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Übersicht
über das »White
Paper über den Schutz der Menschenrechte und Menschenwürde
im Bereich Psychiatrie, insbesondere psychiatrischer Einrichtungen«
Straßburg, 3. Jänner 2000
(cdbi/cdbi-ph/doc/dirjur/2000.2 white paper)
EUROPARAT
DIR/JUR(2000)2
"WHITE PAPER" über den Schutz der Menschenrechte
und der Würde von Menschen, die an einer Geistes-Störung
leiden, insbesondere jener, welche als unfreiwillige Patienten
in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht sind
Das gegenständliche "White Paper", das von einem Arbeitskreis
des Steering Committee on Bioethics (CDBI) des Europarates verfasst
worden ist, wird aus Gründen der öffentlichen Konsultation
in der Absicht veröffentlicht, Richtlinien festzulegen, welche
in einer neuen Rechtsurkunde des Europarates zu inkludieren sind.
Das CDBI hat die Veröffentlichung des gegenständlichen
Dokumentes genehmigt, dessen Inhalt in diesem Stadium nur das
Ergebnis der Arbeitsgruppe von Experten darstellt. Die darin enthaltenen
Auffassung müssen daher nicht notwendigerweise die endgültige
Position des CDBI, des Ministerkomitees des Europarates oder seiner
Mitgliedsstaaten widerspiegeln.
Einleitung
Das Ministerkomitee des Europarates hat am 22. Februar 1983
die Empfehlung Nr. R (83)2 an die Mitgliedsstaaten über den
rechtlichen Schutz von Personen, die an einer Geistesstörung
leiden und als unfreiwillige Patienten angehalten werden, angenommen
(siehe Anhang 2) [Der Anhang 2 wird nur für Informationszwecke
und nicht für Konsultationszwecke angeschlossen.]
Am 12. April 1994 hat die parlamentarische Versammlung des Europarates
die Empfehlung 1235 (1994) über Psychiatrie und Menschenrechte
angenommen, worin sie das Ministerkomitee einlädt, eine neue
Empfehlung anzunehmen, die sich auf den Regeln gründet, welche
im genannten Text aufscheinen (siehe Anhang 3). [Der Anhang 3
wird nur für Informationszwecke und nicht für Konsultationszwecke
angeschlossen.]
Dieser Empfehlung der parlamentarischen Versammlung folgend
hat das Ministerkomitee den Arbeitskreis über Psychiatrie
und Menschenrechte (CDBI-PH) geschaffen, der eine untergeordnete
Einrichtung des Steering Committee on Bioethics (CDBI) ist.
Die Aufgabenstellung für den Arbeitskreis über Psychiatrie
und Menschenrechte (CDBI-PH) lautet wie folgt: "Im Auftrag des
Steering Committee on Bioethics (CDBI) sowie im Lichte der Empfehlung
Nr. R 3) 2 über den rechtlichen Schutz von Personen, die
an einer Geistesstörung leiden und als unfreiwillige Patienten
angehalten werden, und der Empfehlung 1235 (1994) der parlamentarischen
Versammlung über Psychiatrie und Menschenrechte die Ausarbeitung
on Richtlinien, welche in einer neuen Rechtsurkunde des Europarates
zu inkludieren sind. Diese Richtlinien sollten zum Ziel haben,
den Schutz der Menschenrechte und der Würde von Menschen,
die an einer Geistesstörung leiden, insbesondere jener, welche
als unfreiwillige Patienten in einer psychiatrischen Einrichtung
untergebracht sind, sicherzustellen, und zwar einschließlich
ihrer Rechte auf eine angemessene Behandlung."
Während seiner Tätigkeit hat der CDBI-PH stets das
Erfordernis vor Augen gehabt, die Menschenrechte der in psychiatrischen
Anstalten angehaltenen Personen zu schützen, welche in der
Vergangenheit häufig verletzt worden sind; in diesem Zusammenhang
hat der CDBI-PH unter anderem ordnungsgemäß die Bestimmungen
des Artikels 5 Absatz 4 der Europäischen Konvention zum Schutze
der Menschenrechte berücksichtigt, die wie folgt lauten:
"Jedermann, dem seine Freiheit durch Haft oder Festnahme entzogen
wird, hat das Recht, ein Verfahren zu beantragen, in dem von einem
Gericht ehetunlich über die Rechtsmäßigkeit der
Haft entschieden wird und im Falle der Widerrechtlichkeit seine
Entlassung angeordnet wird."
Bei seinen Erwägungen im Hinblick auf den Punkt der unfreiwilligen
Anhaltung und Behandlung hat der CDBI-PH auch hervorgehoben, dass
irrelevant dessen, welche unabhängigen Einrichtungen diese
Einschränkung der Freiheit überwachen, diese Einrichtungen
die Therapeuten und Fachleute, die in einem direkten Kontakt mit
den unter einer Geistesstörung leidenden Personen stehen,
von ihren ethischen und gesetzmäßigen Erwägungen
nicht entlassen können, welche die ständigen Begleiter
bei ihrer Arbeit sein müssen. Es ist die Pflicht aller Psychiater,
welche für die hauptsächlichen Entscheidungen hinsichtlich
der Zukunft ihrer Patienten verantwortlich sind, ihre Auffassung
ständig durch den Dialog und die Transparenz betreffend die
gewonnene Meinung gegenüber ihren Berufskollegen, ihren Patienten
und der gesamten Gemeinschaft zu vertreten.
Der CDBI-PH hat von der wertvollen Erfahrung des Europäischen
Komitees für die Verhinderung der Folter und der unmenschlichen
oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung ICPT) profitiert.
Insbesondere hat er einen Gedankenaustausch mit dem Ersten Vizepräsidenten
und mit einem Experten des CPT abgehalten. Weiters ist der Teil
III des achten allgemeinen Berichtes über die Tätigkeit
des CPT im Zeitraum 1. Jänner bis 31. Dezember 1997 I Dokument
CPT/Inf I98) 12) der unfreiwilligen Anhaltung in psychiatrischen
Einrichtungen gewidmet.
Das gegenständliche "White Paper" wird aus Gründen
der öffentlichen Konsultation in der Absicht veröffentlicht,
Richtlinien festzulegen, welche in einer neuen Rechtsurkunde des
Europarates zu inkludieren sind.
Das CDBI hat die Veröffentlichung des gegenständlichen
Dokumentes genehmigt, dessen Inhalt in diesem Stadium nur das
Ergebnis der Arbeitsgruppe von Experten darstellt. Die darin enthaltene
Auffassungen müssen daher nicht notwendigerweise die endgültige
Position des CDBI, des Ministerkomitees des Europarates oder seiner
Mitgliedsstaaten widerspiegeln.
Der Europarat wird direkt repräsentative Organisationen
auf Europäischer Ebene betreffend das gegenständliche
Dokument konsultieren. Die staatlichen Behörden werden ihrerseits
Konsultationen auf nationaler Ebene organisieren.
In beiden Fällen müssen Kommentare von diesen Konsultationen
das Sekretariat des Europarates in englischer oder französischer
Sprache spätestens Ende Oktober 2000 erreichen.
Die Behandlung des Problems könnte hinsichtlich der folgenden
Punkte gegliedert werden:
-
Der Anwendungsbereich der neuen Rechtsurkunde.
-
Die Kategorien, welche den Begriff der Geistesstörung
umfassen.
-
Die Kriterien für die unfreiwillige Anhaltung
in einer psychiatrischen Anstalt und für die unfreiwillige
Behandlung.
-
Das Verfahren zur Erlangung einer Entscheidung für
die unfreiwillige Anhaltung und die unfreiwillige Behandlung.
-
Das Verfahren für die unfreiwillige Anhaltung
und Behandlung in Notfällen.
-
Unfreiwillige Behandlung spezifische Erwägungen.
-
Spezialbehandlungen.
-
Die unfreiwillige Anhaltung und Behandlung von Minderjährigen.
-
Die Einbeziehung der Polizei, der Gerichte und des
Gefängnissystems bei der unfreiwilligen Anhaltung und
Behandlung.
-
Untersuchung von Personen, die an einer Geistesstörung
leiden und als unfreiwillige Patienten in einer psychiatrischen
Anstalt angehalten werden.
-
Die Menschenrechte von Personen, die an einer Geistesstörung
leiden, insbesondere jene, welche als unfreiwillige Patienten
angehalten werden.
-
Die Diskriminierung von Personen, die an einer Geistesstörung
leiden.
-
Die Beendigung der unfreiwilligen Anhaltung und Behandlung.
-
Die Überprüfung der Rechtsmäßigkeit
der unfreiwilligen Anhaltung und Behandlung.
-
Die Schaffung und Überwachung von Qualitäts-Standards
bei der Durchführung der Gesetze im Bereich der geistigen
Gesundheit.
-
Der Anwendungsbereich der neuen Rechtsurkunde
Es wird vorgeschlagen, dass
-
sie sowohl die unfreiwillige Anhaltung als auch
die unfreiwillige Behandlung umfassen soll, und zwar unabhängig
davon, ob die letztgenannte im Zusammenhang mit der unfreiwilligen
Anhaltung stattfindet oder nicht.
-
die unfreiwillige Behandlung nur aus therapeutischen
Gründen stattfinden soll;
-
unbeschadet anderslautender Erklärungen die
neue Rechtsurkunde auf die unfreiwillige Anhaltung und
die unfreiwillige Behandlung auf Grund von Entscheidungen
sowohl in Zivil- als auch in Strafsachen Anwendung finden
soll.
Sind diese Vorschläge annehmbar und angebracht?
-
Die Kategorien, welche den Begriff der Geistesstörung
umfassen
-
Im Verlauf seiner Arbeit hat der Arbeitskreis
bemerkt, dass die Definitionen für die Geistesstörung,
welche von der Weltgesundheitsorganisation und der Amerikanischen
Psychiatrischen Vereinigung vorgeschlagen werden, keine
genauen Grenzen festlegen. Es wurde daher die Meinung
vertreten, dass Geistesstörungen nicht mit absoluter
Genauigkeit klassifiziert werden können, und dass
der Begriff "Geistesstörung" Geisteskrankheit, geistige
Behinderung und Störungen in der Persönlichkeit
umfassen könnte (was die geistige Behinderung betrifft,
wurde angemerkt, dass in einigen Ländern der Begriff
"Lernunfähigkeit" verwendet wird).
-
Im Hinblick auf die Störungen in der Persönlichkeit
wurde das Urteil des Europäischen Gerichtshofes im
Winterwep-Fall erwogen, das wie folgt lautet: "..... Artikel
5.1.- Die Anhaltung einer Person nur deshalb, weil ihre
Ansichten oder ihre Verhaltensweisen von den in einer
bestimmten Gesellschaft vorherrschenden Normen abweichen,
kann in klarer Weise nicht als erlaubt angesehen werden."
-
Dennoch wurde angeregt, dass die unfreiwillige,
Anhaltung oder Behandlung nur im Hinblick auf gewisse
Arten der Geistesstörung angebracht sein sollte,
zum Beispiel für einige Leute, die an Psychosen oder
schweren Neurosen leiden, bestimmte Typen der Störungen
in der Persönlichkeit sowie bei signifikanten geistigen
Behinderungen. Personen mit einer geistigen Behinderung
zeigen manchmal ein Verhalten, das in schwerwiegender
Weise aggressiv und/oder unverantwortlich ist. Ein solches
Verhalten kann oder kann nicht mit einer Geisteskrankheit
verbunden sein. In einer Situation, wo die geistige Behinderung
mit einer Geisteskrankheit verbunden ist, erfordert die
Bewältigung der Situation fallweise die Anwendung
der Gesetze für die unfreiwillige Anhaltung und Behandlung.
Der Begriff "signifikante geistige Behinderung" ist als
eine Beschreibung dieser Störung verwendet worden.
-
Die unfreiwillige Anhaltung sollte unter keinen
Umständen für politische Ziele angewendet werden
(in dieser Hinsicht kann insbesondere auf die Empfehlung
Nr. R (83) 2 des Ministerkomitees an die Mitgliedsstaaten
über den rechtlichen Schutz von Personen, die an
einer Geistesstörung leiden und als unfreiwillige
Patienten angehalten werden, Bezug genommen werden, welche
besagt, dass "die Schwierigkeit bei der Anpassung an moralische,
soziale, politische oder andere Werte für sich allein
nicht als Geistesstörung angesehen werden sollte".
Gibt es Kategorien, die für die Zwecke der Gesetzgebung
im Bereich der geistigen Gesundheit in den Begriff der "Geistesstörung"
eingeschlossen oder davon ausgenommen werden sollen?
-
Ein alternativer Vorschlag für die Verwendung
der Geistesstörung ist die Verwendung des Begriffes
der geistigen Unfähigkeit, wobei die Entscheidungen
auf der Fähigkeit des Betroffenen, die von Ärzten
oder anderen Fachleuten zu beurteilen ist, beruhen, ob
die Art der Behandlung oder Einweisung verstanden wird,
ob die Vorteile einer solchen Maßnahme abgewogen
werden kann und ob eine Wahl getroffen und diese Wahl
mitgeteilt werden kann.
Sollte der Begriff der geistigen Unfähigkeit für
die Zwecke der Gesetzgebung im Bereich der geistigen Gesundheit
weiterentwickelt werden?
-
Die Kriterien für die unfreiwillige Anhalten
in einer psychiatrischen Anstalt und für die unfreiwillige
Behandlung
Der Arbeitskreis hat erwogen, dass die Entziehung der Freiheit
als ein Ergebnis der unfreiwilligen Anhaltung oder die Durchführung
einer unfreiwilligen Behandlung immer von einem Verfahren
zum Schutz der Rechte der betroffenen Person begleitet werden
muss.
Er fügte hinzu, dass eine Unterscheidung zwischen dem
Rechtsgrund für die unfreiwillige Anhaltung und dem Rechtsgrund
für die unfreiwillige Behandlung getroffen werden muss.
Mit anderen Worten bedeutet dies, dass die unfreiwillige Anhaltung
als solche nicht bedeutet, dass der Patient in jedem Fall
gegen seinen/ihren Willen behandelt werden kann, und es bedeutet
auch nicht, dass die unfreiwillige Behandlung unausweichlich
die unfreiwillige Anhaltung erfordert.
Ist die Unterscheidung zwischen der unfreiwilligen Anhaltung
und Behandlung gerechtfertigt und bedeutungsvoll?
Es scheint angebracht, die Auffassung aufrecht zu halten,
dass selbst dann, wenn der Patient unfreiwillig eingeliefert
wurde, die Vermutung der Zuständigkeit zur Entscheidung
über seine/ihre eigene Behandlung überwiegt, es
sei denn, dass die Unfähigkeit, über seine/ihre
eigene Behandlung zu entscheiden, eine der rechtlichen Gründe
für die Anhaltung war.
Es sollte einer Reihe von Kriterien gerecht werden, bevor
die unfreiwillige Anhaltung oder Behandlung stattfindet:
-
Die Existenz einer Geistesstörung muss erkannt
oder die Beurteilung abgegeben worden sein, welche für
die Feststellung notwendig ist, ob eine Geistesstörung
gegenwärtig vorliegt.
Sollten die Gründe für die Festnahme zwecks
Untersuchung beim Fehlen von ausdrücklichen Anzeichen
einer Geistesstörung definiert werden? Wenn ja, auf
welche Weise?
-
Die Geistesstörung muss mit sich bringen
-
a.- eine ernste Gefahr für die betroffene Person
(einschließlich für seine/ihre Gesundheit)
und/oder
-
a.- eine ernste Gefahr für andere Personen (vorausgesetzt,
dass die Anhaltung oder die Behandlung oder beides
in allen Fällen für die betroffene Person
wahrscheinlich vorteilhaft ist).
Sollten Vorschläge für die Festlegung und
Definition des erforderlichen Grades der Gefährlichkeit
in der Gesetzgebung inkludiert werden? Ist der Begriff
des "Risikos" jenem der "Gefahr" vorzuziehen?
-
Dass die betroffene Person zur Zustimmung fähig
ist und der Anhaltung oder Behandlung nicht zustimmt (die
Person ist zur Zustimmung fähig, doch weigert sie
sich explizit oder reagiert nicht), oder dass die Person
zur Zustimmung nicht fähig ist und die Anhaltung
oder Behandlung verweigert (es wurde hervorgehoben, dass
die unfreiwillige Anhaltung oder Behandlung insbesondere
in gewissen Fällen angewendet werden könnte,
in denen zum Beispiel die betroffene Person
mit der Maßnahme nicht anhaltend einverstanden ist
und deshalb seine /ihre Absicht im Hinblick auf die Anhaltung
oder Behandlung häufig ändern könnte).
-
Die mangelnde Verfügbarkeit von Maßnahmen,
mit denen dem Patienten die angebrachte Pflege auch auf
weniger restriktive Weise als der unfreiwilligen Anhaltung
gegeben werden kann. In diesem Zusammenhang sind Alternativen
zur Anhaltung erwähnt worden, welche den sofortigen
Zugang zu den verschiedenen Formen der offenen Pflege
(z.B. Tages-Hospitalisierung, tägliche Unterstützung
durch eine Krankenschwester zu Hause, effektive psychosoziale
Behandlungen, Fürsorge-Unterstützung) umfassen.
Die Mitgliedsstaaten müssen sicherstellen, dass Maßnahmen
getroffen werden, um die Alternativen zur Anhaltung so
weit wie möglich verfügbar zu machen.
In Anbetracht der schwerwiegenden Art dieser Gesetze
sollte die Gesetzgebung bestimmte Alternativen anführen,
welche stets zur Verfügung stehen sollten? Wenn ja,
welche?
Sollte die Entziehung der Freiheit im strafrechtlichen
Bereich auf andere / zusätzliche Kriterien als jene
gestützt werden, die oben unter a.- d. beschrieben
sind?
-
Das Verfahren zur Erlangung einer Entscheidung für
die unfreiwillige Anhaltung und die unfreiwillige Behandlung
-
Das unten beschriebene Verfahren betrifft andere
Umstände als Notfälle. Das Verfahren in Notfällen
wird unter der nächsten Überschrift behandelt.
-
Im Verlauf seiner Tätigkeit hat der Arbeitskreis
die Ansicht ausgedrückt, dass es erforderlich war,
dass
der Patient von einem Psychiater oder einem Arzt untersucht
wird, welcher über Erfahrung und Kompetenz verfügt,
insbesondere im Hinblick auf die Risiko-Beurteilung, sodass
eine Entscheidung über die unfreiwillige Anhaltung
oder die Verlängerung der unfreiwilligen Anhaltung
oder eine Entscheidung über die unfreiwillige Behandlung
oder deren Verlängerung zu treffen ist;
die Bestätigung der Entscheidung betreffend die
unfreiwillige Anhaltung oder Behandlung von einer relevant
unabhängigen Behörde gefasst wird, welche ihre
Entscheidung au gültige und zuverlässige Standards
des medizinischen Sachverständigengutachten gründen
soll.
-
Der Arbeitskreis hat lange den Begriff der "relevant
unabhängigen Behörde" erörtert. Insbesondere
hat er die Empfehlung 1235 (1994) der parlamentarischen
Versammlung über Psychiatrie und Menschenrechte erwogen,
welche befürwortet, dass die Entscheidung über
die Anhaltung von einem Richter gefasst wird. Er wurde
auch darüber informiert, dass in mehreren Mitgliedsstaaten
diese Entscheidung von Gremien getroffen werden kann,
die nicht Gerichte sind. Er wies darauf hin, dass das
Fallrecht des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte niemals gefordert hat, dass die anfängliche
Entscheidung über die Anhaltung von einem Gericht
oder einem gerichtsähnlichen Gremium gefasst werden
muss. Nach der Auffassung des Arbeitskreises war die relevante
Frage die Unabhängigkeit des Gremiums oder der Behörde,
welche die Entscheidung über die Anhaltung trifft,
wobei diese Unabhängigkeit durch den Umstand verifiziert
werden könnte, dass es eine andere Behörde war
als jene, welche die Maßnahme vorgeschlagen hat,
sowie durch den Umstand, dass die Entscheidung eine souveräne
Entscheidung war, nicht beeinflusst von Weisungen aus
irgendeiner Quelle. Es wurde daher bemerkt, dass in einigen
Ländern die relevante Behörde eine Arzt sein
kann, der in einer psychiatrischen Anstalt für eine
solche Entscheidung ermächtigt wurde, und welcher
zum Beispiel im Verhältnis zu jenem
Arzt, der die Anhaltemaßnahme vorschlug, unabhängig
sein sollte in anderen Ländern kann es ein
Sozialarbeiter oder Manager des Krankenhauses sein, der
an der Seite des Arztes bei der Untersuchung des Patienten
für die Zwecke der unfreiwilligen Anhaltung tätig
wird. Weiters sollte eine derartige Behörde sicherstellen,
dass die Aspekte der sozialen Fürsorge ordnungsgemäß
Berücksichtigung finden.
