / 8 20 42 28
www.institut-fuer-holistische-medizin.de/

Selbsthilfegruppe Elektrosmog Bayreuth
Ringau 1
D-95515 Plankenfels
Tel. 0 92 04 / 12 50
www.deam.de/selbsth/elektro.htm

Multiple-Chemical-Sensitivity
Königsbergstr. 5 b
D-95448 Bayreuth
Tel. 09 21 / 2 35 82
www.mcsmed.de

Selbsthilfeverein für Elektrosensible e.V.
Dachauer Str. 90
D-80335 München
Tel. 0 89 / 2 33 03 75
Di. &. Do. 9-12 Uhr
www.shz-muenchen.de/fileadmin/_processed_/c/2/csm__MG_6867Nr._43_Elektrosensible_6aab795bc1.jpg

Einführende Literatur

  • Katalyse e.V. (Hg.): "Elektrosmog, Gesundheitsrisiken, Grenzwerte, Verbraucherschutz", Heidelberg 2001

  • Strahlentelex mit Elektrosmog-Report

  • Selbsthilfeverein für Elektrosensible e. V. (Hg.): "Kleiner Leitfaden zur Elektrosensibilität", erhältlich im Gesundheitshaus der Stadt München, Zimmer U3, Dachauer Str. 90, 80335 München, Tel. & Fax: 0 89 / 52 07-201. Bürozeiten: Di und Do. 9-12 Uhr

  • Verbraucher-Zentrale Niedersachsen e. V. (Hg): "Wir reden vom Elektrosmog", Broschüre, Hannover, jährlich aktualisiert. Bestelladresse: Verbraucher-Zentrale Niedersachsen e. V., Herrenstr. 14, D-30159 Hannover, Fax 05 11 / 9 11 96 10

  • Maes, Wolfgang: "Stress durch Strom und Strahlung: Baubiologie: Unser Patient ist das Haus (Elektrosmog, Mobilfunk, Radioaktivität, Erdstrahlung, Schall)", Institut f. Baubiologie u. Oekologie; 5. vollst. aktualis. u. erg. Aufl. 2005

Literaturangaben

  • Altpeter, E.S. u.a.: "Study on health effects of the shortwave transmitter station of Schwarzenburg, Berne, Switzerland (Major Report)", BEW Publication Series Study No. 55, Bern 1995

  • Becker, Robert: "Heilkraft und Gefahren der Elektrizität", München 1993

  • Braun-von Gladiß, Karl-Heinz: "Das biologische System Mensch", Lüneburg 1995

  • Bultmann, Antje (Hg.): "Vergiftet und alleingelassen. Die Opfer von Giftstoffen in den Mühlen von Wissenschaft und Justiz", München 1996

  • Daunderer, Max: Gifte im Alltag. Wo sie vorkommen – Wie sie krank machen – Wie man sich vor ihnen schützt, München 1995

  • Deutscher Bundestag: "Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Angelica Schwall-Düren...", Drucksache 13/7463 vom 18. April 1997

  • König, Herbert: "Unsichtbare Umwelt. Der Mensch im Spielfeld elektromagnetischer Kräfte", München 1986

  • König, Herbert / Folkerts, Enno: "Elektrischer Strom als Umweltfaktor", 2. Aufl., München 1997

  • Kuklinski, Bodo: "Neue Chancen zur natürlichen Vorbeugung und Behandlung von umweltbedingten Krankheiten", Bielefeld 1994

  • Leitgeb, Norbert: "Strahlen, Wellen, Felder", München 1990

  • Maes, Wolfgang: "Streß durch Strom und Strahlung. Elektrosmog – Radioaktivität – Raumklima – Wohngifte – Partikel – Pilze", 3. Aufl., Neubeuern 1998

  • Maschewsky, Werner: "Handbuch Chemikalienunverträglichkeit (MCS)", Hamburg 1996

  • Mayer-Tasch, Peter C. / Malunat, B.M.: "Strom des Lebens – Strom des Todes. Elektro- und Magnetosmog im Kreuzfeuer", Frankfurt am Main 1995

  • Neitzke, H.-Peter: "Risiko Elektrosmog", Basel 1994

  • Popp, Frit Albert: "Electromagnetic Bio-Information", München 1989

  • Runow, Klaus-Dietrich: "Klinische Ökologie – Angewandte Umweltmedizin", Stuttgart 1994

  • Steinig, Heinz: "Elektrosmog – der unsichtbare Krankmacher", Freiburg 1994

  • Varga, András: "'Elektrosmog'. Molekularbiologischer Nachweis über die biologische Wirkung elektromagnetischer Felder und Strahlen", Selbstverlag 1995

  • Von Klitzing, Lebrecht: "Gibt es für das biologische System eine elektromagnetische Verträglichkeit?", Lübeck 1996

  • Warnke, Ulrich: "Der Mensch und die 3. Kraft. Elektromagnetische Wechselwirkung", 2. Aufl., Saarbrücken 1997

  • Warnke, Ulrich: "Risiko-Wohlstandsleiden", Saarbrücken 1998

Über den Autor

Franz Mayerhofer, Diplomwirtschaftsingenieur. Interessenschwerpunkt: die Folgen der modernen Technik für Gesundheit und Umwelt. Im Bereich des gesunden Bauens und Wohnens leitet er seit 1992 die "Selbsthilfegruppe Elektrosmog Bayreuth". Er betreut den "Selbsthilfe-Arbeitskreis Alternative Heilverfahren in Oberfranken Umweltmedizin, Psychotherapie und Psychiatrie". (Stand: 1998)