Was sollten die Charakteristika des "relevant unabhängigen
Gremiums" sein? Wer könnte vernünftigerweise dieser
Rolle entsprechen und wer nicht?
-
Auf der Grundlage insbesondere des Artikels 5,
Absatz 2, der Europäischen Menschenrechtskonvention
und des damit im Zusammenhang stehenden Fallrechtes haben
die Experten erwogen, dass die Entscheidung über
die unfreiwillige Anhaltung rasch und ordnungsgemäß
dokumentiert sein sollte, wobei die Dauer einer solchen
Anhaltung auszusprechen ist. Sie haben weiters erwogen,
dass der Patient prompt, ordnungsgemäß und
geeignet über die Gründe für die Anhaltung
informiert werden sollte. Schließlich sollte der
Patient im Rahmen dieses Verfahrens die Möglichkeit
haben, seine Ansichten und Meinungen über die Anhaltung
zu äußern, und das sollte vom relevanten unabhängigen
Gremium beachtet werden.
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Bei der Prüfung dieser Frage hat der Arbeitskreis
seine Meinung geäußert, dass die Familie und
andere, dem Patienten nahe stehenden Personen bei der
unfreiwilligen Anhaltung oder Behandlung konsultiert werden
sollten, und waren damit einverstanden, dass diese Konsultation
nur mit der Zustimmung des Patienten stattfinden sollte
es sei denn, dass weitere Umstände der öffentlichen
Sicherheit vorhanden sind, was bedeutet, dass die Familienmitglieder
und andere, dem Patienten nahe stehende Personen ohne
dessen Zustimmung konsultiert werden können. Weiters
sollten die Informationen an die Familienmitglieder und
die anderen, dem Patienten nahe stehenden Personen über
die Gründe für die Anordnung der unfreiwilligen
Anhaltung oder Behandlung rasch und in einer geeigneten
Weise derart erteilt werden, dass die Familie und die
anderen, nahe stehenden Personen diese auch verstehen
können. Dem Arbeitskreis ist es allerdings bewusst,
dass die Interessen der Familienmitglieder in bestimmten
Fällen nicht jene des Patienten sein könnten.
Sollen die Familienmitglieder immer über die Anhaltung
des Patienten oder die unfreiwillige Behandlung des Patienten
konsultiert werden? Sollen andere Personen, die dem Patienten
nahe stehen, den Vorzug gegenüber den Familienmitgliedern
in allen Fällen haben?
-
Schließlich hat er erwogen, dass im Falle
einer unfreiwilligen Anhaltung oder Behandlung einer Person,
die an eines Geistesstörung leidet und einen vom
Patienten namhaft gemachten gesetzlichen Vertreter hat,
dieser Vertreter informiert und konsultiert werden sollte,
wobei dies dahin zu verstehen ist, dass es am Patienten
oder seiner/ihrer nahen Familie oder Freunden liegt, die
Existenz eines solchen Vertreters der relevanten Behörde
mitzuteilen. Ferner wird darauf hingewiesen, dass die
Unterstützung durch einen gesetzlichen Vertreter
nicht zwingend sein soll, jedoch ausgenommen in jenen
Fällen, in denen die bester Interessen der betroffenen
Person dies erfordern (zum Beispiel in Fällen, wo
die Person an einer derart schweren Geistesstörung
leidet, dass sie einen Sachwalter benötigt).
-
Das Verfahren für die unfreiwillige Anhaltung
und Behandlung in Notfällen
-
Es wäre weder vernünftig noch ratsam,
immer auf die Entscheidung über die Anhaltung oder
Betreuung durch die relevant unabhängige Behörde
zu warten, und zwar unter anderem wegen der unmittelbaren
Gefahr für die betroffene Person und/oder andere
in einer Situation des Notfalls d.h. einer Situation,
in welcher eine unmittelbare Gefahr für die betroffene
Person und/oder andere besteht und wo das Gutachten eines
Psychiaters nicht sofort eingeholt werden kann. Der Arbeitskreis
hat daher erwogen, dass in einer Notsituation die unfreiwillige
Anhaltung und Behandlung ohne der relevant unabhängigen
Behörde welche zur Entscheidung berufen wäre,
stattfinden kann, jedoch auf der Grundlage einer stichhaltigen
und zuverlässigen ärztlichen Beurteilung infolge
einer Untersuchung des Patienten im Hinblick auf die Anhaltung
und Behandlung. Der Arbeitskreis hat dennoch hervorgehoben,
dass das Verfahren im Notfall nicht mit dem Ziel angewendet
werden sollte, die Anwendung des normalen Verfahrens zu
vermeiden.
-
Unter diesen Umständen sollte die relevant
unabhängige Behörde eine dokumentierte und formelle
Entscheidung über die unfreiwillige Anhaltung
und Behandlung so rasch wie möglich auf der Basis
eines stichhaltigen und zuverlässigen psychiatrischen
Gutachtens nach Einholung einer Äußerung durch
die betroffene Person fassen. Es scheint auch ratsam zu
erwägen, dass bei dieser Entscheidung die relevant
unabhängige Behörde die anderen, von der Gemeinschaft
angebotenen Möglichkeiten (Tages-Hospitalisierung,
effektive psychosoziale Behandlung, Fürsorge-Unterstützung,
etc.) beachten und jede Änderung im Gesundheitszustand
des Patienten nach der Anhaltung berücksichtigen
sollte.
-
Bei der Annahme dieser Auffassung haben sich die
Experten insbesondere auf das Fallrecht der Europäischen
Menschenrechtskonvention gestützt, welches keine
vorhergehende Entscheidung der relevant unabhängigen
Behörde in einer Notsituation verlangt. Das Urteil
des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
vom 5. November 1981 im Fall X gegen das Vereinigte Königreich
besagt insbesondere folgendes: "..... das Winterwerp-Urteil
ausdrücklich 'Notfälle' als Grund für eine
Ausnahme vom Prinzip dargelegt, wonach der betroffenen
Person die Freiheit nur dann entzogen werden soll, wenn
sie in zuverlässiger Weise gezeigt hat, dass sie
'geistesgestört' ist ...."
Gibt es andere Schutzmaßnahmen im Zusammenhang
mit Notsituationen?
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Unfreiwillige Behandlung spezifische Erwägungen
-
Der Arbeitskreis hat als ein grundlegendes Prinzip
angenommen, dass die Behandlung in allen Fällen zum
Wohle des Patienten erfolgen muss. Die Behandlung sollte
stets als Antwort auf ein festgestelltes klinisches Symptom
angewendet werden, ein therapeutisches Ziel haben und
voraussichtlich einen reellen klinischen Vorteil bewirken
können. und nicht nur einen Effekt auf die administrative,
kriminelle, familiäre oder andere Situation des Patienten
haben (obgleich erwogen wurde, dass es wichtig ist, die
soziale Situation der betroffenen Person zu berücksichtigen,
ist hervorgehoben worden, dass die letztere nicht die
erste Priorität begründet. Die Behandlung sollte
daher kein anderes Ziel haben als die Behandlung des Symptoms.
Sie muss eher einem medizinischen Erfordernis als einem
sozialen, familiären oder wirtschaftlichen Bedürfnis
gerecht werden. Ferner wurde hervorgehoben, dass die Betonung
eher auf das therapeutische Vorhaben als auf den vordringlichen
Beweis für die Wirksamkeit der Behandlung gelegt
werden sollte).
-
Weiters soll bei einer Person die unfreiwillig
angehalten wird, seine/ihre Fähigkeit zur Zustimmung
für jede Form und für den Verlauf der ins Auge
gefassten Behandlung verifiziert werden.
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Der Vertreter einer Person sollte konsultiert
werden, wenn er /sie aber die Zustimmung für eine
Behandlung der betroffenen Person verweigert, sollte es
möglich ein, sich an ein Gericht oder ein gerichtsähnliches
Gremium zu wenden, welches die Befugnis hat, die Entscheidung
des Vertreters zu bestätigen oder abzuändern.
-
Der Arbeitskreis hat auch die Meinung vertreten,
dass eine schriftliche Aufzeichnung der unfreiwilligen
Behandlung falls möglich in Konsultation
mit dem Patienten, oder seinem/ihrem Vertreter erstellt
und wenn es keinen Vertreter gibt an eine
unabhängige Behörde zur Entscheidung übermittelt
werden soll. Die Aufzeichnung sollte regelmäßig
überprüft werden und jederzeit einer Modifizierung
in Konsultation mit dem Patienten, seinem/ihrem Vertreter
oder einer unabhängigen Behörde wie es
zutreffend ist offen stehen. Sollte der Patient
einer solchen Aufzeichnung nicht zustimmen, sollte
er/sie die Möglichkeit zur Erhebung eines Rechtsmittels
an ein Gericht oder an ein gerichtsähnliches Gremium
haben.
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Schließlich soll ein schriftlicher Bericht
über den Verlauf jeder unfreiwilligen Behandlung
verfasst werden, ohne dass dieses Verfahren zu viel an
Bürokratie mit sich bringt, und die Behandlung sollte
stets dem Patienten angepasst werden. Insbesondere sollte
die unfreiwillige Behandlung in einem Verhältnis
zum Gesundheitszustand des Patienten stehen und
wo dies angebracht ist die Behandlung im Einverständnis
mit dem Patienten so rasch wie möglich durchgeführt
werden. Es wurde erwogen, dass nur offiziell anerkannte
pharmazeutische Produkte unfreiwillig verwendet werden
sollten und dass in Anbetracht der extensiven und häufig
exzessiven Verwendung von Medikamenten Nebenwirkungen
und Dosierungsvorschriften sorgfältig zu überwachen
sind, sodass solche Dosen so rasch wie möglich reduziert
werden können, wenn dies therapeutisch angebracht
ist. Ferner sollte die Bedeutung auch der Gruppentherapie,
Psychotherapie, Musiktherapie, dem Theater, Sportaktivitäten,
etc. sowie Möglichkeiten der täglichen körperlichen
Betätigung gewidmet werden. Schließlich wurde
auch die Erziehung als eine wichtige Komponente der täglichen
Lebensaktivitäten beurteilt.
-
Falls in einer Notsituation die geeignete Zustimmung
nicht erlangt werden kann, hat der Arbeitskreis auf der
Grundlage der relevanten Bestimmungen der Konvention über
Menschenrechte und Biomedizin die Auffassung vertreten,
dass jede erforderliche medizinische Intervention sofort
durchgeführt werden sollte.
-
Es wer nützlich, dass die Adressaten des
gegenständlichen Dokumentes jene Maßnahmen
aufzeigen, die ihrer Ansicht nach beim Konzept der unfreiwilligen
Behandlung nicht angewendet werden sollten.
-
Spezialbehandlungen
-
Diese Behandlungen sind kontroversiell geblieben.
Obgleich in diesem Punkt bereits eine Reihe von provisorischen
Schlussfolgerungen erzielt wurden, möchte der Arbeitskreis
die Auffassung der Adressaten des gegenständlichen
Dokumentes in dieser Hinsicht erfahren.
-
Untersuchungen bezüglich der elektrokonvulsiven
Therapie haben zum Beispiel gezeigt, dass sie bei depressiven
Erkrankungen wirksam ist. Die elektrokonvulsive Therapie
wird nunmehr in Verbindung mit anästhetischen und
muskelentspannenden Maßnahmen angewendet. Die Verwendung
einer nicht modifizierten elektrokonvulsiven Therapie
sollte strikt verboten sein. In Fällen von schweren
depressiven Erkrankungen könnte die Notbehandlung
ohne der Zustimmung oder seltener entgegen
der Zustimmung des Patienten wegen der Schwere der Krankheit
und mangels effektiver Alternativen berechtigt sein. Eine
elektrokonvulsive Therapie sollte unter Umständen
verabreicht werden, in denen die Würde des Patienten
stets respektiert wird.
-
Die Wirksamkeit der Psychochirurgie ist aber durch
geeignet kontrollierte Untersuchungen nicht festgestellt
worden. Wo Staaten die Verwendung sanktionieren, sollte
daher die Zustimmung des Patienten eine absolute Vorbedingung
für die Anwendung sein. Ferner sollte die Entscheidung
für die Anwendung der Psychochirurgie in jedem Fall
von einem Komitee bestätigt werden, das nicht ausschließlich
aus psychiatrischen Experten zusammengesetzt ist. Der
Arbeitskreis hat erwogen, dass die Gesetzgeber in jedem
Mitgliedsstaat besondere Protokolle für die Anwendung
der Psychochirurgie schaffen sollten. Insoweit es keinen
klaren Beweis für die Wirksamkeit der Psychochirurgie
gibt, sollten Länder, in denen die Verwendung noch
erlaubt ist, ein System einführen, mit welchem eine
vollständige Information über alle durchgeführten
Operationen aufgezeichnet wird. Es wurde auch daran gedacht,
dass es eine Wachsamkeit gegenüber der Verwendung
von Hormon-Implantaten zur Veränderung des Geschlechtstriebes
geben sollte.
-
Schließlich konnten keine Umstände
für möglich gehalten werden, in denen die Psychochirurgie
für Geistesstörungen eine nützliche Wirkung
für Minderjährige haben könnten.
-
Die unfreiwillige Anhaltung und Behandlung von Minderjährigen
-
Im Verlauf seiner Diskussion ist der Arbeitskreis
zur Auffassung gelangt, dass Schutzmaßnahmen für
Minderjährige strenger als jene für Erwachsene
sein sollten. Die Bedingungen und Sicherheitsmaßnahmen
im Hinblick auf die unfreiwillige Anhaltung und Behandlung
von Erwachsenen sollten auch auf Minderjährige im
selben Ausmaß als Minimum angewendet werden.
-
Minderjährige sind nicht fähig, ihre
eigenen Interessen zu verteidigen, sodass in aller, Fällen
die Beigabe eines Vertreters ab Beginn des Verfahrens
erfolgen sollte. Eine solche Vertretung muss nicht notwendigerweise
durch einen Rechtsanwalt erfolgen, sondern kann zum Beispiel
auch von einem Familienmitglied durchgeführt werden
vorausgesetzt, dass kein Interessenkonflikt mit dem Minderjährigen
besteht oder von einem Sozialarbeiter.
-
Auf der Grundlage der Bestimmungen der Konvention
über Menschenrechte und Biomedizin gelangte der Arbeitskreis
hinsichtlich der Zustimmung von Minderjährigen zur
Behandlung auch zur Ansicht, dass die Meinung des Minderjährigen
als ein ansteigend bestimmender Faktor im Verhältnis
zu seinem oder ihren Alter und Reifegrad berücksichtigt
werden sollte.
-
Was im einzelnen die Lebensverhältnisse von
Minderjährigen betrifft, die einer unfreiwilligen
Anhaltung unterliegen, ist erwogen worden, dass sie in
Räumlichkeiten behandelt werden und sich dort aufhalten
sollen, die von jenen für Erwachsene verschieden
sind, falls dies nicht gegen die Interessen des betroffenen
Minderjährigen verstößt. Das betrifft
zum Beispiel einige Ausnahmefälle,
in denen es für den "älteren Minderjährigen"
im besten Interesse ist, dass er in Räumlichkeiten
für Erwachsene und nahe seinem Wohnsitz und
somit im Kontakt mit seiner Familie untergebracht
wird und nicht in einer pädiatrischen Einheit, die
von seinem Wohnsitz weit entfernt liegt. Ferner gelangte
der Arbeitskreis zu der Auffassung, dass die vorzubereitende,
neue Rechtsurkunde festlegen sollte, dass jeder Minderjährige,
welcher an einer Geistesstörung leidet und sich als
unfreiwilliger Patient in einer psychiatrischen Anstalt
befindet, das Recht auf eine öffentliche Erziehung
haben sollte. Insbesondere sollte jeder Minderjährige
individuell beurteilt werden und falls dies möglich
ist ein individualisiertes Erziehungs- oder Ausbildungsprogramm
erhalten, wobei dies dahingehend zu verstehen ist, dass
der Unterricht von den relevanten Erziehungsanstalten
in Konsultation mit dem Management der psychiatrischen
Anstalt erfolgen soll. Die Wiedereingliederung von Minderjährigen
in das allgemeine Schulsystem sollte erfolgen, sobald
sie angebracht erscheint.
Gibt es andere Fragen oder Kommentare im Hinblick auf
die unfreiwillige Anhaltung und Behandlung von Minderjährigen
-
Die Einbeziehung der Polizei, der Gerichte und des
Gefängnissystems bei der unfreiwilligen Anhaltung und
Behandlung
-
Im Verlauf seiner Tätigkeit hat es der Arbeitskreis
als notwendig befunden, in der vorzubereitenden Rechtsurkunde
eine Reihe von Bestimmungen zu inkludieren, welche mehr
spezifisch der Frage der Einbeziehung der Polizei, der
Gerichte, und des Gefängnissystems bei der unfreiwilligen
Anhaltung und Behandlung gewidmet sind. Während der
Diskussion über dieses Thema wurde den Ansichten
eine besondere Bedeutung beigemessen, die vom Europäischen
Komitee zur Verhinderung der Folter und unmenschlicher
oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (CPT) ausgedrückt
werden, welches durch die Europäische Konvention
zur Verhinderung der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender
Behandlung oder Bestrafung aus dem Jahre 1987 autorisiert
zahlreiche Besuche in Orten unternimmt, wo Personen
ihre Freiheit entzogen wird, insbesondere in Gefängnissen
und psychiatrischen Anstalten der Vertragsstaaten der
Konvention.
Polizei
-
Der Arbeitskreis hat die Ansicht vertreten, dass
die Polizei der Garant für den Respekt der Sicherheit
der Person und für die öffentliche Ordnung ist.
Sie sollte die Befugnis haben, in Situationen zu
intervenieren, wo das Verhalten einer Person mit einer
Geistesstörung oder einer Person, die im begründeten
Verdacht einer Geistesstörung steht, eine ernste
Gefahr für sich selbst oder andere nach dem staatlichen
Recht darstellt. Die Intervention kann die Festnahme oder
die Einlieferung in eine Anstalt umfassen.
-
Er hat weiters erwogen, dass die Polizei die Interventionen
mit anderen Einrichtungen medizinischen oder sozialen
in öffentlichen oder privaten Bereichen mit
Respekt vor der Würde der betroffenen Person koordinieren
muss. Das sollte so weit wie möglich mit der Kooperation
und der Zustimmung der betroffenen Person erfolgen. Wo
eine Festnahme erforderlich ist, muss sie von der Polizei
mit Respekt vor der Würde der betroffenen Person
vorgenommen werden. Die Beamten, welche die Festnahme
durchführen, sollten die Verletzbarkeit von Personen
welche an einer Geistesstörung leiden, während
der polizeilichen Ermittlungen und der Festnahme in der
Polizeistation beachten. Wenn sich eine Festnahme ereignet
hat, muss eine medizinische Untersuchung prompt am Ort
des Ereignisses, in einem Krankenhaus oder in der Polizeistation
was angebracht ist erfolgen. Die medizinische
Untersuchung muss festlegen, ob die Person eine psychiatrische
Pflege benötigt; wenn dies der Fall ist, muss eine
medizinische und psychiatrische Beurteilung durchgeführt
werden. Der Arzt soll feststellen, ob die Person in der
Polizeistation sicher ist und ob er/sie die Betreuung
durch einen psychiatrischen Spezialisten benötigt.
Wenn der Verdacht einer Straftat vorliegt, ist gemäß
Artikel 5 Absatz 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention
die Sache rasch zu behandeln. Diese medizinische Untersuchung
soll die Beurteilung umfassen, ob die betroffene Person
fähig ist, auf die während der Ermittlungen
gestellten Fragen zu antworten, und zwar im Einklang mit
Artikel 5 der Menschenrechtskonvention, insbesondere Absatz
2, wonach jeder Festgenommene rasch in einer Sprache,
die er versteht, über die Gründe für eine
Verhaftung und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen
informiert werden muss.
-
Der CDBI-PH war weiters der Ansicht, dass die
Polizei im Rahmen ihres allgemeinen Auftrages, das heißt
als Garant für den Respekt vor der Sicherheit der
Person und für die öffentliche Ordnung, ersucht
werden kann, bei der Einlieferung von Patienten zur unfreiwilligen
Anhaltung in einem Krankenhaus oder in andere Pflege-Anstalten
sowie bei deren Abholung Unterstützung zu leisten.
-
Schließlich hat er erwogen, dass die Mitglieder
der Polizei eine geeignete Ausbildung hinsichtlich der
Beurteilung und Handhabung von Situationen, in denen Leute
mit einer Geistesstörung beteiligt sind, erhalten
sollten. Eine solche Ausbildung sollte in Konsultation
mit den örtlichen Gesundheitsdiensten zur Verfügung
gestellt werden und die grundlegende Unterweisung für
das Erkennen und die Behandlung von Leuten umfassen, welche
im Verdacht stehen, eine Geistesstörung im Hinblick
auf die relevante Gesetzeslage zu haben.
Gerichte und Gefängnisse
-
Der CDBI-PH hat die Meinung vertreten, dass die
Kriterien nach den Strafrecht denselben Kriterien folgen
sollten, die im Zivilrecht angewendet werden, jedoch mit
den folgenden Ausnahmen:
-
Die Zustimmung zur Anhaltung oder Behandlung kann
von der betroffenen Person gegeben werden, doch kann
das Gericht dennoch die Anhaltung oder Behandlung
anordnen.
-
Der für die Pflege der Person verantwortliche
Psychiater und/oder die unabhängige Behörde
können Restriktionen für das Ende der Anhaltung
oder Betreuung verfügt, was derart zu verstehen
ist, dass wie im Zivilverfahren das
Ende der Anhaltung oder Behandlung dann eintritt,
wenn die Kriterien dafür nicht mehr zutreffen.
Weiters kann die Person die Überprüfung
der Rechtmäßigkeit ihrer Anhaltung oder
Behandlung verlangen, und es sollte eine ex-officio
Überprüfung stattfinden, wenn ein solcher
Antrag nicht gestellt wird.
-
Der Arbeitskreis war auch der Auffassung, dass
Gerichte oder gerichtsähnliche Gremien die Möglichkeit
haben sollten, eine Person zur Anhaltung (an einem medizinisch
geeigneten Ort) und/oder Behandlung zu verurteilen und
diese Maßnahme mit oder ohne Bedingungen auf der
Grundlage von Sachverständigengutachten aufzuheben.
-
Der CDBI-PH hat erwogen, dass die Gerichte bei
der Verurteilung den Umstand berücksichtigen sollten,
dass Leute mit einer Geistesstörung an einem medizinisch
geeigneten Ort behandelt werden sollen. Ferner sollte
der Transfer zwischen Gefängnis und Krankenhaus stattfinden,
wenn er für die Beurteilung und/oder Behandlung erforderlich
ist.
-
Es wurde auch angemerkt, dass Leute mit einer
Geistesstörung in der Gemeinschaft, in normalen Gefängniseinrichtungen
oder in psychiatrische Anstalten und zwar sowohl
in zivilen als auch in sicheren behandelt werden
können (außerhalb des Gefängnisses oder
in spezialisierten Gefängniseinrichtungen gemäß
der Empfehlung Nr. R (98) 7 des Ministerkomitees an die
Mitgliedsstaaten betreffend die ethischen und organisatorischen
Aspekte der Gesundheitspflege im Gefängnis/Absatz
55 des entsprechenden Anhanges1. Die Indikationen für
die Behandlung in den verschiedenen Einrichtungen hängen
von der Schwere der Geistesstörung und der Behandelbarkeit
ab. Der Missbrauch von Substanzen (Alkohol und/oder Drogen1
oder Persönlichkeitsstörungen können als
in jeder der oben genannten Einrichtungen behandelbar
angesehen werden, doch hängt das von Sachverständigengutachten
nach der Untersuchung der betroffenen Person ab. Ein Häftling
(oder sein/ihr gesetzlicher Vertreter) welcher der Meinung
ist, dass seine Behandlung im Gefängnis in Ansehung
seines/ihres Zustandes unangebracht ist, oder welcher
der Meinung ist, dass sein/ihr Zustand mit dem Umfeld
des Gefängnisses unvereinbar sei, sollte die Möglichkeit
haben, das Gutachten eines Sachverständigen über
seinen Zustand zu begehren. Wenn sein/ihr Transfer abgelehnt
wird, sollte ein wirksames Rechtsmittelsystem zur Verfügung
gestellt werden.
-
Was die Gesundheitseinrichtungen in den Haftanstalten
betrifft, hat der Arbeitskreis, erwogen, dass die ärztliche
Vertraulichkeit garantiert und mit derselben Härte
wie in der Bevölkerung als Ganzes respektiert werden
soll. Er hat auch die Meinung vertreten, dass Gefängnisse
nicht befugt sein sollten, Leute aufzunehmen, die gemäß
den Gesetzen über die geistige Gesundheit unfreiwillig
angehalten oder behandelt werden, mit der Ausnahme, wo
besonders dafür bestimmte Spitalseinrichtungen vorhanden
sind. Wenn solche Einheiten innerhalb eines Gefängnisses
existieren, sollte das staatliche Überwachungsgremium
für ihre Registrierung und Überwachung verantwortlich
sein. Derartige Einrichtungen sollten in separaten Gebäuden
der Haftanstalt untergebracht sein und nicht der Leitung
der Gefängnisbehörde unterstehen.
-
Schließlich hat der CDBI-PH die Auffassung
vertreten, dass die Mitgliedsstaaten sicherstellen sollen,
dass ausreichende Bestimmungen für eine Reihe von
Spitalseinrichtungen mit einem geeigneten Sicherheits-Niveau
und forensisch-psychiatrischen Diensten auf einer Gemeinschaftsbasis
geschaffen werden. In dieser Hinsicht wurde hervorgehoben,
dass viele Länder Leute mit Geistesstörungen
haben, die in Gefängnissen angehalten werden, obwohl
eine Behandlung in einem Krankenhaus erforderlich wäre.
Die unterlassene Überstellung kann im Mangel der
Identifizierung innerhalb der Gefängnispopulation
bestehen, aber auch darin, dass nur unzureichende oder
ungeeignete Sicherheits- Krankenhäuser vorhanden
sind oder darin, dass sich die örtlichen Dienste
für die geistige Gesundheit einer Aufnahme widersetzen.
Der Arbeitskreis hat daher die Meinung vertreten, dass
die Mitgliedsstaaten Mechanismen schaffen sollten, um
diese Verstöße gegen die Menschenrechte des
Einzelnen zu überwinden.
Gibt es besondere Erwägungen, welche der Arbeitskreis
im Hinblick auf die Art machen sollte, in welcher die Polizei,
die Gerichte und die Gefängnisse Leute mit einer Geistesstörung
behandeln?
-
Untersuchung von Personen, die an einer Geistesstörung
leiden und als unfreiwillige Patienten in einer psychiatrischen
Anstalt angehalten werden.
Der Arbeitskreis über biomedizinische Untersuchung
des Steering Committee on Bioethics bereitet derzeit den Entwurf
eines Protokolls zur Konvention über Menschenrechte und
Biomedizin zum Thema biomedizinische Untersuchung vor und
erwägt unter anderem den Gegenstand der Untersuchung
von Personen, die ihrer Freiheit entzogen sind. Der Arbeitskreis
über Psychiatrie und Menschenrechte soll der Tätigkeit
dieses Arbeitskreises folgen und den Text des Entwurfes im
Hinblick auf die Untersuchung von Personen, die ihrer Freiheit
entzogen sind, überprüfen.
-
Die Menschenrechte von Personen, die an einer Geistesstörung
leiden, insbesondere jene, welche als unfreiwillige Patienten
angehalten werden
-
Der Arbeitskreis ist zur Ansicht gelangt, dass
jede Person, die an einer Geistesstörung leidet,
jene zivilen und politischen Rechte behalten sollte, für
die er/sie die Fähigkeit hat, Entscheidungen zu treffen;
weiters haben die Experten erwogen, dass dann, wenn der
Patient keine Fähigkeit zum Treffen von Entscheidungen
hat, angemessene Maßnahmen erfolgen sollten, damit
seine/ihre Angelegenheiten in seinem/ihren besten Interesse
verwaltet werden. Ferner soll jede Person, die an einer
Geistesstörung leidet, im möglichen Ausmaß
das Recht haben, in der Gemeinschaft zu leben und zu arbeiten
(insbesondere sollte die betroffene Person nicht automatisch
das Recht verlieren, zu wählen oder ein Testament
zu errichten, und er oder sie sollten wenn immer
das möglich ist befähigt werden, rechtswirksame
Geschäfte des täglichen Lebens abzuschließen).
Gibt es andere Erwägungen, die im Hinblick auf
die zivilen und politischen Rechte von Leuten gemacht werden
sollten, die an einer Geistesstörung leiden?
-
Die Umwelt- und Lebensverhältnisse einer
Person, die an einer Geistesstörung leidet, in Einrichtungen
für die geistige Gesundheit sollten unter
Bedachtnahme seines oder ihres Gesundheitszustandes und
im Einklang mit der nationalen Gesetzeslage so
nahe wie möglich zum normalen Leben von Personen
mit einem annähernd gleichen Alter und einer annähernd
gleichen Kultur sein, und insbesondere sollten Maßnahmen
für die berufliche Rehabilitation gesetzt werden,
um die Wiedereingliederung in die Gemeinschaft zu fördern.
Eine Reihe von Faktoren ist hervorgehoben worden, welche
ein positives, therapeutisches Umfeld für Personen,
die unfreiwillig in einer psychiatrischen Anstalt angehalten
werden, schaffen, wie etwa zum Beispiel
ausreichender Lebensraum für Patienten sowie eine
angemessene Beleuchtung, Beheizung und Belüftung,
die Verfügung über Nachtkästchen und Kleiderschränke,
die Individualisierung der Kleidung sowie die Vermeidung
der Verwendung von großen Schlafsälen, die
den Patienten die gesamte Privatsphäre entziehen.
-
Der Arbeitskreis hat auch erwogen, dass er oder
sie in eine weniger restriktive Pflegeanstalt überstellt
werden sollte, sobald es der Gesundheitszustand des Patienten
erlaubt.
-
Ferner sollte die Behandlung und Pflege des Patienten
auf ein individuell vorgeschriebenes Schema gegründet
sein, das mit dem Patienten erörtert wurde, regelmäßig
überprüft, im Falle der Notwendigkeit geändert
und von einem angemessen qualifizierten Personal vermittelt
wird (in dieser Hinsicht wurde daran gedacht, dass die
Qualifikationen des Personals in berufsmäßigen
Gremien zu registrieren sind, wobei das Personal selbst
an Programmen teilnehmen soll, welche eine fortlaufende
berufliche Weiterentwicklung vermitteln). Ausgenommen
in Ausnahmesituationen, d.h. im Interesse der öffentlichen
Sicherheit oder wie im Interesse der ärztlichen Untersuchung
vereinbart, (siehe den obigen Abschnitt 10) sollten Informationen
über die Gesundheit des Patienten, einschließlich
der medizinischen Daten, vertraulich bleiben (in diesem
Zusammenhang wurde auf Artikel 8 der Europäischen
Menschenrechtskonvention, welcher den Respekt für
das Privatleben der Leute umfasst, auf Artikel 10 der
Europäischen Konvention über Menschenrechte
und Biomedizin, die besagt, dass "jeder das Recht auf
Respektierung des Privatlebens hinsichtlich der Information
seines oder ihres Gesundheitszustandes hat", sowie auf
den Anhang zur Empfehlung No. R (97) 5 des Ministerkomitee
an die Mitgliedsstaaten über den Schutz von medizinischen
Daten, insbesondere auf die Prinzipien 3 und 7, hingewiesen).
Es wurde auch erwogen, dass selbst bei Respektierung der
oben genannten Instrumente eine relevante medizinische
Information über die Gesundheit des Patienten, einschließlich
der medizinischen Daten, an den Arzt oder an geeignete
Gesundheits- oder Sozialarbeitern übermittelt werden
kann, welche sie verlangen können.
-
Der Arbeitskreis hat auch das Thema der Mittel
eines physischen Zwanges und der Isolierung überprüft.
Er hat erwogen, dass die Anwendung von kurzen Zeiträumen
eines physischen Zwanges und einer Isolierung im richtigen
Verhältnis zu den damit verbundenen Vorteilen und
Risiken stehen sollte. Eine umfassende Ausbildung in den
Techniken des physischen Zwanges sollte dem Personal vermittelt
werden. In diesem Zusammenhang wurde hervorgehoben, dass
die Antwort auf ein gewalttätiges Verhalten des Patienten
abgestuft werden soll, das heißt, dass das Personal
anfänglich versuchen sollte, verbal zu antworten;
danach nur im erforderlichen Ausmaß
mit Mitteln des manuellen Zwanges; und nur an letzter
Stelle durch einen mechanischen Zwang. Es wurde auch hervorgehoben,
dass der physische Zwang immer innerhalb des Rahmens der
Behandlung angewendet werden muss. Mit anderen Worten
wenn er verwendet wird, so sollte der physische
Zwang als Teil der Behandlung gesehen werden.
-
Weiters wurde die Meinung vertreten, dass Isolierung
und Zwang mit mechanischen oder anderen Mitteln für
einen längeren Zeitraum nur in Ausnahmefällen
und dort, wo keine anderen Maßnahmen zur Bewältigung
der Situation vorhanden sind, erfolgen sollen; derartige
Mittel sollten nur über ausdrücklichen Anordnung
durch einen Arzt oder unter der Aufsicht eines Arztes
oder im Wege der sofortigen Mitteilung an einen Arzt zwecks
Genehmigung angewendet werden; die Gründe und Dauer
dieser Maßnahmen sollte in einem besonderen Register
im Personalakt des Patienten eingetragen werden.
Welche Sicherheitsmaßnahmen sollten vorgesehen
werden, um den Zwang und die Isolierung von Patienten zu
regeln?
-
Der Arbeitskreis hat auch die Frage des vorübergehenden
und dauernden Eingriffes in die Fortpflanzungsfähigkeit
der Personen geprüft und erwogen, dass sollte
dieses Thema in der neuen vorzubereitenden Rechtsurkunde
erwähnt werden es angebracht wäre, dass
die Empfehlung vorsieht, dass mit Ausnahme von ganz besonderen
Einzelfällen kein dauernder Eingriff in die Fortpflanzungsfähigkeit
ohne Zustimmung des Einzelnen erfolgen soll. Ferner sollte
der dauernde Eingriff in die Fortpflanzungsfähigkeit
des Einzelnen nur im besten Interesse der betroffenen
Person erfolgen, mit anderen Worten, das klinische Ziel
eines solchen Eingriffes sollte stets der Schutz der betroffenen
Person sein. Es sollte dann sicherlich angebracht sein,
darzulegen, dass die reine Tatsache, dass eine Person
an einer Geistesstörung leidet, kein ausreichender
Grund für einen dauernden Eingriff bei den Fortpflanzungsfähigkeiten
dieser Person ist. Wenn ein dauernder Eingriff in die
Fortpflanzungsfähigkeit von Personen ins Auge gefasst
wird, sollte die Sache von einem Gericht oder gerichtsähnlichen
Gremium überprüft werden.
Gibt es Ausnahmesituationen, welche den dauernden Eingriff
in die Fortpflanzungsfähigkeit von Personen erlauben,
die an einer Geistesstörung leiden? Wenn ja
was sind diese Situationen? Sollten Ausnahmesituationen,
in denen der dauernde Eingriff in die Fortpflanzungsfähigkeit
als zulässig erachtet wird, spezifiziert werden?
Welche Sicherheitsmaßnahmen sollten vorhanden
sein, um sicherzustellen, dass der dauernde Eingriff in
die Fortpflanzungsfähigkeit nur unter außergewöhnlichen
Umständen stattfindet?
-
Der Arbeitskreis hat seine Ansicht ausgedrückt,
dass das Recht der Person, welche an einer Geistesstörung
leidet und als unfreiwilliger Patient in einer psychiatrischen
Einrichtung angehalten wird, auf Korrespondenz mit jeder
geeigneten Behörde, seinem oder ihrem Vertreter und
seinem oder ihrem Rechtsanwalt nicht beschränkt werden
kann. In dieser Hinsicht wurde dargelegt, dass eine Beschränkung
der Korrespondenz mit dem Rechtsanwalt oder der geeigneten
Behörde, einschließlich des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte oder des Europäischen
Komitees für die Verhinderung der Folter und anderer
unmenschlicher oder herabsetzender Behandlung oder Bestrafung
(CPT), niemals erforderlich oder angebracht ist.
-
Was das Recht des Patienten auf Kommunikation
mit anderen als den oben genannten Personen betrifft,
ist erwogen worden, dass es nicht in unvernünftiger
Weise beeinträchtigt werden soll. Es wurde jedoch
darauf hingewiesen, dass es sich in gewissen Fällen
und im Einklang mit den relevanten Bestimmungen der Hausordnung
der betroffenen psychiatrischen Einrichtungen als notwendig
erweisen könnte, diese Rechte zu beschränken,
wo die Unterlassung einer solchen Maßnahme für
die Gesundheit des Patienten oder die zukünftigen
Aussichten oder für die Rechte und Freiheiten anderer
Personen zum Beispiel wiederholte unangenehme Telefongespräche
oder Briefe; Verdacht des Drogenhandels; ein anderes Beispiel
könnte sein, wenn jemand mit einer manischen Depression
schreibt und beabsichtigt, an seinen Arbeitgeber einen
Brief mit seiner Kündigung zu senden nachteilig wären.
Es wurde auch hervorgehoben, dass Maßnahmen wie
die Durchsuchung der Patienten und ihrer Zimmer, die Durchführung
von Urin- Drogentests nach dem Zufallsprinzip und das
Abhören von Telefongesprächen des Patienten
im Einklang mit der Hausordnung der betroffenen psychiatrischen
Einrichtung erfolgen können.
Welche Umstände könnten die Einschränkung
des Rechtes auf Kommunikation rechtfertigen? Welche Sicherheitsmaßnahmen
sollten existieren, um dieses Recht zu schützen?
-
Weiters hat der Arbeitskreis die Meinung vertreten,
dass in diesem Bereich besondere Regeln für Personen
in unfreiwilliger Anhaltung geschaffen werden könnten,
soferne diese Regeln nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen
des Artikels 8, Absatz 2, der Europäischen Menschenrechtskonvention
stehen, welche das Thema der Respektierung des Privat-
und Familienlebens betreffen.
-
Im Hinblick auf die Kommunikation von außen
wurde betont, dass es keine Störungen zwischen der
Außenwelt und der psychiatrischen Einrichtung einerseits
und dem Recht auf Erhalt von Informationen von Außen
andererseits geben sollte.
-
Schließlich hat der Arbeitskreis die Meinung
vertreten, dass die Freiheit der Personen, welche an einer
Geistesstörung leiden und als unfreiwillige Patienten
in einer psychiatrischen Einrichtung angehalten werden,
auf Empfang von Besuchen nicht in einer unvernünftigen
Weise eingeschränkt werden sollte. Dennoch sollte
dem Schutz von verletzbaren Patienten und Minderjährigen,
die in einer psychiatrischen Anstalt angehalten werden
oder diese besuchen, eine gebührende Beachtung geschenkt
werden, die während der Besuche missbraucht werden
könnten, und es sollte auch auf beschränkte
Besuchsrechte für gewisse Patienten und in gewissen
Pflegeanstalten geachtet werden. Es wurde die Meinung
vertreten, dass die Freiheit des Patienten auf Kommunikation
mit Besuchern im Einklang mit der Hausordnung der betroffenen
Anstalt ausgeübt werden sollte, und In dieser Hinsicht
sollte keine Unterscheidung zwischen psychiatrischen Einrichtungen
und anderen Krankenhäusern gemacht werden.
-
Der Arbeitskreis vertrat auch die Ansicht, dass
der Schutz der Situation des Patienten gemäß
der staatlichen Gesetzeslage der Mitgliedstaaten sichergestellt
werden sollte. In diesem Rahmen wurde hervorgehoben, dass
eine Person, die an einer Geistesstörung leidet,
seine/ihre zukünftige wirtschaftlich Situation gefährden
könnte. Die staatliche Gesetzgebung der Mitgliedsstaaten
sollte daher Maßnahmen zur Verfügung stellen,
die das Ziel haben, die wirtschaftliche Situation von
Leuten, welche an einer Geistesstörung leiden, zu
garantieren und zu unterstützen, zum Beispiel durch
eine Sachwalterschaft oder andere geeignete Mittel. Die
staatliche Gesetzgebung der Mitgliedsstaaten sollte auch
Maßnahmen zum Schutze der Interessen von Leuten,
die an einer Geistesstörung leiden, im Hinblick auf
die zukünftige Situation im Bereich der Beschäftigung
und des Familienlebens zur Verfügung stellen.
-
Die Diskriminierung von Personen, die an einer Geistesstörung
leiden
Bei der Erörterung dieses Problems haben die Experten
ihre Ansicht geäußert, dass die Mitgliedsstaaten
Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung von Leuten,
die an einer Geistesstörung leiden, ergreifen sollten,
und zwar auch innerhalb der Gesundheitsdienste. Die Mitgliedsstaaten
sollten auch das Abhalten von Kampagnen ermuntern, die das
Ziel haben, das Bewusstsein der Öffentlichkeit hinsichtlich
der Diskriminierung von Personen, die an einer Geistesstörung
leiden, zu verstärken. Hier wurde die Bedeutung des Artikels
14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Verbot
der Diskriminierung) und des Fallrechts des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte hervorgehoben. Bestimmte
Beispiele sind von den Experten dargelegt worden, insbesondere
die unrichtige und diskriminierende Verwendung von Begriffen
wie Schizophrenie in den Medien, diskriminierende Praktiken
hinsichtlich der Beschäftigung von Patienten oder von
ehemaligen Patienten, diskriminierende Praktiken im Hinblick
auf Versicherungen, weniger finanzielle und technische Mittel
zu Gunsten von psychiatrischen Einrichtungen oder allgemeinen
Krankenhäusern, wo Leute behandelt werden, die an einer
Geistesstörung leiden, etc. ..... Ferner sollten die
Mitgliedsstaaten in einer bestimmteren Weise die Aufmerksamkeit
der Regierungen und der relevanten öffentlichen und staatlichen
Institutionen auf den Rolle des Staates bei der Förderung
der geistigen Gesundheit und der Verbesserung und Aufrechthaltung
der Behandlung und der Lebensqualität von Leuten richten,
die an einer Geistesstörung leiden.
Welche konkreten Maßnahmen können von Mitgliedsstaaten
zur Verminderung der Diskriminierung erwartet werden?
-
Die Beendigung der unfreiwilligen Anhaltung und Behandlung
-
Der Arbeitskreis hat die Meinung vertreten, dass
die unfreiwillige Anhaltung oder Behandlung beendet werden
sollte, wenn die Kriterien für die unfreiwillige
Anhaltung oder Behandlung nicht mehr vorhanden sind; der
Arzt, die Anstalt und die unabhängige Behörde
sollten die Kompetenz haben, die unfreiwillige Anhaltung
unter Bedachtnahme auf die im obigen Punkt 3 erwähnten
Kriterien zu beenden. Es wurde betont, dass der für
die Pflege des Patienten verantwortliche Psychiater die
Beurteilung vornehmen soll, ob der Patient noch die Kriterien
für die unfreiwillige Anhaltung oder Behandlung erfüllt.
-
Was die nachträgliche Pflege derjenigen betrifft,
die unfreiwillig einer Anhaltung unterworfen wurden, haben
die Experten erwogen, dass geeignete Bestimmungen für
eine nachträgliche Pflege von den Mitgliedsstaaten
geschaffen werden sollen, wobei die Spitalspflege und
die Dienste in der Gemeinschaft zu verbinden sind, um
unter anderem sicherzustellen, dass die Beendigung der
unfreiwilligen Anhaltung so rasch wie möglich erfolgt
und um insoweit dies angebracht ist zu vermeiden,
dass die betroffene Person neuerlich unfreiwillig unter
Anhaltung gestellt wird. Aber er hat seiner Ansicht Ausdruck
verliehen, dass der Mangel an solchen Diensten außerhalb
der Anstalt für sich allein noch keinen ausreichend
Grund für eine Verlängerung der Anhaltung bilden
sollte.
-
Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit
der unfreiwilligen Anhaltung und Behandlung
-
Der Arbeitskreis hat erwogen, dass die Patienten
die Möglichkeit haben sollten, in angemessenen Zeitabständen.
die Überprüfung der Rechtmäßigkeit
der unfreiwilligen Anhaltung oder Behandlung durch ein
Gericht oder ein gerichtsähnliches Gremium zu begehren;
das Gericht oder das gerichtsähnliche Gremium gemäß
den Artikeln 5 und 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention
und des dazu ergangenen Fallrechtes des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte sollten so rasch
wie möglich entscheiden und ein kontradiktorisches
Verfahren verwenden; wenn ein Patient die Überprüfung
der Rechtmäßigkeit der unfreiwilligen Anhaltung
oder Behandlung nicht beantragt, sollte eine ex-officio-Überprüfung
der Rechtmäßigkeit von der unabhängigen
Behörde vorzugsweise von einem Gericht oder einem
gerichtsähnlichen Gremium in regelmäßigen
und angemessenen Zeitabständen erfolgen; ferner soll
die Person, welche als ein unfreiwilliger Patient angehalten
oder behandelt wird, im Verfahren zufolge des Antrages
an ein Gericht oder an ein gerichtsähnliches Gremium
entweder persönlich oder wenn es notwendig
ist durch einen Vertreter gehört werden.
-
Die Experten haben ihre Ansicht geäußert,
dass Personen, die als unfreiwillige Patienten angehalten
oder behandelt werden, das Recht auf einen Rechtsbeistand
haben sollten, wenn er/sie nicht vollständig in der
Lage ist, für sich selbst zu handeln, wobei er/sie
die Initiative für die Beigabe eines Rechtsbeistandes
nicht ergreifen muss. Die freie Verfahrenshilfe sollte
für die Beigabe des Rechtsbeistandes im Einklang
mit dem staatlichen Recht zur Verfügung stehen.
-
Die automatische Beigabe eines Rechtsbeistandes
in allen Verfahren vor dem Gericht oder dem gerichtsähnlichen
Gremium im Zusammenhang mit der unfreiwilligen Anhaltung
oder Behandlung sollte erwogen werden.
-
Es wäre angebracht, wenn die als unfreiwilliger
Patient angehaltene oder behandelte Person oder ihr Vertreter
Zugang zu allen Materialien vor dem Gericht oder gerichtsähnlichen
Gremium hätten und berechtigt wären, die Beweismittel
vor dem Gericht oder dem gerichtsähnlichen Gremium
anzufechten. Weiters wurde daran gedacht, dass der behandelnde
Arzt des Patienten über das Verfahren informiert
werden sollte, das vor das Gericht oder das gerichtsähnliche
Gremium gebracht wurde, sowie über sein Recht, an
diesem teilzunehmen.
-
Die gerichtliche Überprüfung durch ein
Gericht oder ein gerichtsähnliches Gremium sollte
die Rechtmäßigkeit des angewendeten Verfahrens
gewährleisten und klären, ob die Kriterien für
die unfreiwillige Anhaltung oder Behandlung weiterhin
bestehen. Das Gericht oder das gerichtsähnliche Gremium
sollte vollständige Kenntnis über die tatsächlichen
und rechtlichen Einzelheiten besitzen und in der Lage
sein, die Entscheidung, welche durch die relevant unabhängige
Behörde getroffen wurde, frei zu überprüfen.
Sind diese Überprüfungs-Einrichtungen angebracht?
Sollten Laien berechtigt sein, am Verfahren vor dem Gericht
oder dem gerichtsähnlichen Gremium teilzunehmen?
-
Ferner soll das Gericht oder das gerichtsähnliche
Gremium seine Entscheidung rasch nach dem Zeitpunkt treffen,
zu dem der Antrag auf Entlassung oder Beendigung der Behandlung
eingebracht wurde und allfällige Verstöße
gegen die in Kraft befindliche staatliche Gesetzeslage
im Bereich der unfreiwilligen Anhaltung und Behandlung
feststellen und diese dem relevanten Gremium übersenden.
Es wurde insbesondere hervorgehoben, dass wenn
das relevante Gremium befindet, dass die Anhaltung oder
Behandlung in Verletzung der in Kraft befindlichen gesetzlichen
Bestimmungen erfolgte die betroffene Person das
Recht auf Schadenersatz haben sollte, wie dies im Artikel
5, Absatz 5, der Europäischen Menschenrechtskonvention
bestimmt ist, der wie folgt lautet: "Jeder, der entgegen
den Bestimmungen dieses Artikels von Festnahme oder Haft
betroffen worden ist, hat Anspruch auf Schadenersatz."
-
Es wurde auch daran gedacht, dass in dem Fall,
wo eine Person sowohl der unfreiwilligen Anhaltung als
auch der Behandlung unterworfen ist, die Überprüfung
der unfreiwilligen Anhaltung und Behandlung zum selben
Zeitpunkt stattfinden soll.
-
Schließlich hat der Arbeitskreis erörtert,
ob ein Rechtsmittel gegen das Gericht oder das gerichtsähnliche
Gremium in Erwägung zu ziehen sei.
Sollte ein Rechtsmittelverfahren eingerichtet werden
und wenn ja, welche Form sollte es haben?
-
Die Schaffung und Überwachung von Qualitäts-Standards
bei der Durchführung der Gesetze im Bereich der geistigen
Gesundheit
-
Im Rahmen der Erörterung dieser Frage hat
der Arbeitskreis erwogen, dass die Systeme für die
Schaffung und Überwachung von Qualitäts-Standards
bei der Durchführung, der Gesetze im Bereich der
geistigen Gesundheit folgendes sollten:
-
mit ausreichenden finanziellen und personellen
Mitteln ausgestattet werden, um ihre Aufgaben erfüllen
zu können;
-
organisatorisch unabhängig vom Management
der Dienste für die geistige Gesundheit oder
Einrichtungen sein, die überwacht werden;
-
unter sich selbst und mit anderen Rechnungsprüfern
und Einrichtungen zur Qualitätssicherung koordiniert
sein.
Ferner sollten berufsmäßige Personen, und
zwar sowohl Psychiater als auch Nicht-Psychiater, sowie
Laien und Benützer in das System zur Schaffung und
Überwachung von Qualitäts-Standards bei der
Durchführung der Gesetze im Bereich der geistigen
Gesundheit eingebunden werden.
-
Weiters haben die Experten die Ansicht geäußert,
dass Einrichtungen zur Schaffung und Überwachung
von Qualitäts-Standards folgendes umfassen sollten:
-
sicherstellen, dass Personen mit Geistesstörungen
nicht in Einrichtungen angehalten werden, welche nicht
von der zuständigen Behörde registriert
sind;
-
der zuständigen Behörde den Tod
von Personen anzeigen, welche der unfreiwilligen Anhaltung
oder Behandlung unterworfen sind, um sicherzustellen,
dass es eine Autorität gibt, die eine Untersuchung
über den Tod des Patienten anordnet, und dass
eine unabhängige Untersuchung des örtlichen
Dienstes für die geistige Gesundheit über
den Tod der betroffenen Person stattfindet;
-
solche Einrichtungen besuchen und überprüfen,
um ihre Verwendbarkeit für die Pflege der Patienten
mit einer Geistesstörung jederzeit festzustellen,
und zwar ohne Vorankündigung, wo dies erforderlich
erscheint;
-
die Benützer der Dienste sollten bei
der Visitation und Inspektion der örtlichen Dienste
für die geistige Gesundheit beigezogen werden,
um festzustellen, dass angemessene Alternativen für
die Anhaltung in einem Krankenhaus zwecks Pflege der
Patienten mit einer Geistesstörung zur Verfügung
gestellt werden;
-
die Weitergabe von Informationen durch die
Manager der Dienste für die geistige Gesundheit
oder der Einrichtungen sowie durch das Personal, welche
die Personen die den Bestimmungen über die geistige
Gesundheit unterworfen wurden, im Schwestern- oder
Krankenpflegedienst behandeln, welche angefordert
werden, insoweit sie für die Zwecke der Schaffung
und Überwachung von Qualitäts-Standards
als notwendig erachtet worden sind;
-
privat mit Patienten zusammentreffen, welche
den Gesetzen über die geistige Gesundheit unterworfen
sind, verbunden mit einem jederzeitigen Zugang zum
medizinischen und klinischen Akt;
-
die von solchen Patienten erhaltenen Beschwerden
vertraulich behandeln und sicherstellen, dass örtliche
Beschwerdeverfahren eingerichtet sind und die Beschwerden
angemessen beantwortet werden;
-
die Situation überprüfen, in der
Einschränkungen der Kommunikation angeordnet
wurden;
-
sicherstellen, dass relevante berufliche Verpflichtungen
und Standards im Einklang mit Artikel 4 der Konvention
über Menschenrechte und Biomedizin und den relevanten
Absätzen des erläuternden Berichtes (Artikel
28 bis 32) erfüllt werden;
-
sicherstellen, dass die statistische Information
über die Gesetze zur geistigen Gesundheit und
die Beschwerden verlässlich und systematisch
gesammelt wird;
-
einen Bericht regelmäßig (in der
Regel jährlich an jene bis zum und einschließlich
des Ministers zur Verfügung stellen, welche
für die Pflege der Patienten mit einer Geistesstörung
verantwortlich sind, die entscheiden sollen, ob der
Bericht veröffentlicht werden soll; für
den Fall, dass der Bericht selbst nicht veröffentlicht
wird, sollte dennoch eine Information vom leitenden
Staatsbeamten über Angelegenheiten wie die geistige
Gesundheit der Gesellschaft, Aktivitäten zur
Verbesserung der Lebensqualität von Leuten, die
an einer Geistesstörung leiden, und den Bedingungen
für ihre Behandlung an die Öffentlichkeit
erfolgen;
-
jene bis zum und einschließlich
des Ministers die für die Pflege von Patienten
mit einer Geistesstörung verantwortlich sind,
über die Bedingungen und die geeigneten Einrichtungen
für eine solche Pflege unterrichten;
-
sicherstellen, dass jene bis zum und
einschließlich des Ministers welche für
die Pflege von Patienten mit einer Geistesstörung
verantwortlich sind, die Fragen beantworten, die während
der Besuche gestellt wurden, und in einem späteren
Stadium über Maßnahmen für
die Schaffung und Überwachung von Qualitäts-Standards
unterrichten und berichten. Die Maßnahmen zur
Schaffung und Überwachung der Qualitäts-Standards
sollten sicherstellen, dass nachfolgende Aktionen
stattfinden.
Welche Maßnahmen für die Überwachung
würden angebracht sein? Sind die vorgeschlagenen
Vorkehrungen voraussichtlich für diese Aufgabe wirksam
und ausreichend?
Gibt es andere Bereiche, die Sie interessieren, und für
die Sie einen Kommentar abgeben wollen?
Schlussfolgerung
Der CDBI-PH wird seine Arbeit über das Thema, insbesondere
im Lichte der Ansichten, die von den Adressaten des gegenständlichen
Dokumentes geäußert werden, fortsetzen. Es ist vorauszusehen,
dass er den vorläufigen Entwurf einer Empfehlung dem CDBI
im Jahre 2001 vorlegen wird. Der sodann vom CDBI genehmigte Text
wird vom CDBI in der Form des Entwurfes einer Empfehlung an das
Ministerkomitee des Europarates zur Annahme vorgelegt.
ANHANG 1
GLOSSAR
KONTRADIKTORISCHES VERFAHREN bedeutet, dass niemand verurteilt
werden kann, ohne vom einem Gericht angehört oder geladen
worden zu sein. Die Bestimmungen des Artikels 6 der Europäischen
Menschenrechtskonvention könnten in diesem Zusammenhang ab
Richtlinien benützt werden.
GERICHT ODER GERICHTSÄHNLICHES GREMIUM (TRIBUNAL): Der
Artikel 6 der Menschenrechtskonvention spricht von einem "unabhängigen
und unparteiischen, auf gesetzlicher Grundlage eingerichteten
Tribunal". Das "Recht auf ein Gericht" kann derart gesehen werden,
dass es drei Elemente hat: Es muss sich um ein "Tribunal" handeln,
welches auf gesetzlicher Grundlage eingerichtet ist und die Erfordernisse
der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit erfüllt. Es
muss eine ausreichend breite Jurisdiktion haben, um alle Aspekte
des Streites oder der Anklage, auf die sich Artikel 6 bezieht,
entscheiden zu können. Die betroffene Einzelperson muss Zugang
zum Tribunal haben. Gemäß dem Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte wird das "Tribunal" durch den Umstand
charakterisiert, dass es ein Gremium mit einer richterlichen Funktion
ist, welches namentlich bestimmte Angelegenheiten innerhalb seiner
Zuständigkeit auf der Grundlage der Rechtsvorschriften und
nach einem Verfahren entscheidet, welches in einer vorgeschriebenen
Weise geführt worden ist. Es muss die Befugnis haben, die
vor ihm befindliche Angelegenheit bindend zu entscheiden.
GEFÄHRDUNG: Gefährdung kann als die Möglichkeit
interpretiert werden, dass ein Schaden entsteht.
UNFREIWILLIGE ANHALTUNG: Unfreiwillige Anhaltung bedeutet die
Einweisung und Anhaltung zur Behandlung einer Person, die an einer
Geistesstörung leidet, in einem Krankenhaus, in einer anderen
medizinischen Einrichtung oder an einem geeigneten Ort. Dabei
ist das so zu verstehen, dass die betroffene Person zur Zustimmung
fähig ist und der Anhaltung nicht zustimmt oder die betroffene
Person zur Zustimmung nicht fähig ist und die Anhaltung verweigert.
UNFREIWILLIGE BEHANDLUNG: Der Begriff umfasst die Behandlung
und Pflege einer Person, welche an einer Geistesstörung leidet,
und jede Intervention körperlicher, psychologischer oder
sozialer Art, die ein therapeutisches Ziel verfolgt, wobei das
so zu verstehen ist, dass die betroffene Person zur Zustimmung
fähig ist und der Behandlung nicht zustimmt oder die betroffene
Person zur Zustimmung fähig ist und die Behandlung verweigert.
ARZT MIT DEM ERFORDERNIS VON ERFAHRUNG UND KOMPETENZ: Ein Arzt,
der nicht notwendigerweise ein Psychiater ist, was wohl in Notfällen
der Fall sein könnte, welcher aber die ausreichende Erfahrung
hat, mit den medizinischen und administrativen Gegebenheit umzugehen,
die im Falle der unfreiwilligen Anhaltung oder Behandlung entstehen.
GEISTIGE STÖRUNG: Dieser Begriff umfasst Geisteskrankheit,
Geistesschwäche ( oder Lernunfähigkeit) und Persönlichkeitsstörungen.
GEISTIGE UNFÄHIGKEIT: Ein Begriff, womit die Entscheidungen
auf der Fähigkeit der Einzelpersonen beruhen, die Art der
Behandlung oder Einweisung gemäß den Verfügungen
des ärztlichen oder übrigen Personals zu verstehen,
die Vorteile abzuwägen, darüber die Wahl zu treffen
und diese Wahl zum Ausdruck zu bringen.
PSYCHIATER: Arzt mit einer speziellen Expertise bei der Beurteilung,
Diagnose und Behandlung der Geistesstörung.
ANGEMESSENE ZEIT: Ob die fragliche Zeit "angemessen" ist, hängt
von den Umständen des Einzelfalles ab. Dabei muss der Komplexität
des Falles und dem Verhalten des - Beschwerdeführers und
der Behörde Rechnung getragen werden.
RELEVANT UNABHÄNGIGE BEHÖRDE: Dieser Begriff umfasst
entweder ein Gericht oder ein gerichtsähnliches Gremium oder
eine andere unabhängige Behörde. Die Unabhängigkeit
der Behörde wird durch den Umstand verifiziert, dass es eine
andere Behörde als jene ist, welche die Maßnahme vorschlägt,
sowie durch die Tatsache, dass die Entscheidung eine souveräne
Entscheidung ist, welche nicht von den Weisungen aus irgendeiner
Quelle beeinflusst wird.
BEHANDLUNG: Dieser Begriff umfasst die Behandlung und Pflege
einer Person, welche an einer Geistesstörung leidet, und
jede Intervention körperlicher, psychologischer und sozialer
Art, die ein therapeutisches Ziel verfolgt. werden.
ANHANG 2 und 3 siehe Originaltext
in englischer Sprache. (Sollte dieser Link nicht mehr funktionieren:
Wir haben leider keinen Einfluß auf den Anbieter des Textes,
sollte dieser den Text wieder aus dem Internet nehmen.)
|
Straßburg, 3. Jänner 2000
(cdbi/cdbi-ph/doc/dirjur/2000.2 white paper)
EUROPARAT
DIR/JUR(2000)2
"WHITE PAPER" über den Schutz der Menschenrechte und der Würde
von Menschen, die an einer Geistes-Störung leiden, insbesondere jener,
welche als unfreiwillige Patienten in einer psychiatrischen Einrichtung
untergebracht sind
Das gegenständliche "White Paper", das von einem Arbeitskreis des
Steering Committee on Bioethics (CDBI) des Europarates verfasst worden
ist, wird aus Gründen der öffentlichen Konsultation in der Absicht
veröffentlicht, Richtlinien festzulegen, welche in einer neuen Rechtsurkunde
des Europarates zu inkludieren sind.
Das CDBI hat die Veröffentlichung des gegenständlichen Dokumentes
genehmigt, dessen Inhalt in diesem Stadium nur das Ergebnis der Arbeitsgruppe
von Experten darstellt. Die darin enthaltenen Auffassung müssen daher
nicht notwendigerweise die endgültige Position des CDBI, des Ministerkomitees
des Europarates oder seiner Mitgliedsstaaten widerspiegeln.
Einleitung
Das Ministerkomitee des Europarates hat am 22. Februar 1983 die Empfehlung
Nr. R (83)2 an die Mitgliedsstaaten über den rechtlichen Schutz von
Personen, die an einer Geistesstörung leiden und als unfreiwillige
Patienten angehalten werden, angenommen (siehe Anhang 2) [Der Anhang 2
wird nur für Informationszwecke und nicht für Konsultationszwecke
angeschlossen.]
Am 12. April 1994 hat die parlamentarische Versammlung des Europarates
die Empfehlung 1235 (1994) über Psychiatrie und Menschenrechte angenommen,
worin sie das Ministerkomitee einlädt, eine neue Empfehlung anzunehmen,
die sich auf den Regeln gründet, welche im genannten Text aufscheinen
(siehe Anhang 3). [Der Anhang 3 wird nur für Informationszwecke und
nicht für Konsultationszwecke angeschlossen.]
Dieser Empfehlung der parlamentarischen Versammlung folgend hat das
Ministerkomitee den Arbeitskreis über Psychiatrie und Menschenrechte
(CDBI-PH) geschaffen, der eine untergeordnete Einrichtung des Steering
Committee on Bioethics (CDBI) ist.
Die Aufgabenstellung für den Arbeitskreis über Psychiatrie
und Menschenrechte (CDBI-PH) lautet wie folgt: "Im Auftrag des Steering
Committee on Bioethics (CDBI) sowie im Lichte der Empfehlung Nr. R 3)
2 über den rechtlichen Schutz von Personen, die an einer Geistesstörung
leiden und als unfreiwillige Patienten angehalten werden, und der Empfehlung
1235 (1994) der parlamentarischen Versammlung über Psychiatrie und
Menschenrechte die Ausarbeitung on Richtlinien, welche in einer neuen
Rechtsurkunde des Europarates zu inkludieren sind. Diese Richtlinien sollten
zum Ziel haben, den Schutz der Menschenrechte und der Würde von Menschen,
die an einer Geistesstörung leiden, insbesondere jener, welche als
unfreiwillige Patienten in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht
sind, sicherzustellen, und zwar einschließlich ihrer Rechte auf
eine angemessene Behandlung."
Während seiner Tätigkeit hat der CDBI-PH stets das Erfordernis
vor Augen gehabt, die Menschenrechte der in psychiatrischen Anstalten
angehaltenen Personen zu schützen, welche in der Vergangenheit häufig
verletzt worden sind; in diesem Zusammenhang hat der CDBI-PH unter anderem
ordnungsgemäß die Bestimmungen des Artikels 5 Absatz 4 der
Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte berücksichtigt,
die wie folgt lauten: "Jedermann, dem seine Freiheit durch Haft oder Festnahme
entzogen wird, hat das Recht, ein Verfahren zu beantragen, in dem von
einem Gericht ehetunlich über die Rechtsmäßigkeit der
Haft entschieden wird und im Falle der Widerrechtlichkeit seine Entlassung
angeordnet wird."
Bei seinen Erwägungen im Hinblick auf den Punkt der unfreiwilligen
Anhaltung und Behandlung hat der CDBI-PH auch hervorgehoben, dass irrelevant
dessen, welche unabhängigen Einrichtungen diese Einschränkung
der Freiheit überwachen, diese Einrichtungen die Therapeuten und
Fachleute, die in einem direkten Kontakt mit den unter einer Geistesstörung
leidenden Personen stehen, von ihren ethischen und gesetzmäßigen
Erwägungen nicht entlassen können, welche die ständigen
Begleiter bei ihrer Arbeit sein müssen. Es ist die Pflicht aller
Psychiater, welche für die hauptsächlichen Entscheidungen hinsichtlich
der Zukunft ihrer Patienten verantwortlich sind, ihre Auffassung ständig
durch den Dialog und die Transparenz betreffend die gewonnene Meinung
gegenüber ihren Berufskollegen, ihren Patienten und der gesamten
Gemeinschaft zu vertreten.
Der CDBI-PH hat von der wertvollen Erfahrung des Europäischen Komitees
für die Verhinderung der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden
Behandlung oder Bestrafung ICPT) profitiert. Insbesondere hat er einen
Gedankenaustausch mit dem Ersten Vizepräsidenten und mit einem Experten
des CPT abgehalten. Weiters ist der Teil III des achten allgemeinen Berichtes
über die Tätigkeit des CPT im Zeitraum 1. Jänner bis 31.
Dezember 1997 I Dokument CPT/Inf I98) 12) der unfreiwilligen Anhaltung
in psychiatrischen Einrichtungen gewidmet.
Das gegenständliche "White Paper" wird aus Gründen der öffentlichen
Konsultation in der Absicht veröffentlicht, Richtlinien festzulegen,
welche in einer neuen Rechtsurkunde des Europarates zu inkludieren sind.
Das CDBI hat die Veröffentlichung des gegenständlichen Dokumentes
genehmigt, dessen Inhalt in diesem Stadium nur das Ergebnis der Arbeitsgruppe
von Experten darstellt. Die darin enthaltene Auffassungen müssen
daher nicht notwendigerweise die endgültige Position des CDBI, des
Ministerkomitees des Europarates oder seiner Mitgliedsstaaten widerspiegeln.
Der Europarat wird direkt repräsentative Organisationen auf Europäischer
Ebene betreffend das gegenständliche Dokument konsultieren. Die staatlichen
Behörden werden ihrerseits Konsultationen auf nationaler Ebene organisieren.
In beiden Fällen müssen Kommentare von diesen Konsultationen
das Sekretariat des Europarates in englischer oder französischer
Sprache spätestens Ende Oktober 2000 erreichen.
Die Behandlung des Problems könnte hinsichtlich der folgenden Punkte
gegliedert werden:
-
Der Anwendungsbereich der neuen Rechtsurkunde.
-
Die Kategorien, welche den Begriff der Geistesstörung
umfassen.
-
Die Kriterien für die unfreiwillige Anhaltung in einer
psychiatrischen Anstalt und für die unfreiwillige Behandlung.
-
Das Verfahren zur Erlangung einer Entscheidung für die
unfreiwillige Anhaltung und die unfreiwillige Behandlung.
-
Das Verfahren für die unfreiwillige Anhaltung und Behandlung
in Notfällen.
-
Unfreiwillige Behandlung spezifische Erwägungen.
-
Spezialbehandlungen.
-
Die unfreiwillige Anhaltung und Behandlung von Minderjährigen.
-
Die Einbeziehung der Polizei, der Gerichte und des Gefängnissystems
bei der unfreiwilligen Anhaltung und Behandlung.
-
Untersuchung von Personen, die an einer Geistesstörung
leiden und als unfreiwillige Patienten in einer psychiatrischen Anstalt
angehalten werden.
-
Die Menschenrechte von Personen, die an einer Geistesstörung
leiden, insbesondere jene, welche als unfreiwillige Patienten angehalten
werden.
-
Die Diskriminierung von Personen, die an einer Geistesstörung
leiden.
-
Die Beendigung der unfreiwilligen Anhaltung und Behandlung.
-
Die Überprüfung der Rechtsmäßigkeit der
unfreiwilligen Anhaltung und Behandlung.
-
Die Schaffung und Überwachung von Qualitäts-Standards
bei der Durchführung der Gesetze im Bereich der geistigen Gesundheit.
-
Der Anwendungsbereich der neuen Rechtsurkunde
Es wird vorgeschlagen, dass
-
sie sowohl die unfreiwillige Anhaltung als auch die unfreiwillige
Behandlung umfassen soll, und zwar unabhängig davon, ob die
letztgenannte im Zusammenhang mit der unfreiwilligen Anhaltung
stattfindet oder nicht.
-
die unfreiwillige Behandlung nur aus therapeutischen Gründen
stattfinden soll;
-
unbeschadet anderslautender Erklärungen die neue
Rechtsurkunde auf die unfreiwillige Anhaltung und die unfreiwillige
Behandlung auf Grund von Entscheidungen sowohl in Zivil- als auch
in Strafsachen Anwendung finden soll.
Sind diese Vorschläge annehmbar und angebracht?
-
Die Kategorien, welche den Begriff der Geistesstörung
umfassen
-
Im Verlauf seiner Arbeit hat der Arbeitskreis bemerkt,
dass die Definitionen für die Geistesstörung, welche
von der Weltgesundheitsorganisation und der Amerikanischen Psychiatrischen
Vereinigung vorgeschlagen werden, keine genauen Grenzen festlegen.
Es wurde daher die Meinung vertreten, dass Geistesstörungen
nicht mit absoluter Genauigkeit klassifiziert werden können,
und dass der Begriff "Geistesstörung" Geisteskrankheit, geistige
Behinderung und Störungen in der Persönlichkeit umfassen
könnte (was die geistige Behinderung betrifft, wurde angemerkt,
dass in einigen Ländern der Begriff "Lernunfähigkeit"
verwendet wird).
-
Im Hinblick auf die Störungen in der Persönlichkeit
wurde das Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Winterwep-Fall
erwogen, das wie folgt lautet: "..... Artikel 5.1.- Die Anhaltung
einer Person nur deshalb, weil ihre Ansichten oder ihre Verhaltensweisen
von den in einer bestimmten Gesellschaft vorherrschenden Normen
abweichen, kann in klarer Weise nicht als erlaubt angesehen werden."
-
Dennoch wurde angeregt, dass die unfreiwillige, Anhaltung
oder Behandlung nur im Hinblick auf gewisse Arten der Geistesstörung
angebracht sein sollte, zum Beispiel für einige Leute, die
an Psychosen oder schweren Neurosen leiden, bestimmte Typen der
Störungen in der Persönlichkeit sowie bei signifikanten
geistigen Behinderungen. Personen mit einer geistigen Behinderung
zeigen manchmal ein Verhalten, das in schwerwiegender Weise aggressiv
und/oder unverantwortlich ist. Ein solches Verhalten kann oder
kann nicht mit einer Geisteskrankheit verbunden sein. In einer
Situation, wo die geistige Behinderung mit einer Geisteskrankheit
verbunden ist, erfordert die Bewältigung der Situation fallweise
die Anwendung der Gesetze für die unfreiwillige Anhaltung
und Behandlung. Der Begriff "signifikante geistige Behinderung"
ist als eine Beschreibung dieser Störung verwendet worden.
-
Die unfreiwillige Anhaltung sollte unter keinen Umständen
für politische Ziele angewendet werden (in dieser Hinsicht
kann insbesondere auf die Empfehlung Nr. R (83) 2 des Ministerkomitees
an die Mitgliedsstaaten über den rechtlichen Schutz von Personen,
die an einer Geistesstörung leiden und als unfreiwillige
Patienten angehalten werden, Bezug genommen werden, welche besagt,
dass "die Schwierigkeit bei der Anpassung an moralische, soziale,
politische oder andere Werte für sich allein nicht als Geistesstörung
angesehen werden sollte".
Gibt es Kategorien, die für die Zwecke der Gesetzgebung
im Bereich der geistigen Gesundheit in den Begriff der "Geistesstörung"
eingeschlossen oder davon ausgenommen werden sollen?
-
Ein alternativer Vorschlag für die Verwendung der
Geistesstörung ist die Verwendung des Begriffes der geistigen
Unfähigkeit, wobei die Entscheidungen auf der Fähigkeit
des Betroffenen, die von Ärzten oder anderen Fachleuten zu
beurteilen ist, beruhen, ob die Art der Behandlung oder Einweisung
verstanden wird, ob die Vorteile einer solchen Maßnahme
abgewogen werden kann und ob eine Wahl getroffen und diese Wahl
mitgeteilt werden kann.
Sollte der Begriff der geistigen Unfähigkeit für
die Zwecke der Gesetzgebung im Bereich der geistigen Gesundheit
weiterentwickelt werden?
-
Die Kriterien für die unfreiwillige Anhalten in einer
psychiatrischen Anstalt und für die unfreiwillige Behandlung
Der Arbeitskreis hat erwogen, dass die Entziehung der Freiheit als
ein Ergebnis der unfreiwilligen Anhaltung oder die Durchführung
einer unfreiwilligen Behandlung immer von einem Verfahren zum Schutz
der Rechte der betroffenen Person begleitet werden muss.
Er fügte hinzu, dass eine Unterscheidung zwischen dem Rechtsgrund
für die unfreiwillige Anhaltung und dem Rechtsgrund für
die unfreiwillige Behandlung getroffen werden muss. Mit anderen Worten
bedeutet dies, dass die unfreiwillige Anhaltung als solche nicht bedeutet,
dass der Patient in jedem Fall gegen seinen/ihren Willen behandelt
werden kann, und es bedeutet auch nicht, dass die unfreiwillige Behandlung
unausweichlich die unfreiwillige Anhaltung erfordert.
Ist die Unterscheidung zwischen der unfreiwilligen Anhaltung
und Behandlung gerechtfertigt und bedeutungsvoll?
Es scheint angebracht, die Auffassung aufrecht zu halten, dass selbst
dann, wenn der Patient unfreiwillig eingeliefert wurde, die Vermutung
der Zuständigkeit zur Entscheidung über seine/ihre eigene
Behandlung überwiegt, es sei denn, dass die Unfähigkeit,
über seine/ihre eigene Behandlung zu entscheiden, eine der rechtlichen
Gründe für die Anhaltung war.
Es sollte einer Reihe von Kriterien gerecht werden, bevor die unfreiwillige
Anhaltung oder Behandlung stattfindet:
-
Die Existenz einer Geistesstörung muss erkannt oder
die Beurteilung abgegeben worden sein, welche für die Feststellung
notwendig ist, ob eine Geistesstörung gegenwärtig vorliegt.
Sollten die Gründe für die Festnahme zwecks Untersuchung
beim Fehlen von ausdrücklichen Anzeichen einer Geistesstörung
definiert werden? Wenn ja, auf welche Weise?
-
Die Geistesstörung muss mit sich bringen
-
a.- eine ernste Gefahr für die betroffene Person (einschließlich
für seine/ihre Gesundheit) und/oder
-
a.- eine ernste Gefahr für andere Personen (vorausgesetzt,
dass die Anhaltung oder die Behandlung oder beides in allen
Fällen für die betroffene Person wahrscheinlich
vorteilhaft ist).
Sollten Vorschläge für die Festlegung und Definition
des erforderlichen Grades der Gefährlichkeit in der Gesetzgebung
inkludiert werden? Ist der Begriff des "Risikos" jenem der "Gefahr"
vorzuziehen?
-
Dass die betroffene Person zur Zustimmung fähig ist
und der Anhaltung oder Behandlung nicht zustimmt (die Person ist
zur Zustimmung fähig, doch weigert sie sich explizit oder
reagiert nicht), oder dass die Person zur Zustimmung nicht fähig
ist und die Anhaltung oder Behandlung verweigert (es wurde hervorgehoben,
dass die unfreiwillige Anhaltung oder Behandlung insbesondere
in gewissen Fällen angewendet werden könnte, in denen
zum Beispiel die betroffene Person mit der Maßnahme
nicht anhaltend einverstanden ist und deshalb seine /ihre Absicht
im Hinblick auf die Anhaltung oder Behandlung häufig ändern
könnte).
-
Die mangelnde Verfügbarkeit von Maßnahmen,
mit denen dem Patienten die angebrachte Pflege auch auf weniger
restriktive Weise als der unfreiwilligen Anhaltung gegeben werden
kann. In diesem Zusammenhang sind Alternativen zur Anhaltung erwähnt
worden, welche den sofortigen Zugang zu den verschiedenen Formen
der offenen Pflege (z.B. Tages-Hospitalisierung, tägliche
Unterstützung durch eine Krankenschwester zu Hause, effektive
psychosoziale Behandlungen, Fürsorge-Unterstützung)
umfassen. Die Mitgliedsstaaten müssen sicherstellen, dass
Maßnahmen getroffen werden, um die Alternativen zur Anhaltung
so weit wie möglich verfügbar zu machen.
In Anbetracht der schwerwiegenden Art dieser Gesetze sollte
die Gesetzgebung bestimmte Alternativen anführen, welche stets
zur Verfügung stehen sollten? Wenn ja, welche?
Sollte die Entziehung der Freiheit im strafrechtlichen Bereich
auf andere / zusätzliche Kriterien als jene gestützt werden,
die oben unter a.- d. beschrieben sind?
-
Das Verfahren zur Erlangung einer Entscheidung für die
unfreiwillige Anhaltung und die unfreiwillige Behandlung
-
Das unten beschriebene Verfahren betrifft andere Umstände
als Notfälle. Das Verfahren in Notfällen wird unter
der nächsten Überschrift behandelt.
-
Im Verlauf seiner Tätigkeit hat der Arbeitskreis
die Ansicht ausgedrückt, dass es erforderlich war, dass
der Patient von einem Psychiater oder einem Arzt untersucht
wird, welcher über Erfahrung und Kompetenz verfügt,
insbesondere im Hinblick auf die Risiko-Beurteilung, sodass eine
Entscheidung über die unfreiwillige Anhaltung oder die Verlängerung
der unfreiwilligen Anhaltung oder eine Entscheidung über
die unfreiwillige Behandlung oder deren Verlängerung zu treffen
ist;
die Bestätigung der Entscheidung betreffend die unfreiwillige
Anhaltung oder Behandlung von einer relevant unabhängigen
Behörde gefasst wird, welche ihre Entscheidung au gültige
und zuverlässige Standards des medizinischen Sachverständigengutachten
gründen soll.
-
Der Arbeitskreis hat lange den Begriff der "relevant unabhängigen
Behörde" erörtert. Insbesondere hat er die Empfehlung
1235 (1994) der parlamentarischen Versammlung über Psychiatrie
und Menschenrechte erwogen, welche befürwortet, dass die
Entscheidung über die Anhaltung von einem Richter gefasst
wird. Er wurde auch darüber informiert, dass in mehreren
Mitgliedsstaaten diese Entscheidung von Gremien getroffen werden
kann, die nicht Gerichte sind. Er wies darauf hin, dass das Fallrecht
des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte niemals
gefordert hat, dass die anfängliche Entscheidung über
die Anhaltung von einem Gericht oder einem gerichtsähnlichen
Gremium gefasst werden muss. Nach der Auffassung des Arbeitskreises
war die relevante Frage die Unabhängigkeit des Gremiums oder
der Behörde, welche die Entscheidung über die Anhaltung
trifft, wobei diese Unabhängigkeit durch den Umstand verifiziert
werden könnte, dass es eine andere Behörde war als jene,
welche die Maßnahme vorgeschlagen hat, sowie durch den Umstand,
dass die Entscheidung eine souveräne Entscheidung war, nicht
beeinflusst von Weisungen aus irgendeiner Quelle. Es wurde daher
bemerkt, dass in einigen Ländern die relevante Behörde
eine Arzt sein kann, der in einer psychiatrischen Anstalt für
eine solche Entscheidung ermächtigt wurde, und welcher
zum Beispiel im Verhältnis zu jenem Arzt, der die
Anhaltemaßnahme vorschlug, unabhängig sein sollte
in anderen Ländern kann es ein Sozialarbeiter oder Manager
des Krankenhauses sein, der an der Seite des Arztes bei der Untersuchung
des Patienten für die Zwecke der unfreiwilligen Anhaltung
tätig wird. Weiters sollte eine derartige Behörde sicherstellen,
dass die Aspekte der sozialen Fürsorge ordnungsgemäß
Berücksichtigung finden.
Was sollten die Charakteristika des "relevant unabhängigen
Gremiums" sein? Wer könnte vernünftigerweise dieser Rolle
entsprechen und wer nicht?
-
Auf der Grundlage insbesondere des Artikels 5, Absatz
2, der Europäischen Menschenrechtskonvention und des damit
im Zusammenhang stehenden Fallrechtes haben die Experten erwogen,
dass die Entscheidung über die unfreiwillige Anhaltung rasch
und ordnungsgemäß dokumentiert sein sollte, wobei die
Dauer einer solchen Anhaltung auszusprechen ist. Sie haben weiters
erwogen, dass der Patient prompt, ordnungsgemäß und
geeignet über die Gründe für die Anhaltung informiert
werden sollte. Schließlich sollte der Patient im Rahmen
dieses Verfahrens die Möglichkeit haben, seine Ansichten
und Meinungen über die Anhaltung zu äußern, und
das sollte vom relevanten unabhängigen Gremium beachtet werden.
-
Bei der Prüfung dieser Frage hat der Arbeitskreis
seine Meinung geäußert, dass die Familie und andere,
dem Patienten nahe stehenden Personen bei der unfreiwilligen Anhaltung
oder Behandlung konsultiert werden sollten, und waren damit einverstanden,
dass diese Konsultation nur mit der Zustimmung des Patienten stattfinden
sollte es sei denn, dass weitere Umstände der öffentlichen
Sicherheit vorhanden sind, was bedeutet, dass die Familienmitglieder
und andere, dem Patienten nahe stehende Personen ohne dessen Zustimmung
konsultiert werden können. Weiters sollten die Informationen
an die Familienmitglieder und die anderen, dem Patienten nahe
stehenden Personen über die Gründe für die Anordnung
der unfreiwilligen Anhaltung oder Behandlung rasch und in einer
geeigneten Weise derart erteilt werden, dass die Familie und die
anderen, nahe stehenden Personen diese auch verstehen können.
Dem Arbeitskreis ist es allerdings bewusst, dass die Interessen
der Familienmitglieder in bestimmten Fällen nicht jene des
Patienten sein könnten.
Sollen die Familienmitglieder immer über die Anhaltung
des Patienten oder die unfreiwillige Behandlung des Patienten konsultiert
werden? Sollen andere Personen, die dem Patienten nahe stehen, den
Vorzug gegenüber den Familienmitgliedern in allen Fällen
haben?
-
Schließlich hat er erwogen, dass im Falle einer
unfreiwilligen Anhaltung oder Behandlung einer Person, die an
eines Geistesstörung leidet und einen vom Patienten namhaft
gemachten gesetzlichen Vertreter hat, dieser Vertreter informiert
und konsultiert werden sollte, wobei dies dahin zu verstehen ist,
dass es am Patienten oder seiner/ihrer nahen Familie oder Freunden
liegt, die Existenz eines solchen Vertreters der relevanten Behörde
mitzuteilen. Ferner wird darauf hingewiesen, dass die Unterstützung
durch einen gesetzlichen Vertreter nicht zwingend sein soll, jedoch
ausgenommen in jenen Fällen, in denen die bester Interessen
der betroffenen Person dies erfordern (zum Beispiel in Fällen,
wo die Person an einer derart schweren Geistesstörung leidet,
dass sie einen Sachwalter benötigt).
-
Das Verfahren für die unfreiwillige Anhaltung und Behandlung
in Notfällen
-
Es wäre weder vernünftig noch ratsam, immer
auf die Entscheidung über die Anhaltung oder Betreuung durch
die relevant unabhängige Behörde zu warten, und zwar
unter anderem wegen der unmittelbaren Gefahr für die betroffene
Person und/oder andere in einer Situation des Notfalls
d.h. einer Situation, in welcher eine unmittelbare Gefahr für
die betroffene Person und/oder andere besteht und wo das Gutachten
eines Psychiaters nicht sofort eingeholt werden kann. Der Arbeitskreis
hat daher erwogen, dass in einer Notsituation die unfreiwillige
Anhaltung und Behandlung ohne der relevant unabhängigen Behörde
welche zur Entscheidung berufen wäre, stattfinden kann, jedoch
auf der Grundlage einer stichhaltigen und zuverlässigen ärztlichen
Beurteilung infolge einer Untersuchung des Patienten im Hinblick
auf die Anhaltung und Behandlung. Der Arbeitskreis hat dennoch
hervorgehoben, dass das Verfahren im Notfall nicht mit dem Ziel
angewendet werden sollte, die Anwendung des normalen Verfahrens
zu vermeiden.
-
Unter diesen Umständen sollte die relevant unabhängige
Behörde eine dokumentierte und formelle Entscheidung
über die unfreiwillige Anhaltung und Behandlung so rasch
wie möglich auf der Basis eines stichhaltigen und zuverlässigen
psychiatrischen Gutachtens nach Einholung einer Äußerung
durch die betroffene Person fassen. Es scheint auch ratsam zu
erwägen, dass bei dieser Entscheidung die relevant unabhängige
Behörde die anderen, von der Gemeinschaft angebotenen Möglichkeiten
(Tages-Hospitalisierung, effektive psychosoziale Behandlung, Fürsorge-Unterstützung,
etc.) beachten und jede Änderung im Gesundheitszustand des
Patienten nach der Anhaltung berücksichtigen sollte.
-
Bei der Annahme dieser Auffassung haben sich die Experten
insbesondere auf das Fallrecht der Europäischen Menschenrechtskonvention
gestützt, welches keine vorhergehende Entscheidung der relevant
unabhängigen Behörde in einer Notsituation verlangt.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
vom 5. November 1981 im Fall X gegen das Vereinigte Königreich
besagt insbesondere folgendes: "..... das Winterwerp-Urteil ausdrücklich
'Notfälle' als Grund für eine Ausnahme vom Prinzip dargelegt,
wonach der betroffenen Person die Freiheit nur dann entzogen werden
soll, wenn sie in zuverlässiger Weise gezeigt hat, dass sie
'geistesgestört' ist ...."
Gibt es andere Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit Notsituationen?
-
Unfreiwillige Behandlung spezifische Erwägungen
-
Der Arbeitskreis hat als ein grundlegendes Prinzip angenommen,
dass die Behandlung in allen Fällen zum Wohle des Patienten
erfolgen muss. Die Behandlung sollte stets als Antwort auf ein
festgestelltes klinisches Symptom angewendet werden, ein therapeutisches
Ziel haben und voraussichtlich einen reellen klinischen Vorteil
bewirken können. und nicht nur einen Effekt auf die administrative,
kriminelle, familiäre oder andere Situation des Patienten
haben (obgleich erwogen wurde, dass es wichtig ist, die soziale
Situation der betroffenen Person zu berücksichtigen, ist
hervorgehoben worden, dass die letztere nicht die erste Priorität
begründet. Die Behandlung sollte daher kein anderes Ziel
haben als die Behandlung des Symptoms. Sie muss eher einem medizinischen
Erfordernis als einem sozialen, familiären oder wirtschaftlichen
Bedürfnis gerecht werden. Ferner wurde hervorgehoben, dass
die Betonung eher auf das therapeutische Vorhaben als auf den
vordringlichen Beweis für die Wirksamkeit der Behandlung
gelegt werden sollte).
-
Weiters soll bei einer Person die unfreiwillig angehalten
wird, seine/ihre Fähigkeit zur Zustimmung für jede Form
und für den Verlauf der ins Auge gefassten Behandlung verifiziert
werden.
-
Der Vertreter einer Person sollte konsultiert werden,
wenn er /sie aber die Zustimmung für eine Behandlung der
betroffenen Person verweigert, sollte es möglich ein, sich
an ein Gericht oder ein gerichtsähnliches Gremium zu wenden,
welches die Befugnis hat, die Entscheidung des Vertreters zu bestätigen
oder abzuändern.
-
Der Arbeitskreis hat auch die Meinung vertreten, dass
eine schriftliche Aufzeichnung der unfreiwilligen Behandlung
falls möglich in Konsultation mit dem Patienten, oder
seinem/ihrem Vertreter erstellt und wenn es keinen Vertreter
gibt an eine unabhängige Behörde zur Entscheidung
übermittelt werden soll. Die Aufzeichnung sollte regelmäßig
überprüft werden und jederzeit einer Modifizierung in
Konsultation mit dem Patienten, seinem/ihrem Vertreter oder einer
unabhängigen Behörde wie es zutreffend ist
offen stehen. Sollte der Patient einer solchen Aufzeichnung
nicht zustimmen, sollte er/sie die Möglichkeit zur Erhebung
eines Rechtsmittels an ein Gericht oder an ein gerichtsähnliches
Gremium haben.
-
Schließlich soll ein schriftlicher Bericht über
den Verlauf jeder unfreiwilligen Behandlung verfasst werden, ohne
dass dieses Verfahren zu viel an Bürokratie mit sich bringt,
und die Behandlung sollte stets dem Patienten angepasst werden.
Insbesondere sollte die unfreiwillige Behandlung in einem Verhältnis
zum Gesundheitszustand des Patienten stehen und wo dies
angebracht ist die Behandlung im Einverständnis mit
dem Patienten so rasch wie möglich durchgeführt werden.
Es wurde erwogen, dass nur offiziell anerkannte pharmazeutische
Produkte unfreiwillig verwendet werden sollten und dass in Anbetracht
der extensiven und häufig exzessiven Verwendung von Medikamenten
Nebenwirkungen und Dosierungsvorschriften sorgfältig zu überwachen
sind, sodass solche Dosen so rasch wie möglich reduziert
werden können, wenn dies therapeutisch angebracht ist. Ferner
sollte die Bedeutung auch der Gruppentherapie, Psychotherapie,
Musiktherapie, dem Theater, Sportaktivitäten, etc. sowie
Möglichkeiten der täglichen körperlichen Betätigung
gewidmet werden. Schließlich wurde auch die Erziehung als
eine wichtige Komponente der täglichen Lebensaktivitäten
beurteilt.
-
Falls in einer Notsituation die geeignete Zustimmung nicht
erlangt werden kann, hat der Arbeitskreis auf der Grundlage der
relevanten Bestimmungen der Konvention über Menschenrechte
und Biomedizin die Auffassung vertreten, dass jede erforderliche
medizinische Intervention sofort durchgeführt werden sollte.
-
Es wer nützlich, dass die Adressaten des gegenständlichen
Dokumentes jene Maßnahmen aufzeigen, die ihrer Ansicht nach
beim Konzept der unfreiwilligen Behandlung nicht angewendet werden
sollten.
-
Spezialbehandlungen
-
Diese Behandlungen sind kontroversiell geblieben. Obgleich
in diesem Punkt bereits eine Reihe von provisorischen Schlussfolgerungen
erzielt wurden, möchte der Arbeitskreis die Auffassung der
Adressaten des gegenständlichen Dokumentes in dieser Hinsicht
erfahren.
-
Untersuchungen bezüglich der elektrokonvulsiven Therapie
haben zum Beispiel gezeigt, dass sie bei depressiven Erkrankungen
wirksam ist. Die elektrokonvulsive Therapie wird nunmehr in Verbindung
mit anästhetischen und muskelentspannenden Maßnahmen
angewendet. Die Verwendung einer nicht modifizierten elektrokonvulsiven
Therapie sollte strikt verboten sein. In Fällen von schweren
depressiven Erkrankungen könnte die Notbehandlung ohne der
Zustimmung oder seltener entgegen der Zustimmung
des Patienten wegen der Schwere der Krankheit und mangels effektiver
Alternativen berechtigt sein. Eine elektrokonvulsive Therapie
sollte unter Umständen verabreicht werden, in denen die Würde
des Patienten stets respektiert wird.
-
Die Wirksamkeit der Psychochirurgie ist aber durch geeignet
kontrollierte Untersuchungen nicht festgestellt worden. Wo Staaten
die Verwendung sanktionieren, sollte daher die Zustimmung des
Patienten eine absolute Vorbedingung für die Anwendung sein.
Ferner sollte die Entscheidung für die Anwendung der Psychochirurgie
in jedem Fall von einem Komitee bestätigt werden, das nicht
ausschließlich aus psychiatrischen Experten zusammengesetzt
ist. Der Arbeitskreis hat erwogen, dass die Gesetzgeber in jedem
Mitgliedsstaat besondere Protokolle für die Anwendung der
Psychochirurgie schaffen sollten. Insoweit es keinen klaren Beweis
für die Wirksamkeit der Psychochirurgie gibt, sollten Länder,
in denen die Verwendung noch erlaubt ist, ein System einführen,
mit welchem eine vollständige Information über alle
durchgeführten Operationen aufgezeichnet wird. Es wurde auch
daran gedacht, dass es eine Wachsamkeit gegenüber der Verwendung
von Hormon-Implantaten zur Veränderung des Geschlechtstriebes
geben sollte.
-
Schließlich konnten keine Umstände für
möglich gehalten werden, in denen die Psychochirurgie für
Geistesstörungen eine nützliche Wirkung für Minderjährige
haben könnten.
-
Die unfreiwillige Anhaltung und Behandlung von Minderjährigen
-
Im Verlauf seiner Diskussion ist der Arbeitskreis zur
Auffassung gelangt, dass Schutzmaßnahmen für Minderjährige
strenger als jene für Erwachsene sein sollten. Die Bedingungen
und Sicherheitsmaßnahmen im Hinblick auf die unfreiwillige
Anhaltung und Behandlung von Erwachsenen sollten auch auf Minderjährige
im selben Ausmaß als Minimum angewendet werden.
-
Minderjährige sind nicht fähig, ihre eigenen
Interessen zu verteidigen, sodass in aller, Fällen die Beigabe
eines Vertreters ab Beginn des Verfahrens erfolgen sollte. Eine
solche Vertretung muss nicht notwendigerweise durch einen Rechtsanwalt
erfolgen, sondern kann zum Beispiel auch von einem Familienmitglied
durchgeführt werden vorausgesetzt, dass kein Interessenkonflikt
mit dem Minderjährigen besteht oder von einem Sozialarbeiter.
-
Auf der Grundlage der Bestimmungen der Konvention über
Menschenrechte und Biomedizin gelangte der Arbeitskreis hinsichtlich
der Zustimmung von Minderjährigen zur Behandlung auch zur
Ansicht, dass die Meinung des Minderjährigen als ein ansteigend
bestimmender Faktor im Verhältnis zu seinem oder ihren Alter
und Reifegrad berücksichtigt werden sollte.
-
Was im einzelnen die Lebensverhältnisse von Minderjährigen
betrifft, die einer unfreiwilligen Anhaltung unterliegen, ist
erwogen worden, dass sie in Räumlichkeiten behandelt werden
und sich dort aufhalten sollen, die von jenen für Erwachsene
verschieden sind, falls dies nicht gegen die Interessen des betroffenen
Minderjährigen verstößt. Das betrifft zum
Beispiel einige Ausnahmefälle, in denen es für
den "älteren Minderjährigen" im besten Interesse ist,
dass er in Räumlichkeiten für Erwachsene und nahe seinem
Wohnsitz und somit im Kontakt mit seiner Familie
untergebracht wird und nicht in einer pädiatrischen Einheit,
die von seinem Wohnsitz weit entfernt liegt. Ferner gelangte der
Arbeitskreis zu der Auffassung, dass die vorzubereitende, neue
Rechtsurkunde festlegen sollte, dass jeder Minderjährige,
welcher an einer Geistesstörung leidet und sich als unfreiwilliger
Patient in einer psychiatrischen Anstalt befindet, das Recht auf
eine öffentliche Erziehung haben sollte. Insbesondere sollte
jeder Minderjährige individuell beurteilt werden und
falls dies möglich ist ein individualisiertes Erziehungs-
oder Ausbildungsprogramm erhalten, wobei dies dahingehend zu verstehen
ist, dass der Unterricht von den relevanten Erziehungsanstalten
in Konsultation mit dem Management der psychiatrischen Anstalt
erfolgen soll. Die Wiedereingliederung von Minderjährigen
in das allgemeine Schulsystem sollte erfolgen, sobald sie angebracht
erscheint.
Gibt es andere Fragen oder Kommentare im Hinblick auf die unfreiwillige
Anhaltung und Behandlung von Minderjährigen
-
Die Einbeziehung der Polizei, der Gerichte und des Gefängnissystems
bei der unfreiwilligen Anhaltung und Behandlung
-
Im Verlauf seiner Tätigkeit hat es der Arbeitskreis
als notwendig befunden, in der vorzubereitenden Rechtsurkunde
eine Reihe von Bestimmungen zu inkludieren, welche mehr spezifisch
der Frage der Einbeziehung der Polizei, der Gerichte, und des
Gefängnissystems bei der unfreiwilligen Anhaltung und Behandlung
gewidmet sind. Während der Diskussion über dieses Thema
wurde den Ansichten eine besondere Bedeutung beigemessen, die
vom Europäischen Komitee zur Verhinderung der Folter und
unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung
(CPT) ausgedrückt werden, welches durch die Europäische
Konvention zur Verhinderung der Folter und unmenschlicher oder
erniedrigender Behandlung oder Bestrafung aus dem Jahre 1987 autorisiert
zahlreiche Besuche in Orten unternimmt, wo Personen ihre
Freiheit entzogen wird, insbesondere in Gefängnissen und
psychiatrischen Anstalten der Vertragsstaaten der Konvention.
Polizei
-
Der Arbeitskreis hat die Ansicht vertreten, dass die Polizei
der Garant für den Respekt der Sicherheit der Person und
für die öffentliche Ordnung ist. Sie sollte die
Befugnis haben, in Situationen zu intervenieren, wo das Verhalten
einer Person mit einer Geistesstörung oder einer Person,
die im begründeten Verdacht einer Geistesstörung steht,
eine ernste Gefahr für sich selbst oder andere nach dem staatlichen
Recht darstellt. Die Intervention kann die Festnahme oder die
Einlieferung in eine Anstalt umfassen.
-
Er hat weiters erwogen, dass die Polizei die Interventionen
mit anderen Einrichtungen medizinischen oder sozialen
in öffentlichen oder privaten Bereichen mit Respekt vor der
Würde der betroffenen Person koordinieren muss. Das sollte
so weit wie möglich mit der Kooperation und der Zustimmung
der betroffenen Person erfolgen. Wo eine Festnahme erforderlich
ist, muss sie von der Polizei mit Respekt vor der Würde der
betroffenen Person vorgenommen werden. Die Beamten, welche die
Festnahme durchführen, sollten die Verletzbarkeit von Personen
welche an einer Geistesstörung leiden, während der polizeilichen
Ermittlungen und der Festnahme in der Polizeistation beachten.
Wenn sich eine Festnahme ereignet hat, muss eine medizinische
Untersuchung prompt am Ort des Ereignisses, in einem Krankenhaus
oder in der Polizeistation was angebracht ist erfolgen.
Die medizinische Untersuchung muss festlegen, ob die Person eine
psychiatrische Pflege benötigt; wenn dies der Fall ist, muss
eine medizinische und psychiatrische Beurteilung durchgeführt
werden. Der Arzt soll feststellen, ob die Person in der Polizeistation
sicher ist und ob er/sie die Betreuung durch einen psychiatrischen
Spezialisten benötigt. Wenn der Verdacht einer Straftat vorliegt,
ist gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Europäischen
Menschenrechtskonvention die Sache rasch zu behandeln. Diese medizinische
Untersuchung soll die Beurteilung umfassen, ob die betroffene
Person fähig ist, auf die während der Ermittlungen gestellten
Fragen zu antworten, und zwar im Einklang mit Artikel 5 der Menschenrechtskonvention,
insbesondere Absatz 2, wonach jeder Festgenommene rasch in einer
Sprache, die er versteht, über die Gründe für eine
Verhaftung und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen informiert
werden muss.
-
Der CDBI-PH war weiters der Ansicht, dass die Polizei
im Rahmen ihres allgemeinen Auftrages, das heißt als Garant
für den Respekt vor der Sicherheit der Person und für
die öffentliche Ordnung, ersucht werden kann, bei der Einlieferung
von Patienten zur unfreiwilligen Anhaltung in einem Krankenhaus
oder in andere Pflege-Anstalten sowie bei deren Abholung Unterstützung
zu leisten.
-
Schließlich hat er erwogen, dass die Mitglieder
der Polizei eine geeignete Ausbildung hinsichtlich der Beurteilung
und Handhabung von Situationen, in denen Leute mit einer Geistesstörung
beteiligt sind, erhalten sollten. Eine solche Ausbildung sollte
in Konsultation mit den örtlichen Gesundheitsdiensten zur
Verfügung gestellt werden und die grundlegende Unterweisung
für das Erkennen und die Behandlung von Leuten umfassen,
welche im Verdacht stehen, eine Geistesstörung im Hinblick
auf die relevante Gesetzeslage zu haben.
Gerichte und Gefängnisse
-
Der CDBI-PH hat die Meinung vertreten, dass die Kriterien
nach den Strafrecht denselben Kriterien folgen sollten, die im
Zivilrecht angewendet werden, jedoch mit den folgenden Ausnahmen:
-
Die Zustimmung zur Anhaltung oder Behandlung kann von der
betroffenen Person gegeben werden, doch kann das Gericht dennoch
die Anhaltung oder Behandlung anordnen.
-
Der für die Pflege der Person verantwortliche Psychiater
und/oder die unabhängige Behörde können Restriktionen
für das Ende der Anhaltung oder Betreuung verfügt,
was derart zu verstehen ist, dass wie im Zivilverfahren
das Ende der Anhaltung oder Behandlung dann eintritt,
wenn die Kriterien dafür nicht mehr zutreffen. Weiters
kann die Person die Überprüfung der Rechtmäßigkeit
ihrer Anhaltung oder Behandlung verlangen, und es sollte eine
ex-officio Überprüfung stattfinden, wenn ein solcher
Antrag nicht gestellt wird.
-
Der Arbeitskreis war auch der Auffassung, dass Gerichte
oder gerichtsähnliche Gremien die Möglichkeit haben
sollten, eine Person zur Anhaltung (an einem medizinisch geeigneten
Ort) und/oder Behandlung zu verurteilen und diese Maßnahme
mit oder ohne Bedingungen auf der Grundlage von Sachverständigengutachten
aufzuheben.
-
Der CDBI-PH hat erwogen, dass die Gerichte bei der Verurteilung
den Umstand berücksichtigen sollten, dass Leute mit einer
Geistesstörung an einem medizinisch geeigneten Ort behandelt
werden sollen. Ferner sollte der Transfer zwischen Gefängnis
und Krankenhaus stattfinden, wenn er für die Beurteilung
und/oder Behandlung erforderlich ist.
-
Es wurde auch angemerkt, dass Leute mit einer Geistesstörung
in der Gemeinschaft, in normalen Gefängniseinrichtungen oder
in psychiatrische Anstalten und zwar sowohl in zivilen
als auch in sicheren behandelt werden können (außerhalb
des Gefängnisses oder in spezialisierten Gefängniseinrichtungen
gemäß der Empfehlung Nr. R (98) 7 des Ministerkomitees
an die Mitgliedsstaaten betreffend die ethischen und organisatorischen
Aspekte der Gesundheitspflege im Gefängnis/Absatz 55 des
entsprechenden Anhanges1. Die Indikationen für die Behandlung
in den verschiedenen Einrichtungen hängen von der Schwere
der Geistesstörung und der Behandelbarkeit ab. Der Missbrauch
von Substanzen (Alkohol und/oder Drogen1 oder Persönlichkeitsstörungen
können als in jeder der oben genannten Einrichtungen behandelbar
angesehen werden, doch hängt das von Sachverständigengutachten
nach der Untersuchung der betroffenen Person ab. Ein Häftling
(oder sein/ihr gesetzlicher Vertreter) welcher der Meinung ist,
dass seine Behandlung im Gefängnis in Ansehung seines/ihres
Zustandes unangebracht ist, oder welcher der Meinung ist,
dass sein/ihr Zustand mit dem Umfeld des Gefängnisses unvereinbar
sei, sollte die Möglichkeit haben, das Gutachten eines Sachverständigen
über seinen Zustand zu begehren. Wenn sein/ihr Transfer abgelehnt
wird, sollte ein wirksames Rechtsmittelsystem zur Verfügung
gestellt werden.
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Was die Gesundheitseinrichtungen in den Haftanstalten
betrifft, hat der Arbeitskreis, erwogen, dass die ärztliche
Vertraulichkeit garantiert und mit derselben Härte wie in
der Bevölkerung als Ganzes respektiert werden soll. Er hat
auch die Meinung vertreten, dass Gefängnisse nicht befugt
sein sollten, Leute aufzunehmen, die gemäß den Gesetzen
über die geistige Gesundheit unfreiwillig angehalten oder
behandelt werden, mit der Ausnahme, wo besonders dafür bestimmte
Spitalseinrichtungen vorhanden sind. Wenn solche Einheiten innerhalb
eines Gefängnisses existieren, sollte das staatliche Überwachungsgremium
für ihre Registrierung und Überwachung verantwortlich
sein. Derartige Einrichtungen sollten in separaten Gebäuden
der Haftanstalt untergebracht sein und nicht der Leitung der Gefängnisbehörde
unterstehen.
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Schließlich hat der CDBI-PH die Auffassung vertreten,
dass die Mitgliedsstaaten sicherstellen sollen, dass ausreichende
Bestimmungen für eine Reihe von Spitalseinrichtungen mit
einem geeigneten Sicherheits-Niveau und forensisch-psychiatrischen
Diensten auf einer Gemeinschaftsbasis geschaffen werden. In dieser
Hinsicht wurde hervorgehoben, dass viele Länder Leute mit
Geistesstörungen haben, die in Gefängnissen angehalten
werden, obwohl eine Behandlung in einem Krankenhaus erforderlich
wäre. Die unterlassene Überstellung kann im Mangel der
Identifizierung innerhalb der Gefängnispopulation bestehen,
aber auch darin, dass nur unzureichende oder ungeeignete Sicherheits-
Krankenhäuser vorhanden sind oder darin, dass sich die örtlichen
Dienste für die geistige Gesundheit einer Aufnahme widersetzen.
Der Arbeitskreis hat daher die Meinung vertreten, dass die Mitgliedsstaaten
Mechanismen schaffen sollten, um diese Verstöße gegen
die Menschenrechte des Einzelnen zu überwinden.
Gibt es besondere Erwägungen, welche der Arbeitskreis
im Hinblick auf die Art machen sollte, in welcher die Polizei, die
Gerichte und die Gefängnisse Leute mit einer Geistesstörung
behandeln?
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Untersuchung von Personen, die an einer Geistesstörung
leiden und als unfreiwillige Patienten in einer psychiatrischen Anstalt
angehalten werden.
Der Arbeitskreis über biomedizinische Untersuchung des Steering
Committee on Bioethics bereitet derzeit den Entwurf eines Protokolls
zur Konvention über Menschenrechte und Biomedizin zum Thema biomedizinische
Untersuchung vor und erwägt unter anderem den Gegenstand der
Untersuchung von Personen, die ihrer Freiheit entzogen sind. Der Arbeitskreis
über Psychiatrie und Menschenrechte soll der Tätigkeit dieses
Arbeitskreises folgen und den Text des Entwurfes im Hinblick auf die
Untersuchung von Personen, die ihrer Freiheit entzogen sind, überprüfen.
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Die Menschenrechte von Personen, die an einer Geistesstörung
leiden, insbesondere jene, welche als unfreiwillige Patienten angehalten
werden
-
Der Arbeitskreis ist zur Ansicht gelangt, dass jede Person,
die an einer Geistesstörung leidet, jene zivilen und politischen
Rechte behalten sollte, für die er/sie die Fähigkeit
hat, Entscheidungen zu treffen; weiters haben die Experten erwogen,
dass dann, wenn der Patient keine Fähigkeit zum Treffen von
Entscheidungen hat, angemessene Maßnahmen erfolgen sollten,
damit seine/ihre Angelegenheiten in seinem/ihren besten Interesse
verwaltet werden. Ferner soll jede Person, die an einer Geistesstörung
leidet, im möglichen Ausmaß das Recht haben, in der
Gemeinschaft zu leben und zu arbeiten (insbesondere sollte die
betroffene Person nicht automatisch das Recht verlieren, zu wählen
oder ein Testament zu errichten, und er oder sie sollten
wenn immer das möglich ist befähigt werden, rechtswirksame
Geschäfte des täglichen Lebens abzuschließen).
Gibt es andere Erwägungen, die im Hinblick auf die zivilen
und politischen Rechte von Leuten gemacht werden sollten, die an
einer Geistesstörung leiden?
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Die Umwelt- und Lebensverhältnisse einer Person,
die an einer Geistesstörung leidet, in Einrichtungen für
die geistige Gesundheit sollten unter Bedachtnahme seines
oder ihres Gesundheitszustandes und im Einklang mit der nationalen
Gesetzeslage so nahe wie möglich zum normalen Leben
von Personen mit einem annähernd gleichen Alter und einer
annähernd gleichen Kultur sein, und insbesondere sollten
Maßnahmen für die berufliche Rehabilitation gesetzt
werden, um die Wiedereingliederung in die Gemeinschaft zu fördern.
Eine Reihe von Faktoren ist hervorgehoben worden, welche ein positives,
therapeutisches Umfeld für Personen, die unfreiwillig in
einer psychiatrischen Anstalt angehalten werden, schaffen, wie
etwa zum Beispiel ausreichender Lebensraum für
Patienten sowie eine angemessene Beleuchtung, Beheizung und Belüftung,
die Verfügung über Nachtkästchen und Kleiderschränke,
die Individualisierung der Kleidung sowie die Vermeidung
der Verwendung von großen Schlafsälen, die den Patienten
die gesamte Privatsphäre entziehen.
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Der Arbeitskreis hat auch erwogen, dass er oder sie in
eine weniger restriktive Pflegeanstalt überstellt werden
sollte, sobald es der Gesundheitszustand des Patienten erlaubt.
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Ferner sollte die Behandlung und Pflege des Patienten
auf ein individuell vorgeschriebenes Schema gegründet sein,
das mit dem Patienten erörtert wurde, regelmäßig
überprüft, im Falle der Notwendigkeit geändert
und von einem angemessen qualifizierten Personal vermittelt wird
(in dieser Hinsicht wurde daran gedacht, dass die Qualifikationen
des Personals in berufsmäßigen Gremien zu registrieren
sind, wobei das Personal selbst an Programmen teilnehmen soll,
welche eine fortlaufende berufliche Weiterentwicklung vermitteln).
Ausgenommen in Ausnahmesituationen, d.h. im Interesse der öffentlichen
Sicherheit oder wie im Interesse der ärztlichen Untersuchung
vereinbart, (siehe den obigen Abschnitt 10) sollten Informationen
über die Gesundheit des Patienten, einschließlich der
medizinischen Daten, vertraulich bleiben (in diesem Zusammenhang
wurde auf Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention,
welcher den Respekt für das Privatleben der Leute umfasst,
auf Artikel 10 der Europäischen Konvention über Menschenrechte
und Biomedizin, die besagt, dass "jeder das Recht auf Respektierung
des Privatlebens hinsichtlich der Information seines oder ihres
Gesundheitszustandes hat", sowie auf den Anhang zur Empfehlung
No. R (97) 5 des Ministerkomitee an die Mitgliedsstaaten über
den Schutz von medizinischen Daten, insbesondere auf die Prinzipien
3 und 7, hingewiesen). Es wurde auch erwogen, dass selbst bei
Respektierung der oben genannten Instrumente eine relevante medizinische
Information über die Gesundheit des Patienten, einschließlich
der medizinischen Daten, an den Arzt oder an geeignete Gesundheits-
oder Sozialarbeitern übermittelt werden kann, welche sie
verlangen können.
-
Der Arbeitskreis hat auch das Thema der Mittel eines physischen
Zwanges und der Isolierung überprüft. Er hat erwogen,
dass die Anwendung von kurzen Zeiträumen eines physischen
Zwanges und einer Isolierung im richtigen Verhältnis zu den
damit verbundenen Vorteilen und Risiken stehen sollte. Eine umfassende
Ausbildung in den Techniken des physischen Zwanges sollte dem
Personal vermittelt werden. In diesem Zusammenhang wurde hervorgehoben,
dass die Antwort auf ein gewalttätiges Verhalten des Patienten
abgestuft werden soll, das heißt, dass das Personal anfänglich
versuchen sollte, verbal zu antworten; danach nur
im erforderlichen Ausmaß mit Mitteln des manuellen
Zwanges; und nur an letzter Stelle durch einen mechanischen Zwang.
Es wurde auch hervorgehoben, dass der physische Zwang immer innerhalb
des Rahmens der Behandlung angewendet werden muss. Mit anderen
Worten wenn er verwendet wird, so sollte der physische
Zwang als Teil der Behandlung gesehen werden.
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Weiters wurde die Meinung vertreten, dass Isolierung und
Zwang mit mechanischen oder anderen Mitteln für einen längeren
Zeitraum nur in Ausnahmefällen und dort, wo keine anderen
Maßnahmen zur Bewältigung der Situation vorhanden sind,
erfolgen sollen; derartige Mittel sollten nur über ausdrücklichen
Anordnung durch einen Arzt oder unter der Aufsicht eines Arztes
oder im Wege der sofortigen Mitteilung an einen Arzt zwecks Genehmigung
angewendet werden; die Gründe und Dauer dieser Maßnahmen
sollte in einem besonderen Register im Personalakt des Patienten
eingetragen werden.
Welche Sicherheitsmaßnahmen sollten vorgesehen werden,
um den Zwang und die Isolierung von Patienten zu regeln?
-
Der Arbeitskreis hat auch die Frage des vorübergehenden
und dauernden Eingriffes in die Fortpflanzungsfähigkeit der
Personen geprüft und erwogen, dass sollte dieses Thema
in der neuen vorzubereitenden Rechtsurkunde erwähnt werden
es angebracht wäre, dass die Empfehlung vorsieht,
dass mit Ausnahme von ganz besonderen Einzelfällen kein dauernder
Eingriff in die Fortpflanzungsfähigkeit ohne Zustimmung des
Einzelnen erfolgen soll. Ferner sollte der dauernde Eingriff in
die Fortpflanzungsfähigkeit des Einzelnen nur im besten Interesse
der betroffenen Person erfolgen, mit anderen Worten, das klinische
Ziel eines solchen Eingriffes sollte stets der Schutz der betroffenen
Person sein. Es sollte dann sicherlich angebracht sein, darzulegen,
dass die reine Tatsache, dass eine Person an einer Geistesstörung
leidet, kein ausreichender Grund für einen dauernden Eingriff
bei den Fortpflanzungsfähigkeiten dieser Person ist. Wenn
ein dauernder Eingriff in die Fortpflanzungsfähigkeit von
Personen ins Auge gefasst wird, sollte die Sache von einem Gericht
oder gerichtsähnlichen Gremium überprüft werden.
Gibt es Ausnahmesituationen, welche den dauernden Eingriff
in die Fortpflanzungsfähigkeit von Personen erlauben, die an
einer Geistesstörung leiden? Wenn ja was sind diese
Situationen? Sollten Ausnahmesituationen, in denen der dauernde
Eingriff in die Fortpflanzungsfähigkeit als zulässig erachtet
wird, spezifiziert werden?
Welche Sicherheitsmaßnahmen sollten vorhanden sein, um
sicherzustellen, dass der dauernde Eingriff in die Fortpflanzungsfähigkeit
nur unter außergewöhnlichen Umständen stattfindet?
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Der Arbeitskreis hat seine Ansicht ausgedrückt, dass
das Recht der Person, welche an einer Geistesstörung leidet
und als unfreiwilliger Patient in einer psychiatrischen Einrichtung
angehalten wird, auf Korrespondenz mit jeder geeigneten Behörde,
seinem oder ihrem Vertreter und seinem oder ihrem Rechtsanwalt
nicht beschränkt werden kann. In dieser Hinsicht wurde dargelegt,
dass eine Beschränkung der Korrespondenz mit dem Rechtsanwalt
oder der geeigneten Behörde, einschließlich des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte oder des Europäischen
Komitees für die Verhinderung der Folter und anderer unmenschlicher
oder herabsetzender Behandlung oder Bestrafung (CPT), niemals
erforderlich oder angebracht ist.
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Was das Recht des Patienten auf Kommunikation mit anderen
als den oben genannten Personen betrifft, ist erwogen worden,
dass es nicht in unvernünftiger Weise beeinträchtigt
werden soll. Es wurde jedoch darauf hingewiesen, dass es sich
in gewissen Fällen und im Einklang mit den relevanten Bestimmungen
der Hausordnung der betroffenen psychiatrischen Einrichtungen
als notwendig erweisen könnte, diese Rechte zu beschränken,
wo die Unterlassung einer solchen Maßnahme für die
Gesundheit des Patienten oder die zukünftigen Aussichten
oder für die Rechte und Freiheiten anderer Personen zum Beispiel
wiederholte unangenehme Telefongespräche oder Briefe; Verdacht
des Drogenhandels; ein anderes Beispiel könnte sein, wenn
jemand mit einer manischen Depression schreibt und beabsichtigt,
an seinen Arbeitgeber einen Brief mit seiner Kündigung zu
senden nachteilig wären. Es wurde auch hervorgehoben, dass
Maßnahmen wie die Durchsuchung der Patienten und ihrer Zimmer,
die Durchführung von Urin- Drogentests nach dem Zufallsprinzip
und das Abhören von Telefongesprächen des Patienten
im Einklang mit der Hausordnung der betroffenen psychiatrischen
Einrichtung erfolgen können.
Welche Umstände könnten die Einschränkung des
Rechtes auf Kommunikation rechtfertigen? Welche Sicherheitsmaßnahmen
sollten existieren, um dieses Recht zu schützen?
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Weiters hat der Arbeitskreis die Meinung vertreten, dass
in diesem Bereich besondere Regeln für Personen in unfreiwilliger
Anhaltung geschaffen werden könnten, soferne diese Regeln
nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen des Artikels 8, Absatz
2, der Europäischen Menschenrechtskonvention stehen, welche
das Thema der Respektierung des Privat- und Familienlebens betreffen.
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Im Hinblick auf die Kommunikation von außen wurde
betont, dass es keine Störungen zwischen der Außenwelt
und der psychiatrischen Einrichtung einerseits und dem Recht auf
Erhalt von Informationen von Außen andererseits geben sollte.
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Schließlich hat der Arbeitskreis die Meinung vertreten,
dass die Freiheit der Personen, welche an einer Geistesstörung
leiden und als unfreiwillige Patienten in einer psychiatrischen
Einrichtung angehalten werden, auf Empfang von Besuchen nicht
in einer unvernünftigen Weise eingeschränkt werden sollte.
Dennoch sollte dem Schutz von verletzbaren Patienten und Minderjährigen,
die in einer psychiatrischen Anstalt angehalten werden oder diese
besuchen, eine gebührende Beachtung geschenkt werden, die
während der Besuche missbraucht werden könnten, und
es sollte auch auf beschränkte Besuchsrechte für gewisse
Patienten und in gewissen Pflegeanstalten geachtet werden. Es
wurde die Meinung vertreten, dass die Freiheit des Patienten auf
Kommunikation mit Besuchern im Einklang mit der Hausordnung der
betroffenen Anstalt ausgeübt werden sollte, und In dieser
Hinsicht sollte keine Unterscheidung zwischen psychiatrischen
Einrichtungen und anderen Krankenhäusern gemacht werden.
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Der Arbeitskreis vertrat auch die Ansicht, dass der Schutz
der Situation des Patienten gemäß der staatlichen Gesetzeslage
der Mitgliedstaaten sichergestellt werden sollte. In diesem Rahmen
wurde hervorgehoben, dass eine Person, die an einer Geistesstörung
leidet, seine/ihre zukünftige wirtschaftlich Situation gefährden
könnte. Die staatliche Gesetzgebung der Mitgliedsstaaten
sollte daher Maßnahmen zur Verfügung stellen, die das
Ziel haben, die wirtschaftliche Situation von Leuten, welche an
einer Geistesstörung leiden, zu garantieren und zu unterstützen,
zum Beispiel durch eine Sachwalterschaft oder andere geeignete
Mittel. Die staatliche Gesetzgebung der Mitgliedsstaaten sollte
auch Maßnahmen zum Schutze der Interessen von Leuten, die
an einer Geistesstörung leiden, im Hinblick auf die zukünftige
Situation im Bereich der Beschäftigung und des Familienlebens
zur Verfügung stellen.
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Die Diskriminierung von Personen, die an einer Geistesstörung
leiden
Bei der Erörterung dieses Problems haben die Experten
ihre Ansicht geäußert, dass die Mitgliedsstaaten Maßnahmen
zur Beseitigung der Diskriminierung von Leuten, die an einer Geistesstörung
leiden, ergreifen sollten, und zwar auch innerhalb der Gesundheitsdienste.
Die Mitgliedsstaaten sollten auch das Abhalten von Kampagnen ermuntern,
die das Ziel haben, das Bewusstsein der Öffentlichkeit hinsichtlich
der Diskriminierung von Personen, die an einer Geistesstörung
leiden, zu verstärken. Hier wurde die Bedeutung des Artikels
14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Verbot der Diskriminierung)
und des Fallrechts des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
hervorgehoben. Bestimmte Beispiele sind von den Experten dargelegt
worden, insbesondere die unrichtige und diskriminierende Verwendung
von Begriffen wie Schizophrenie in den Medien, diskriminierende Praktiken
hinsichtlich der Beschäftigung von Patienten oder von ehemaligen
Patienten, diskriminierende Praktiken im Hinblick auf Versicherungen,
weniger finanzielle und technische Mittel zu Gunsten von psychiatrischen
Einrichtungen oder allgemeinen Krankenhäusern, wo Leute behandelt
werden, die an einer Geistesstörung leiden, etc. ..... Ferner
sollten die Mitgliedsstaaten in einer bestimmteren Weise die Aufmerksamkeit
der Regierungen und der relevanten öffentlichen und staatlichen
Institutionen auf den Rolle des Staates bei der Förderung der
geistigen Gesundheit und der Verbesserung und Aufrechthaltung der
Behandlung und der Lebensqualität von Leuten richten, die an
einer Geistesstörung leiden.
Welche konkreten Maßnahmen können von Mitgliedsstaaten
zur Verminderung der Diskriminierung erwartet werden?
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Die Beendigung der unfreiwilligen Anhaltung und Behandlung
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Der Arbeitskreis hat die Meinung vertreten, dass die unfreiwillige
Anhaltung oder Behandlung beendet werden sollte, wenn die Kriterien
für die unfreiwillige Anhaltung oder Behandlung nicht mehr
vorhanden sind; der Arzt, die Anstalt und die unabhängige
Behörde sollten die Kompetenz haben, die unfreiwillige Anhaltung
unter Bedachtnahme auf die im obigen Punkt 3 erwähnten Kriterien
zu beenden. Es wurde betont, dass der für die Pflege des
Patienten verantwortliche Psychiater die Beurteilung vornehmen
soll, ob der Patient noch die Kriterien für die unfreiwillige
Anhaltung oder Behandlung erfüllt.
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Was die nachträgliche Pflege derjenigen betrifft,
die unfreiwillig einer Anhaltung unterworfen wurden, haben die
Experten erwogen, dass geeignete Bestimmungen für eine nachträgliche
Pflege von den Mitgliedsstaaten geschaffen werden sollen, wobei
die Spitalspflege und die Dienste in der Gemeinschaft zu verbinden
sind, um unter anderem sicherzustellen, dass die Beendigung der
unfreiwilligen Anhaltung so rasch wie möglich erfolgt und
um insoweit dies angebracht ist zu vermeiden, dass
die betroffene Person neuerlich unfreiwillig unter Anhaltung gestellt
wird. Aber er hat seiner Ansicht Ausdruck verliehen, dass der
Mangel an solchen Diensten außerhalb der Anstalt für
sich allein noch keinen ausreichend Grund für eine Verlängerung
der Anhaltung bilden sollte.
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Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der
unfreiwilligen Anhaltung und Behandlung
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Der Arbeitskreis hat erwogen, dass die Patienten die Möglichkeit
haben sollten, in angemessenen Zeitabständen. die Überprüfung
der Rechtmäßigkeit der unfreiwilligen Anhaltung oder
Behandlung durch ein Gericht oder ein gerichtsähnliches Gremium
zu begehren; das Gericht oder das gerichtsähnliche Gremium
gemäß den Artikeln 5 und 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention
und des dazu ergangenen Fallrechtes des Europäischen Gerichtshofes
für Menschenrechte sollten so rasch wie möglich entscheiden
und ein kontradiktorisches Verfahren verwenden; wenn ein Patient
die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der unfreiwilligen
Anhaltung oder Behandlung nicht beantragt, sollte eine ex-officio-Überprüfung
der Rechtmäßigkeit von der unabhängigen Behörde
vorzugsweise von einem Gericht oder einem gerichtsähnlichen
Gremium in regelmäßigen und angemessenen Zeitabständen
erfolgen; ferner soll die Person, welche als ein unfreiwilliger
Patient angehalten oder behandelt wird, im Verfahren zufolge des
Antrages an ein Gericht oder an ein gerichtsähnliches Gremium
entweder persönlich oder wenn es notwendig ist
durch einen Vertreter gehört werden.
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Die Experten haben ihre Ansicht geäußert, dass
Personen, die als unfreiwillige Patienten angehalten oder behandelt
werden, das Recht auf einen Rechtsbeistand haben sollten, wenn
er/sie nicht vollständig in der Lage ist, für sich selbst
zu handeln, wobei er/sie die Initiative für die Beigabe eines
Rechtsbeistandes nicht ergreifen muss. Die freie Verfahrenshilfe
sollte für die Beigabe des Rechtsbeistandes im Einklang mit
dem staatlichen Recht zur Verfügung stehen.
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Die automatische Beigabe eines Rechtsbeistandes in allen
Verfahren vor dem Gericht oder dem gerichtsähnlichen Gremium
im Zusammenhang mit der unfreiwilligen Anhaltung oder Behandlung
sollte erwogen werden.
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Es wäre angebracht, wenn die als unfreiwilliger Patient
angehaltene oder behandelte Person oder ihr Vertreter Zugang zu
allen Materialien vor dem Gericht oder gerichtsähnlichen
Gremium hätten und berechtigt wären, die Beweismittel
vor dem Gericht oder dem gerichtsähnlichen Gremium anzufechten.
Weiters wurde daran gedacht, dass der behandelnde Arzt des Patienten
über das Verfahren informiert werden sollte, das vor das
Gericht oder das gerichtsähnliche Gremium gebracht wurde,
sowie über sein Recht, an diesem teilzunehmen.
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Die gerichtliche Überprüfung durch ein Gericht
oder ein gerichtsähnliches Gremium sollte die Rechtmäßigkeit
des angewendeten Verfahrens gewährleisten und klären,
ob die Kriterien für die unfreiwillige Anhaltung oder Behandlung
weiterhin bestehen. Das Gericht oder das gerichtsähnliche
Gremium sollte vollständige Kenntnis über die tatsächlichen
und rechtlichen Einzelheiten besitzen und in der Lage sein, die
Entscheidung, welche durch die relevant unabhängige Behörde
getroffen wurde, frei zu überprüfen.
Sind diese Überprüfungs-Einrichtungen angebracht?
Sollten Laien berechtigt sein, am Verfahren vor dem Gericht oder
dem gerichtsähnlichen Gremium teilzunehmen?
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Ferner soll das Gericht oder das gerichtsähnliche
Gremium seine Entscheidung rasch nach dem Zeitpunkt treffen, zu
dem der Antrag auf Entlassung oder Beendigung der Behandlung eingebracht
wurde und allfällige Verstöße gegen die in Kraft
befindliche staatliche Gesetzeslage im Bereich der unfreiwilligen
Anhaltung und Behandlung feststellen und diese dem relevanten
Gremium übersenden. Es wurde insbesondere hervorgehoben,
dass wenn das relevante Gremium befindet, dass die Anhaltung
oder Behandlung in Verletzung der in Kraft befindlichen gesetzlichen
Bestimmungen erfolgte die betroffene Person das Recht auf
Schadenersatz haben sollte, wie dies im Artikel 5, Absatz 5, der
Europäischen Menschenrechtskonvention bestimmt ist, der wie
folgt lautet: "Jeder, der entgegen den Bestimmungen dieses Artikels
von Festnahme oder Haft betroffen worden ist, hat Anspruch auf
Schadenersatz."
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Es wurde auch daran gedacht, dass in dem Fall, wo eine
Person sowohl der unfreiwilligen Anhaltung als auch der Behandlung
unterworfen ist, die Überprüfung der unfreiwilligen
Anhaltung und Behandlung zum selben Zeitpunkt stattfinden soll.
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Schließlich hat der Arbeitskreis erörtert,
ob ein Rechtsmittel gegen das Gericht oder das gerichtsähnliche
Gremium in Erwägung zu ziehen sei.
Sollte ein Rechtsmittelverfahren eingerichtet werden und wenn
ja, welche Form sollte es haben?
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Die Schaffung und Überwachung von Qualitäts-Standards
bei der Durchführung der Gesetze im Bereich der geistigen Gesundheit
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Im Rahmen der Erörterung dieser Frage hat der Arbeitskreis
erwogen, dass die Systeme für die Schaffung und Überwachung
von Qualitäts-Standards bei der Durchführung, der Gesetze
im Bereich der geistigen Gesundheit folgendes sollten:
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mit ausreichenden finanziellen und personellen Mitteln
ausgestattet werden, um ihre Aufgaben erfüllen zu können;
-
organisatorisch unabhängig vom Management der
Dienste für die geistige Gesundheit oder Einrichtungen
sein, die überwacht werden;
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unter sich selbst und mit anderen Rechnungsprüfern
und Einrichtungen zur Qualitätssicherung koordiniert
sein.
Ferner sollten berufsmäßige Personen, und zwar sowohl
Psychiater als auch Nicht-Psychiater, sowie Laien und Benützer
in das System zur Schaffung und Überwachung von Qualitäts-Standards
bei der Durchführung der Gesetze im Bereich der geistigen
Gesundheit eingebunden werden.
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Weiters haben die Experten die Ansicht geäußert,
dass Einrichtungen zur Schaffung und Überwachung von Qualitäts-Standards
folgendes umfassen sollten:
-
sicherstellen, dass Personen mit Geistesstörungen
nicht in Einrichtungen angehalten werden, welche nicht von
der zuständigen Behörde registriert sind;
-
der zuständigen Behörde den Tod von Personen
anzeigen, welche der unfreiwilligen Anhaltung oder Behandlung
unterworfen sind, um sicherzustellen, dass es eine Autorität
gibt, die eine Untersuchung über den Tod des Patienten
anordnet, und dass eine unabhängige Untersuchung des
örtlichen Dienstes für die geistige Gesundheit über
den Tod der betroffenen Person stattfindet;
-
solche Einrichtungen besuchen und überprüfen,
um ihre Verwendbarkeit für die Pflege der Patienten mit
einer Geistesstörung jederzeit festzustellen, und zwar
ohne Vorankündigung, wo dies erforderlich erscheint;
-
die Benützer der Dienste sollten bei der Visitation
und Inspektion der örtlichen Dienste für die geistige
Gesundheit beigezogen werden, um festzustellen, dass angemessene
Alternativen für die Anhaltung in einem Krankenhaus zwecks
Pflege der Patienten mit einer Geistesstörung zur Verfügung
gestellt werden;
-
die Weitergabe von Informationen durch die Manager
der Dienste für die geistige Gesundheit oder der Einrichtungen
sowie durch das Personal, welche die Personen die den Bestimmungen
über die geistige Gesundheit unterworfen wurden, im Schwestern-
oder Krankenpflegedienst behandeln, welche angefordert werden,
insoweit sie für die Zwecke der Schaffung und Überwachung
von Qualitäts-Standards als notwendig erachtet worden
sind;
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privat mit Patienten zusammentreffen, welche den Gesetzen
über die geistige Gesundheit unterworfen sind, verbunden
mit einem jederzeitigen Zugang zum medizinischen und klinischen
Akt;
-
die von solchen Patienten erhaltenen Beschwerden vertraulich
behandeln und sicherstellen, dass örtliche Beschwerdeverfahren
eingerichtet sind und die Beschwerden angemessen beantwortet
werden;
-
die Situation überprüfen, in der Einschränkungen
der Kommunikation angeordnet wurden;
-
sicherstellen, dass relevante berufliche Verpflichtungen
und Standards im Einklang mit Artikel 4 der Konvention über
Menschenrechte und Biomedizin und den relevanten Absätzen
des erläuternden Berichtes (Artikel 28 bis 32) erfüllt
werden;
-
sicherstellen, dass die statistische Information über
die Gesetze zur geistigen Gesundheit und die Beschwerden verlässlich
und systematisch gesammelt wird;
-
einen Bericht regelmäßig (in der Regel
jährlich an jene bis zum und einschließlich
des Ministers zur Verfügung stellen, welche für
die Pflege der Patienten mit einer Geistesstörung verantwortlich
sind, die entscheiden sollen, ob der Bericht veröffentlicht
werden soll; für den Fall, dass der Bericht selbst nicht
veröffentlicht wird, sollte dennoch eine Information
vom leitenden Staatsbeamten über Angelegenheiten wie
die geistige Gesundheit der Gesellschaft, Aktivitäten
zur Verbesserung der Lebensqualität von Leuten, die an
einer Geistesstörung leiden, und den Bedingungen für
ihre Behandlung an die Öffentlichkeit erfolgen;
-
jene bis zum und einschließlich des Ministers
die für die Pflege von Patienten mit einer Geistesstörung
verantwortlich sind, über die Bedingungen und die geeigneten
Einrichtungen für eine solche Pflege unterrichten;
-
sicherstellen, dass jene bis zum und einschließlich
des Ministers welche für die Pflege von Patienten
mit einer Geistesstörung verantwortlich sind, die Fragen
beantworten, die während der Besuche gestellt wurden,
und in einem späteren Stadium über
Maßnahmen für die Schaffung und Überwachung
von Qualitäts-Standards unterrichten und berichten. Die
Maßnahmen zur Schaffung und Überwachung der Qualitäts-Standards
sollten sicherstellen, dass nachfolgende Aktionen stattfinden.
Welche Maßnahmen für die Überwachung würden
angebracht sein? Sind die vorgeschlagenen Vorkehrungen voraussichtlich
für diese Aufgabe wirksam und ausreichend?
Gibt es andere Bereiche, die Sie interessieren, und für die Sie
einen Kommentar abgeben wollen?
Schlussfolgerung
Der CDBI-PH wird seine Arbeit über das Thema, insbesondere im Lichte
der Ansichten, die von den Adressaten des gegenständlichen Dokumentes
geäußert werden, fortsetzen. Es ist vorauszusehen, dass er
den vorläufigen Entwurf einer Empfehlung dem CDBI im Jahre 2001 vorlegen
wird. Der sodann vom CDBI genehmigte Text wird vom CDBI in der Form des
Entwurfes einer Empfehlung an das Ministerkomitee des Europarates zur
Annahme vorgelegt.
ANHANG 1
GLOSSAR
KONTRADIKTORISCHES VERFAHREN bedeutet, dass niemand verurteilt werden
kann, ohne vom einem Gericht angehört oder geladen worden zu sein.
Die Bestimmungen des Artikels 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention
könnten in diesem Zusammenhang ab Richtlinien benützt werden.
GERICHT ODER GERICHTSÄHNLICHES GREMIUM (TRIBUNAL): Der Artikel
6 der Menschenrechtskonvention spricht von einem "unabhängigen und
unparteiischen, auf gesetzlicher Grundlage eingerichteten Tribunal". Das
"Recht auf ein Gericht" kann derart gesehen werden, dass es drei Elemente
hat: Es muss sich um ein "Tribunal" handeln, welches auf gesetzlicher
Grundlage eingerichtet ist und die Erfordernisse der Unabhängigkeit
und Unparteilichkeit erfüllt. Es muss eine ausreichend breite Jurisdiktion
haben, um alle Aspekte des Streites oder der Anklage, auf die sich Artikel
6 bezieht, entscheiden zu können. Die betroffene Einzelperson muss
Zugang zum Tribunal haben. Gemäß dem Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte wird das "Tribunal" durch den Umstand charakterisiert,
dass es ein Gremium mit einer richterlichen Funktion ist, welches namentlich
bestimmte Angelegenheiten innerhalb seiner Zuständigkeit auf der
Grundlage der Rechtsvorschriften und nach einem Verfahren entscheidet,
welches in einer vorgeschriebenen Weise geführt worden ist. Es muss
die Befugnis haben, die vor ihm befindliche Angelegenheit bindend zu entscheiden.
GEFÄHRDUNG: Gefährdung kann als die Möglichkeit interpretiert
werden, dass ein Schaden entsteht.
UNFREIWILLIGE ANHALTUNG: Unfreiwillige Anhaltung bedeutet die Einweisung
und Anhaltung zur Behandlung einer Person, die an einer Geistesstörung
leidet, in einem Krankenhaus, in einer anderen medizinischen Einrichtung
oder an einem geeigneten Ort. Dabei ist das so zu verstehen, dass die
betroffene Person zur Zustimmung fähig ist und der Anhaltung nicht
zustimmt oder die betroffene Person zur Zustimmung nicht fähig ist
und die Anhaltung verweigert.
UNFREIWILLIGE BEHANDLUNG: Der Begriff umfasst die Behandlung und Pflege
einer Person, welche an einer Geistesstörung leidet, und jede Intervention
körperlicher, psychologischer oder sozialer Art, die ein therapeutisches
Ziel verfolgt, wobei das so zu verstehen ist, dass die betroffene Person
zur Zustimmung fähig ist und der Behandlung nicht zustimmt oder die
betroffene Person zur Zustimmung fähig ist und die Behandlung verweigert.
ARZT MIT DEM ERFORDERNIS VON ERFAHRUNG UND KOMPETENZ: Ein Arzt, der
nicht notwendigerweise ein Psychiater ist, was wohl in Notfällen
der Fall sein könnte, welcher aber die ausreichende Erfahrung hat,
mit den medizinischen und administrativen Gegebenheit umzugehen, die im
Falle der unfreiwilligen Anhaltung oder Behandlung entstehen.
GEISTIGE STÖRUNG: Dieser Begriff umfasst Geisteskrankheit, Geistesschwäche
( oder Lernunfähigkeit) und Persönlichkeitsstörungen.
GEISTIGE UNFÄHIGKEIT: Ein Begriff, womit die Entscheidungen auf
der Fähigkeit der Einzelpersonen beruhen, die Art der Behandlung
oder Einweisung gemäß den Verfügungen des ärztlichen
oder übrigen Personals zu verstehen, die Vorteile abzuwägen,
darüber die Wahl zu treffen und diese Wahl zum Ausdruck zu bringen.
PSYCHIATER: Arzt mit einer speziellen Expertise bei der Beurteilung,
Diagnose und Behandlung der Geistesstörung.
ANGEMESSENE ZEIT: Ob die fragliche Zeit "angemessen" ist, hängt
von den Umständen des Einzelfalles ab. Dabei muss der Komplexität
des Falles und dem Verhalten des - Beschwerdeführers und der Behörde
Rechnung getragen werden.
RELEVANT UNABHÄNGIGE BEHÖRDE: Dieser Begriff umfasst entweder
ein Gericht oder ein gerichtsähnliches Gremium oder eine andere unabhängige
Behörde. Die Unabhängigkeit der Behörde wird durch den
Umstand verifiziert, dass es eine andere Behörde als jene ist, welche
die Maßnahme vorschlägt, sowie durch die Tatsache, dass die
Entscheidung eine souveräne Entscheidung ist, welche nicht von den
Weisungen aus irgendeiner Quelle beeinflusst wird.
BEHANDLUNG: Dieser Begriff umfasst die Behandlung und Pflege einer Person,
welche an einer Geistesstörung leidet, und jede Intervention körperlicher,
psychologischer und sozialer Art, die ein therapeutisches Ziel verfolgt.
werden.
ANHANG 2 und 3 siehe Originaltext
in englischer Sprache. (Sollte dieser Link nicht mehr funktionieren:
Wir haben leider keinen Einfluß auf den Anbieter des Textes, sollte
dieser den Text wieder aus dem Internet nehmen.)
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